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"Was haben wir aus der Krise gelernt?"

Die große Report-Umfrage. Nichts wird nach der Krise jemals wieder so sein wie vorher, waren viele Experten überzeugt. Aber was hat sich im Wirtschaftsleben wirklich geändert, was haben wir aus den letzten Monaten gelernt? Report(+)PLUS hat prominente Köpfe aus Politik und Wirtschaft zu den langfristigen Auswirkungen der Krise befragt.

Lesen Sie die Einschätzungen von  Bundeskanzler Faymann, Wirtschaftsminister Mitterlehner, IV-Präsident Sorger, Politikwissenschafter Filzmaier, Siemens Chefin Ederer, Strabag CEO Haselsteiner, Henkel Chef Thumser, Porr General Hesoun, BAWAG Vorstandin Prehofer und vielen anderen mehr.


"Regulierung der Finanzmärkte"
Werner Faymann, Bundeskanzler

"Es gibt einige Signale der Wirtschaftsforscher, die uns optimistisch stimmen, die Hoffnung machen, die auf eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage im heurigen Jahr hindeuten. Aber noch ist die Krise nicht überstanden. Denn die Zahl der Arbeitslosen steigt nach wie vor. Bevor die Arbeitslosigkeit nicht wieder zurückgeht, ist die Krise nicht vorbei. Die Bundesregierung wird also weiterhin alles dahingehend unternehmen, dass für die Menschen in Österreich ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, dass mit Zukunftsinvestitionen in Umwelt, Bildung, Forschung und Soziales wieder nachhaltiges Wachstum und dadurch neue, zukunftssichere Jobs geschaffen werden. Denn – und auch das haben wir aus der Krise gelernt – der Wohlstand eines Landes entscheidet sich nicht dadurch, dass an den Börsen die Aktienkurse steigen und die Kapitalgewinne fließen. Der Wohlstand eines Landes wird auch dadurch definiert, dass alle Bewohnerinnen und Bewohner des Landes gleichermaßen davon profitieren. Gezeigt hat sich weiters, dass die Finanzmärkte neu reguliert werden müssen, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ein Gebot der Stunde ist. Diese Einsicht hat sich auch schon beim Großteil der europäischen Staatschefs durchgesetzt, das hat der jüngste Europäische Rat gezeigt. Vor gar nicht allzu langer Zeit war ich mit meinem Drängen in diese Richtung als österreichischer Bundeskanzler noch so gut wie alleine. Doch es zeigt sich: Gerade in der Krise muss man jene Politik, von der man überzeugt ist, dass sie die richtige ist, beharrlicher denn je verfolgen."

 

"Brauchen ambitionierten Werte- und Systemwandel"
Reinhold Mitterlehner, Wirtschaftsminister

"Dank der rasch umgesetzten und richtig dosierten Konjunkturpakete ist die Krisenbewältigung in Österreich weit besser gelungen als in anderen Ländern. Im Jahr 2010 geht es darum, die immer positiver werdenden Signale zu verstärken, um ein qualifiziertes, sich selbst tragendes Wachstum zu schaffen. Klar ist: Damit Österreich gestärkt aus der Rezession hervorgeht, müssen in allen Bereichen auch die Chancen der Krise zur Neuaufstellung genutzt werden. Zuversichtlich stimmt mich, dass viele Unternehmen den notwendigen Strukturwandel bereits im extrem schwierigen Jahr 2009 offensiv angegangen sind, zunehmend auf neue Exportmärkte und Produkte setzen sowie ihre Innovationstätigkeiten verstärken. Allerdings muss der oft geforderte Werte- und Systemwandel besonders auf internationaler Ebene ambitionierter umgesetzt werden, damit langfristig die richtigen Lehren aus der Krise gezogen werden. So sollte etwa eine starke europäische Finanzmarktaufsicht dafür sorgen, dass die geltenden Marktspielregeln nicht nur weiterentwickelt, sondern auch besser kontrolliert werden."

