Wenn`s auf Kosten Dritter klingelt
- Written by Redaktion_Report
- font size decrease font size increase font size
Darfs ein fetziger Klingelton zur Lieblings-Docu-Soap sein, oder lieber ein kleines buntes Spielchen für den Wissensdurst mit Millionenshow-Aura? Dieser so genannte Premium-Content soll den mobilen Endkunden allerorts und jederzeit erreichen können. Und das Geschäft mit den Gimmicks blüht, allerdings zu einem hohen Preis. Denn Anbieter und Mobilfunkbetreiber erfahren durch eine unsichere und lückenhafte Verarbeitung ihrer Transaktionen Umsatzverluste in Milliardenhöhe. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des US-amerikanischen Beratungsunternehmens iGillottResearch in Austin, Texas. Danach beziffern sich die Verluste aus jenen Geschäften auf zirka 3,3 Milliarden Euro für das Jahr 2004.
Unter dem Titel \"Mobile Content Revenue Leakage: There`s a Hole in the Bucket\" hat die Studie den weltweiten Markt für mobilen Content beobachtet. Der analytische Blick auf den Markt ist betrüblich, denn er prognostiziert den globalen Netzbetreibern, dass sie allein in diesem Jahr rund 18 Prozent ihres Gesamtumsatzes - oder 4,6 Milliarden Euro - einbüßen werden. Und iGillottResearch schätzt diese Verluste bis zum Jahr 2009 gar auf ein Niveau von knapp 15 Milliarden Euro ein: Knapp ein Viertel des Gesamtumsatzes wären dann futsch.
Insgesamt führt die Studie das milliardenschwere Fiasko auf die mangelnde Ausgereiftheit der Geschäftssysteme zurück. Dieses Urteil bezieht sich auf sämtliche Phasen vom Einkauf bis zur Lieferung und reicht von der Abrechnung von Leistungen über den Einzug von Geldbeträgen bis hin zur Kundenpflege. Für die Bereitstellung kostenpflichtiger Content-Angebote müssen entsprechende finanztechnische Regeln sichergestellt sein, um die Integrität zu gewährleisten. Viele der bei Mobilfunkbetreibern eingesetzten Geschäftssysteme verfügen aber nicht über diese notwendigen Voraussetzungen.
\"Obwohl die Mobilfunkbranche alles versucht, um der Nachfrage nach innovativen Content-Applikationen und entsprechenden Services gerecht zu werden, entgehen den Unternehmen Milliarden, da Umsätze einfach versickern,“ resümiert Iain Gillott, Gründer und Präsident von iGillottResearch. Um ihr stetiges Wachstum nicht zu gefährden, müsse die Mobilfunkbranche dieses Problem genauso lösen, wie es ihr gelungen sei, die Lücken in der Wertschöpfungskette der mobilen Sprachtelephonie zu schließen.
Verteilt über den Globus hat Japan mit dem größten Mobilfunkmarkt aktuell auch die höchsten Verluste zu tragen: knapp zwei Drittel aller Ausfälle in 2004 will iGillottResearch dort ausgemacht haben. Und auch in fünf Jahren noch sehen die Autoren der Studie Japan als den größten Verlierer im Geschäft mit Premium-Content, allerdings dicht gefolgt von den Westeuropäern und Nordamerikanern. Als größtes Schlupfloch hat iGillottResearch den Bereich \"Access Limits“ ausgemacht, denn 75 Prozent der Branchenverluste haben ihre Ursache mit den sehr freizügigen Umgang mit Zugriffbeschränkungen - oder sie existieren erst gar nicht.
\"Off-Portal\" - also wenn der Verkauf oder Download des multimedialen Inhalts nicht direkt beim Werbenden stattfindet - verschwinden demnach rund 18 Prozent der Gesamtumsätze im Datennirvana. Das kann zum Beispiel geschehen, wenn ein Kunde Premium-Content zu einem Preis bezieht, der eigentlich sein aktuelles Guthaben übersteigt. Trotzdem wird dann der Inhalt anstandslos zum Kunden übertragen, das Geld aber nicht mehr eingezogen. Dumm gelaufen für den Mobilfunkbetreiber, denn der Content-Anbieter hat Anspruch auf seinen Teil der Einnahmen.
Zirka weitere drei Prozent der Ausfälle gehen auf das Konto von ungedeckten Prepaid-Karten. Wieso eigentlich? Denn vor jedem Telefonat checken die Systeme der Mobilfunkbetreiber das Prepaid-Konto des Kunden auf Deckung. In vielen Fällen wird das Telefonat auch sofort beendet, wenn das Kartenkapital erschöpft ist. Aber, so erklären die Gillott-Berater, das geschehe eben nicht immer bei den mobilen Inhalten oder medialen Dienstleistungen.
\"Die mit mobilem Premium-Content erzielten Umsätze haben mittlerweile eine Größenordnung erreicht, die sich maßgeblich auf die Bilanzen und Finanzberichte börsennotierter Unternehmen auswirkt“, erklärt der General Manager Europe vom Softwarehersteller und Shop-Spezialisten Qpass, Christian Lutz. \"Die Branche ist immer stärker gezwungen, ein rigoroses Management für diese Einnahmequellen zu etablieren, um diesem milliardenschweren Problem des Versickerns von Umsätzen aus Premium-Services entgegenzuwirken.“ Dies sei ein kompliziertes Problem und muss verstärkt im Bewusstsein aller Parteien, die im Umfeld mobiler Premium-Angebote tätig sind, verankert werden.
Da die Mobilfunkbetreiber zudem keinen vollständigen Einblick in die mit der Abrechnung, der Gebührenfestsetzung, dem Einkauf und der Kundenpflege verbundenen Vorgänge haben, können sie nicht sicherstellen, dass die vom Teilnehmer in Anspruch genommenen Leistungen auch tatsächlich korrekt verbucht werden. Eine vollständige Lösung, mit der die Einnahme entsprechender Geldbeträge sichergestellt werden kann, muss laut der Studie vier wesentliche Komponenten enthalten.
Nämlich erstens: eine Echtzeit-Implementierung von Geschäftsregeln, wodurch potenzielle Umsatzverluste oder betrügerische Aktivitäten von Teilnehmern minimiert werden. Zweitens: die Integrität von Transaktionen, wodurch revisionsfähige Nachweise geführt werden und sämtliche Geschäftsprozesse von Anfang bis Ende transparent gemacht werden können. Drittens: eine finanzielle Integrität, womit ein sicheres Management finanzieller Transaktionen - einschließlich der Erstattung oder Rückforderung von Beträgen - sichergestellt werden kann. Und viertens: Business Intelligence und Reporting, wodurch Netzwerkbetreiber auf einfache Weise auf zentral verwaltete Leistungsdaten zu den von ihnen bereitgestellten Premium-Content-Angeboten zurückgreifen können. Damit bleibt jedes Handy immer sicher auf Empfang.
Die Autorin ist Marketingmanagerin bei dem IKT-Infrastruktur-Dienstleister Qpass und zeichnet für die Geschäftsentwicklung in Europa verantwortlich.