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Vorreiter aus der zweiten Reihe

Report: Sehen auch Sie die IT-Branche derzeit in einer großen Erholungsphase?
Dagmar Niedereder: Ich habe die IT nie so am Boden gesehen, wie sie oft dargestellt wurde. Es gab wohl eine Saure-Gurken-Zeit, in der der Kundenstock nicht weiter groß aufgebaut werden konnte. Die Phase des Kundenwachstums ist nun aber wieder zurückgekehrt. Freilich mit Unterschieden: Um das Jahr 2000 umfasste der Investitionszyklus in der IT-Branche meist noch drei bis fünf Jahre, dann trat ein Investitionsstopp bei vielen Unternehmen ein. In den letzten Jahren sind die Anforderungen an die IT aber wieder massiv gestiegen, daher müssen heute viele IT-Landschaften erneuert werden. Der erste große Run auf neue Netzwerktechnologie hat sich gelegt. Heute überdenken Kunden noch eingehender ihre Investitionen - das ist zu respektieren. Die Produktzyklen im Netzwerkbereich werden immer länger, und die ganz großen Neuerungen werden weniger.

Wo steht 3Com heute?
Für uns ist das Geschäftsjahr 2007 sehr gut verlaufen. Wir gelten weltweit als Nummer zwei im Netzwerkgeschäft und haben seit dem Jahr 2000 eine vier bis fünfmal bessere Marktpenetration und ausgelieferte Port-Stückzahlen. Man muss dies bewusst vom Umsatzwachstum unterscheiden, das aufgrund der herrschenden Preisspirale nicht in dieser Größenordnung gestiegen ist. Dennoch sind die Geschäfte profitabel. Wir bieten ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und können gleichzeitig mit unserem Produktportfolio weiter in die Breite gehen.

In österreich treten Sie vor allem im Vertrieb auf. Betreibt 3Com hier auch Lösungsgeschäft?
3Com betreibt das Verkaufsgeschäft nicht direkt, sondern wickelt dies über Partner wie IBM, Siemens, Kapsch, Syscom, ACP, ITM Group aber auch kleinere wie Pürk, Toolbox in der Steiermark oder JT Computer in Eisenstadt ab. Wir sind einer der wenigen Hersteller, die echte Enterprise-to-Enterprise-Lösungen anbieten können - vergleichbar mit Cisco - und sind gut bei Unternehmen, die über viele Branchoffices verfügen, aufgestellt. Eine der größten Kunden in österreich ist die öBB, deren Lösung immerhin 100.000 Ports umfasst. Dort wurde ein Teil der LAN-Infrastruktur drahtlos umgesetzt, WLAN-Lösungen finden sich auch bei der Steiermärkischen Landesregierung und dem Kunsthistorischen Museum. Gebäude und Gegebenheiten wurden dort von unseren IT-Spezialisten auf Herz und Nieren getestet. Aus gutem Grund: Im Netzwerkbereich sind keine Boxen sondern Lösungen gefragt.

Wie lässt sich der übermächtige Marktführer Cisco im Netzwerkbereich schlagen? Schaffen Sie das über den Preis?
Nicht über den Preis alleine, doch beobachten wir zunehmend, dass auch auf Enterpriseebene die Kostenrechnung entscheidet. Bestes Beispiel dafür ist die Firma Keba in Oberösterreich. Dort wurden große Enterpriseprodukte von 3Com-Geräten im Dezember erfolgreich über Nacht abgelöst: Freitagabend wurden die Geräte getauscht, Samstag bereits die neuen verwendet.

Mit welchen Mitteln kann 3Com gegen die Marktmacht Ciscos ankommen?
Wir sind nicht die Nummer eins im Marketing, haben in unserer Vorreiterrolle aber viel für die Netzwerk- und IT-Welt geschaffen. Trotz des Risikos, dass beim Einschlagen neuer Richtungen zwangsläufig eingegangen wird, hat 3Com stets maßgeblich Innovationen und Trends setzen können. Wir haben den Netzwerkstandard Ethernet erfunden und mitbegründet und hatten 1998 in den USA und ein Jahr später in Europa als erster Hersteller bereits H.323-Lösungen im Angebot. 2002 wurde von uns die weltweit erste SIP-Lösung auf den Markt gebracht - zu einem Zeitpunkt, als noch viele daran zweifelten, dass sich SIP durchsetzen wird.