 

"Die Renaissance der Politik"
Herbert Buchinger, AMS Vorstandsvorsitzender

"Am besten hat es wohl der europaweit bekannte luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker auf den Punkt gebracht: ›Regierungen werden wieder gebraucht!‹ Während vor der Krise ein naives Vertrauen in die Fähigkeit von Top-Managern vorgeherrscht hat, aus Stroh Gold zu spinnen, vertraut man heute wieder mehr in die Fähigkeiten von Politikern, solidarische und kooperative Lösungen zu organisieren. Noch nicht ganz durch ist die Erkenntnis, was denn die eigentliche strukturelle Ursache für die Krise war. Spekulation, Schuldenmachen … das greift ein wenig zu kurz. Warum müssen die einen Schulden machen, um alltägliche Bedürfnisse nach Wohnen und Mobilität zu befriedigen, während die anderen nur in immer riskanteren Geschäften noch eine Veranlagungsmöglichkeit für ihre gesparten und nicht verbrauchten Einkommen finden? Anhand dieser Fragestellung werden wir wohl in den nächsten Jahren noch einige Lektionen zu lernen haben, bevor wir mit einiger Sicherheit sagen können, dass uns so etwas wie die Krise 2008/2009 auf absehbare Zeit nicht mehr passieren wird."

 

"Chance vertan"
Peter Filzmaier, Politikwissenschafter

"Es wäre naiv, eine Zwischenbilanz der Wirtschaftskrise auf die Volkswirtschaft zu beschränken. In vielen Gesellschaftsbereichen gibt es Auswirkungen, die mindestens ebenso tiefgreifend sind. So haben etwa in allen Wahlen 2009 unabhängig von der Parteipräferenz rund zwei Drittel der Wähler das Arbeitsplatzthema als vorrangig betrachtet. Nur ein Viertel glaubte jedoch an eine Lösungskompetenz der jeweils eigenen und soeben gewählten (!) Partei. Vertrauenskrise und Ohnmachtgefühle der Politik haben sich also dramatisch verschärft. Auch stand das tagesaktuelle Krisenmanagement der Wirtschaft zu sehr im Vordergrund. So sind sich alle einig, dass langfristig eine bessere Bildung die Lösung wäre. Doch trotz Hörsaalbesetzungen und plakativen Forderungen nach mehr Geld wurde von keinem politischen Akteur ein wirklich umfassendes Konzept vom Kindergarten bis zum lebenslangen Lernen vorgelegt. Sämtliche Chancen, die Krise zu einer umfassenden Föderalismus- und Verwaltungsreform zu nutzen, blieben sowieso ungenutzt."

 

"Wachstum ist nicht selbstverständlich"
Henrik Herr, Leiter Credit Suisse Private Banking Österreich

"Die Krise hat einer ganzen Generation bewusst gemacht, dass Wachstum keine Selbstverständlichkeit ist. Auch wenn die schlimmsten Szenarien nicht eingetreten sind, ist ein Sinneswandel notwendig und spürbar. Beständigkeit ist und bleibt ein zentraler Wert im Wirtschaftsleben. Vor allem im Bankenbereich geht es jetzt darum, guten Service und Betreuung zu bieten. Deshalb werden wir uns noch mehr Zeit für unsere Kunden nehmen und die Frequenz der Beratergespräche weiter erhöhen. Durch die umfassende Erklärung von volkswirtschaftlichen Zusammenhängen wollen wir Orientierung bieten und Investmentideen transparent und nachvollziehbar machen. Im Hinblick auf die langfristigen Konsequenzen der Krise gehen wir für 2010 von einer anhaltenden Erholung der Weltwirtschaft aus. Dazu ist eine gesunde Entwicklung der globalen Geldpolitik wichtig. Die Regierungen und Notenbanken sind gefordert, konjunkturstützende Maßnahmen fortzusetzen. Langfristig sehen wir bei Emerging Markets weiterhin ein höheres Wachstumspotenzial als bei traditionellen Industrieländern."



"Effizienzsteigerung und Flexibilität"
Wolfgang Keiner, Geschäftsführer Festo Österreich

"Das letzte Jahr hat deutlich gezeigt: Flexibilität punktet – das ist mit ein Grund, warum viele kleinere Unternehmen von der Krise weniger betroffen sind, manche sogar gerade jetzt reüssieren. Unabhängig von der Unternehmensgröße werden künftig verstärkt jene Anbieter die Nase vorn haben, die flexibel agieren. Das gilt für ihre Services ebenso wie für ihr Lösungsangebot. Gefragt sind Produktinnovationen, die höchstmögliche Flexibilität erlauben. Ein weiteres beherrschendes Thema war die Effizienzsteigerung. Unternehmen haben ihre verschiedenen Bereiche und Prozessschritte nachhaltig durchleuchtet. Viele Firmen schöpfen jetzt erst das Potenzial optimierter Lagerhaltung aus und reduzieren ihre Lagerbestände. Für uns als Partner des Maschinenbaus bedeutet das kürzestmögliche projektbezogene Lieferzeiten. In einer Zeit extremer Wirtschaftszyklen verlangt das von Lieferanten besonderes Fingerspitzengefühl bei ihrer kurz- und mittelfristigen Planung, denn Fertigungskapazitäten lassen sich gegenwärtig kaum längerfristig planen."

 

"Ethisches Handeln ist gefragt"
Brigitte Ederer, Vorstandsvorsitzende Siemens AG Österreich

"Arbeitslosigkeit, Bankenpleiten und staatliche Hilfspakete haben in den letzten Monaten zum Alltag im Wirtschaftsleben gehört. Um die Situation wieder in den Griff zu bekommen, müssen wir die Krise als Chance für unsere Wirtschaft begreifen. Wirtschaftsethisches Denken und Handeln darf keine Ausnahme sein, sondern muss in den Köpfen der EntscheidungsträgerInnen und ManagerInnen selbstverständlich verankert sein. Transparenz und Nachhaltigkeit sind wichtige Faktoren, um wieder Vertrauen in unser Wirtschaftssystem herzustellen und das Augenmerk wieder auf realwirtschaftlichen Erfolg zu lenken. Innovation und Investition in F&E sind die Schlüssel zum weltweiten Aufschwung. Das sind wünschenswerte Konsequenzen der Weltwirtschaftskrise! Siemens Österreich setzt auch und gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf Innovation und seine F&E-Stärken. Vor allem das Umweltportfolio spielt eine immer wichtigere Rolle – damit ebnen wir den Weg aus der Krise und eröffnen neue Chancen.

 

"Starker Einbruch ab 2010"
Hans Peter Haselsteiner, Strabag Vorstandsvorsitzender

"Die Finanz- und Wirtschaftskrise erschwerte den Zugang zu Krediten, sodass in der gesamten Bauwirtschaft laufende Projekte langsamer fertiggestellt und aussichtsreiche Projekte im privaten Sektor verschoben oder storniert wurden. Mithilfe von EU-Fördergeldern und Staatsausgaben wollen die Regierungen nun öffentliche Infrastrukturprojekte forcieren, um den Rückgang der Nachfrage des privaten Sektors auszugleichen. Wir haben bereits jene ersten Aufträge erhalten, die den staatlichen Konjunkturprogrammen zuzurechnen sind. Doch wir rechnen damit, dass sich die Preissituation durch den stärkeren Wettbewerb um öffentliche Aufträge verschlechtern wird. Zudem dürfte das Ausbleiben der staatlichen Infrastrukturaufträge ab dem Jahr 2012 zu einem starken Einbruch der Leistung der europäischen Bauwirtschaft führen. Daher bemühen wir uns stärker als bisher auch um Aufträge in außereuropäischen Märkten, bei denen hohes technologisches Know-how gefragt ist und bessere Margen erzielt werden."