Welche Trends sehen Sie im Netzwerkbereich für die nächsten Monate?
Die SIP-Integration im Voicebereich ist zu einer strategischen Angelegenheit geworden. 3Com hatte schon vor acht Jahren Nebenstellenanlagen mit H.323-Funktionalität gelauncht, seit Ende 2006 ist es auch möglich weitere Technologien wie SIP parallel zu integrieren. Den Firmen bietet dies den nötigen Investitionsschutz bei Neuanschaffungen.
Netzwerksecurity ist ebenfalls ein großes Thema in der Branche. Intrusion Prevention etwa ermöglicht Netzwerksicherheit nach außen und innen, in dem sie bereits außerhalb des Netzwerkes den Verkehr vorfiltert. Störungen oder Angriffe können so möglichst weit vom Client entfernt erkannt und geblockt werden. Es lässt sich hier auch ein Paradigmenwechsel beobachten: wurden früher bei den Patchdays der Softwarehersteller die Löcher in den Unternehmensnetzen ressourcenaufwändig gestopft, setzt man mit Intrusion Prevention auf das zeitlich- und technisch unabhängige Blocken von Gefahren.
Weiters stoßen wir mit dem neuen Thema \"Open Services Networking\" mehr und mehr ins Herz der IT vor. Das Netz an sich wird hier nicht nur anhand seiner Bandbreiten und den Paketen definiert, die von A nach B verschickt werden, sondern auch durch die Applikationen, die zur Verfügung gestellt werden. Ein erster Schritt bei 3Com ist nun das Aufbringen des Application Monitoring direkt auf den Switch. In Zukunft wird dies bei vielen Netzpunkten mehr, wie etwa Telefone oder IP-Clients, geschehen. Mit dem Open Service Networking von 3Com gibt es auch erstmals eine adäquate Lösung und die Möglichkeit, auf einer Linux-basierten Plattform die Technik von verschiedenen Anbietern zu integrieren und so neue Services im eigenen Netzwerk zu aktivieren. Die Vorteile für das Unternehmen: Kostensenkung, höhere Flexibilität und die einfache Implementierung verschiedener Anbieter.

Andere Hersteller verfolgen die gleiche Idee, die Netzwerkintelligenz in die Breite zu bringen.
Wir aber liefern die Software auf Open-Source-Basis. Damit können individuell erstellte Programme jederzeit auf unsere Module aufgespielt und getestet werden. Wir haben eine Philosophie der offenen Standards, der offenen Technologien. Wenn ein Unternehmen sich auf nur einen einzigen Hersteller versteift, so wartet man ja nur dauernd auf neue Releases und Funktionalitäten - ist diesem einen Hersteller praktisch ausgeliefert.

Im Jahr 2003 wurde mit dem chinesischen Netzwerkausrüster Huawei ein Joint Venture gegründet. Wie steht es mit den Avancen in Asien heute?
3Com hielt an dem gemeinsamen Unternehmen anfangs 49 Prozent, Huawei 51 Prozent. Dieser Einsteig in den chinesischen Markt von Null auf Hundert - Ende 2006 war 3Com bereits Alleineigentümer von H-3C - war sehr erfolgreich. Im gesamten asiatischen Markt ist H-3C nun als 3Com-Marke installiert, fast 3000 der insgesamt 4500 Beschäftigten dort sind in der Forschung und der Entwicklung tätig. Dies zeigt einmal mehr unseren Fokus: 3Com ist ein technologiegetriebenes Unternehmen. Wir befinden uns im Ranking jener Unternehmen mit den meisten Patentanmeldungen an prominenter Position beispielsweise auch weit vor Cisco. Mit H-3C lässt sich mittlerweile auch eine perfekte Ressourcenverteilung umsetzen: Knowhow und Patente können mit der günstigen Arbeitskraft in China effektiv in Produkte und Lösungen umgesetzt werden. 3Com hat heute 1300 Patente in der Schublade, die bereit sind für den Marktstart. Der geniale Schachzug der Partnerschaft mit Huawei ermöglichte uns heute einen Marktanteil im Switchbereich von bereits 20 Prozent in China - gleichauf mit Cisco.

Die Firma
3Com, deren Gründer Robert Metcalfe als Erfinder des Netzwerkstandards Ethernet gilt, ist heute die Nummer zwei im Switchgeschäft hinter dem unangefochtenen Marktführer Cisco. Die Carriersparte wurde vor Jahren verkauft, mit H-3C, dem Joint Venture mit Huawei, wurde die Entwicklung von Backbonearchitektur forciert. Im Finanzjahr 2006 machte 3Com umgerechnet 650 Mio. Euro Umsatz und hat derzeit knapp über 1500 Mitarbeiter weltweit. Der Name 3Com setzt sich aus den Worten \"Computers, Communication and Compatibility\" zusammen. Das Portfolio umfasst Backboneswitches, Wireless Switches, Routers, Security- und VoIP-Lösungen für Unternehmensgrößen von Enterprise und KMU bis auf SoHo-Ebene hinunter.
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