 

"Müssen jetzt die Weichen stellen"
Petra Jenner, Geschäftsführerin Microsoft Österreich

"Mir scheint, dass wir im letzten Jahr gelernt haben, dass es im Wirtschaftsleben nicht immer nur zweistellig nach oben geht. Für mich ist aufgrund meiner langjährigen internationalen Erfahrung klar, dass Unternehmen gerade jetzt die Weichen dafür stellen können, dass sie im nächsten Aufschwung überdurchschnittlichen Erfolg haben werden. Vorausschauende Firmenlenker können die konjunkturelle Abkühlung und die ersten Zeichen der Erholung als Chance nutzen: Restrukturierung und Wachstumskurs müssen parallel verfolgt werden. Dazu bedarf es neben der kurzfristigen wirtschaftlichen Exzellenz auch einer langfristigen Ausrichtung des Unternehmens. Besonders wichtig ist es, neue Wege der Mitarbeiterkommunikation und –führung zu gehen und die Innovationskraft des Unternehmens stetig zu verbessern."

 

"Spürbarer Wertewandel"
Sophie Karmasin, Geschäftsführerin Karmasin Motivforschung

"In verschiedenen, von Karmasin Motivforschung durchgeführten Studien zeigt sich ein deutlicher Wertewandel, der seit März 2009 anhält und sich im November 2009 noch verstärkt. So gewinnen Werte wie Sicherheit, Verantwortung, Vertrauen, Optimismus, Solidarität und Leistung zunehmend an Bedeutung. Aber auch Innovation, Bewusstsein, Zuhause, Partnerschaftlichkeit, Veränderung, Wettbewerb und Liebe sind stark im Kommen. Es zeigt sich somit, dass die Wirtschaftskrise zu einem anhaltenden Wertewandel in unserer Gesellschaft führt. Faktoren wie Luxus, Verschwendung, Shopping und Macht verlieren demzufolge an Bedeutung. Top-Werte der Zukunft sieht die Bevölkerung im Bereich Recycling, Energie, Technik, Information und Mobilität. Ethischer Konsum ist für 65 % der ÖsterreicherInnen trotz oder gerade aufgrund der Krise bereits ein Begriff und immerhin 26 % konsumieren auch ethisch. Das Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und die ethische Haltung eines Unternehmens werden daher neben dem reinen Produkt- und Leistungsversprechen eines Unternehmens also immer wichtiger. Dazu gehört auch der Wunsch nach österreichischen, regionalen und ökologischen Produkten."

 

"Auswirkungen der Krise werden anhalten"
Michael Krammer, CEO Orange

"Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Auswirkungen der Krise in der Finanzwirtschaft und damit rückkoppelnd auf die Realwirtschaft werden noch längere Zeit andauern. Gleichzeitig haben die letzten Monate auch gezeigt, dass die Grundsätze der Betriebswirtschaft nach wie vor ihre Gültigkeit haben. Peter Druckers Theorie, dass es im Management um Effektivität, Professionalität und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft geht, sind aktueller denn je. Als optimistisch denkender Mensch bin ich von der Möglichkeit positiver Veränderungen überzeugt. Dies erfordert eine entsprechende Lebenseinstellung und Verantwortungsbewusstsein. Man muss sein Tun und Handeln ständig kritisch hinterfragen. Veränderungen entstehen im Kleinen – es liegt an jedem Einzelnen, die Zukunft nachhaltig positiv zu gestalten. Was Orange betrifft, so haben wir bereits im Dezember 2008 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet. Während den Mitarbeitern der Rücken gestärkt wurde, konnten diese sich auf ihre Jobs und damit auf unsere Kunden konzentrieren. Diese Strategie hat sich als richtig erwiesen."

 

"In Bildung investieren"
Monika Kircher-Kohl, CEO Infineon Technologies Austria AG

"Auftragsschwankungen sind in der Halbleiterbranche nichts Neues, wir agieren in einem sehr zyklischen Weltmarkt. Reaktionsgeschwindigkeit und Flexibilität, das heißt Effizienz über die Zyklen hinweg, haben nicht nur in Zeiten der Krise höchste Priorität. Für die Zukunft ist es notwendig, immer wieder selbstkritisch Zwischenbilanz zu ziehen und die Frage zu stellen: ›Was müssen wir anders machen, um auch in fünf Jahren noch erfolgreich zu sein?‹ Jahre des Aufschwungs müssen genutzt werden, um eine krisenfeste Strategie zu erarbeiten und schwierige Veränderungsthemen auf die Agenda zu setzen. Nur durch rechtzeitiges Investieren in Forschungsthemen der Zukunft kann der Aufschwung gesichert werden. Klar ist auch geworden: Die Krise beschleunigt den Strukturwandel. Jobs, für die geringe Qualifikation notwendig ist, fallen noch schneller und dauerhaft weg. Deshalb gilt es, vehement in Bildung und Höherqualifizierung zu investieren  – seitens der Unternehmungen, aber auch der Politik für den Standort Österreich!"

 

"Brauchen echte Spielregeln"
Martin Leitl, Präsident der Austrian Cooperative Research ACR

"Unbestritten haben Auswüchse der Finanzwirtschaft zur Wirtschaftskrise geführt, aber die Realwirtschaft leidet heute am meisten darunter. Während viele Banken nach massiver staatlicher Hilfe bereits wieder große Gewinne machen und die Börsen zulegen, haben sich die Randbedingungen für die Realwirtschaft gravierend verschärft. In Österreich hat sich auch wieder deutlich gezeigt, wie wichtig KMU gerade in Krisenzeiten sind: Ihr langfristig ausgerichtetes Denken und ihre Innovationskraft machen sie zu einem nicht zu unterschätzenden Stabilitätsfaktor und zum sprichwörtlichen Rückgrat unserer Wirtschaft. Lehre aus der Krise müsste sein, dass unsere traditionelle Wirtschaft sinnvoller und nachhaltig erfolgreicher ist als spekulativer Finanzkapitalismus. Da in der Wirtschaft die Risken aber, nicht von den Gewinnern, sondern von uns allen getragen werden müssen, wären als Konsequenz einerseits in der Finanzwirtschaft entsprechende Spielregeln zu fordern und andererseits die reale Wirtschaft zu fördern."

 

"Hausverstand einsetzen"
Wolfgang Anzengruber, Verbund-Vorstandsvorsitzender

"Bäume wachsen nicht unendlich in den Himmel und Blasen sind gerne aufs Platzen programmiert. Überhitztes Wachstum, Gier nach überzogenen Gewinnen und Wirtschaften bzw. Leben auf Pump ohne Ende sind keine Zutaten für eine gesunde Konjunkturentwicklung. Wir müssen wieder lernen, unseren Hausverstand einzusetzen und nicht auf Kosten unserer Kinder, Enkel und Urenkel zu leben. Wir müssen Produkte und Dienstleistungen schaffen, die der Konsument auch durchschauen kann, die mit Ressourcen wie Rohstoffen und Energie sorgsam umgehen. Gleichzeitig dürfen wir jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern sollten mit optimistischer Bodenhaftung die Chancen der jetzigen Situation erkennen und nützen. Neben der forcierten Nutzung heimischer Wasserkraft für die Stromerzeugung und Investitionen in intelligente Netze ist auch der Wechsel von der fossilen Verbrennung im Individualverkehr zur Elektro-Mobilität ein Beispiel dafür. Das ist eine große Chance für Wirtschaft und Klima."

 

"Viel gefordert, wenig realisiert"
Erich Kirchler, Institut für Wirtschaftspsychologie WU Wien


"Seit 2008 kolportieren Politiker, Wirtschaftsfachleute und Medien eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise. Berichte über Finanzskandale, Firmenzusammenbrüche und Nationen am Rande des Konkurses wechseln mit Deutungen von Wirtschaftsdaten als Zeichen des Endes der Krise und Signal für erneuten Aufschwung. Die Wirklichkeit ist komplex geblieben: Je nach ideologischer Perspektive reichen die Prognosen von dunklem Pessimismus bis hin zu aufmunterndem Optimismus, mit Tipps (wieder) an der Börse zu investieren, um die nächsten Gewinne nicht zu verpassen. Je nach Ideologie wird auch nach Schranken oder zumindest nach Regeln für den freien Markt, der sich vielleicht doch nicht selbst zum Besten aller reguliert, verlangt oder vor politischen Eingriffen in die Wirtschaftsdynamik gewarnt. Was lehrt die Krise? Jedenfalls dürften auch hartnäckige neoklassische Ökonomen mittlerweile den Verdacht schöpfen, dass das Irrationale menschlichen Handelns nicht völlig unsystematisch variiert und manche Entscheidungsanomalien ganz normal, ja sogar vorhersagbar und nicht nur im Nachhinein erklärbar sind. Die Rhetorik von Ethik in der Wirtschaft, sozialen Verhaltensregeln und Normen ist nicht verhallt. Wer aber soll befugt sein, Regeln zu definieren und zu kontrollieren: der Staat oder die Wirtschaft selbst? Bisher wurde viel gefordert, manches diskutiert, aber wenig realisiert. Klagen über die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft, vor allem am Arbeitsmarkt, und das Bedauern über die Verarmung der ohnehin sozial Schwachen kontrastieren mit dem Versuch, Boni-Zahlungen in Millionenhöhe zu rechtfertigen und dem Beteuern, der Anschub der Gelddruckmaschinen zur Rettung maroder Geldinstitute hätte rein gar nichts mit der staatlichen Verantwortung für Bildung, Sozialleistungen und Wohlfahrt zu tun. Noch sind nicht viele Lehren gezogen worden und mancher Einsicht hinken Taten nach."

 

"Unsicherer Aufschwung"
Konstantin Klien, Generaldirektor UNIQA Versicherungen AG

"Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich das Umfeld sehr verändert und viele Rahmenbedingungen werden sich noch weiter ändern. Entscheidende Kurskorrekturen waren bei UNIQA deshalb aber nicht notwendig. Vielleicht auch deshalb, weil uns auch vor der Krise bereits klar war, dass Wachstum und Gewinnsteigerung um jeden Preis eine langfristig positive Entwicklung nicht garantieren können.
Unser Geschäft läuft zufriedenstellend – wir sind in Österreich und in praktisch allen anderen europäischen Ländern schneller als der Markt gewachsen. Die Geschäftsentwicklung wird auch weiterhin ganz wesentlich von den Rahmenbedingungen abhängen. Auch wenn sich der Konjunkturhimmel in einigen Bereichen etwas aufklart, ist ein selbsttragender Wirtschaftsaufschwung alles andere als sicher. Die prognostizierte Zunahme der Arbeitslosen bildet dabei einen zentralen Punkt, der natürlich auf den Versicherungsmarkt negative Auswirkungen haben wird."

 

"Noch keine Stabilisierung in Sicht"
Alfred Pufitsch, Geschäftsführer Tele2

"Das österreichische Wirtschaftsleben wurde von der internationalen Krise aus einer Art Dornröschenschlaf wach geküsst. Das Vertrauen der Konsumenten ist nicht nur durch die massive mediale Berichterstattung erschüttert. Viele Unternehmen konnten dem Druck nicht standhalten. Und mögliche, bereits bestehende Schwächen in den vorhandenen oder eingesessenen Strukturen wurden evident und machten Wirtschaftstreibende noch angreifbarer. Damit wurde transparent, welche Unternehmen auf stabilen Säulen stehen und welche nicht. Durch effiziente interne Prozesse sowie die eigene Infrastruktur kann Tele2 immer noch billige Preise an private Haushalte und Geschäftspartner weitergeben. Dies brachte selbst im Krisenjahr eine überdurchschnittlich gute Performance. Von Stabilisierung der Wirtschaft kann man jedoch noch nicht sprechen und aufgrund der immer steigenden Belastung der öffentlichen Haushalte ist die Gefahr von einzelnen Rückschlägen immer noch groß. Deshalb muss die Regierung Maßnahmen setzen, die neue Wachstumsschübe massiv unterstützen."

 

"Es herrscht akuter Geldmangel"
Friedrich Rödler, Präsident Patentamt

"Das Österreichische Patentamt hat seit der Wirtschaftskrise zwei unterschiedliche Feststellungen gemacht: Die Zahl der Erfindungsanmeldungen bleibt konstant bei jährlich 3.500. Bei Markenanmeldungen hat die Krise allerdings zu einem Rückgang von acht Prozent geführt.
Wer jetzt schon sämtliche und noch dazu die langfristigen Auswirkungen der größten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren zu wissen behauptet, vor dem ziehe ich meinen Hut – ich kann das seriöserweise nicht. Aber eines gilt sicher weiterhin:  Es gibt zuwenig Venture Capital. Es herrscht akuter Geldmangel für die erfolgreiche Umsetzung von Innovationen. Die heimischen Banken sollten mehr Mut zum Risikokapital zeigen: Die Innovation von heute ist der Wohlstand von morgen. Förderstellen wie beispielsweise jene der Länder leisten da bereits ihren Beitrag, aber Banken agieren nach wie vor recht vorsichtig. Und so gibt es in Österreich nach wie vor keinen einzigen Patentfonds, denn Banken wollen eine Erfolgsgarantie. Aber die kann auch bei Erfindungen niemand geben."

 

"Wir stecken mitten in der Krise"
Alfons Metzger, MRG Metzger Realitäten

"Nachdem die ersten groben Wunden durch staatliche Subventionen abgedeckt worden sind, sehen wir zum Beispiel an den Ereignissen der Hypo Alpe Adria, dass die Wurzeln der Krise weitaus tiefer reichen und nicht nur oberflächlich behandelt gehören. Die Globalisierung, die eine Fülle von Vorteilen gebracht hat, hat auch in Bezug auf den internationalen Kapitalverkehr und die Internationalisierung der Immobilienwirtschaft Probleme aufgeworfen, die bis zum heutigen Tag weder untersucht noch bewältigt sind. Die Aktivitäten sind dabei immer intransparenter geworden. Daher ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt dringend geboten, sich analytisch mit den Geschehnissen auseinanderzusetzen, die Ursachen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu untersuchen und in der Folge eine neue Basis für diese ganz wichtigen volkswirtschaftlichen Bereiche zu schaffen. Wir gehen davon aus, dass nahezu 50 % des gesamten Weltvolksvermögens in Immobilienwerten ausdrückt werden. Der Umgang mit diesen Werten ist daher eine vordringliche Frage für eine gesunde Volkswirtschaft."

 

"Realismus kehrt ein"
Veit Sorger, Präsident Industriellenvereinigung

Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat in ihrer Schnelligkeit und Tiefe Unternehmen und Politik massiv getroffen. Die gegenseitige Abhängigkeit von Kredit- und Realwirtschaft ist deutlich zu Tage getreten. Die langfristigen Konsequenzen der Krise werden darin liegen, dass realistischere Szenarien der Wachstumsentwicklungen Platz greifen werden. Um nachhaltig auf den Wachstumspfad zurückkehren zu können, werden Nachhaltigkeit, für ein wohlhabendes Hochlohn- und Hochsteuerland aber vor allem auch Flexibilität, Innovationskraft und Wissen an Bedeutung gewinnen. Flexibilität gibt Sicherheit, Nachhaltigkeit wird an Bedeutung in Produktion bis hin zur nachhaltigen Ausgestaltung unserer sozialen Sicherheitssysteme gewinnen – keine Generation darf auf Kosten anderer leben. Am wichtigsten sind aber in Folge der Krise massive Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung: Nur mit den besten Köpfen und den innovativsten Produkten werden wir global reüssieren können.

 

"Finanzierungskosten werden steigen"
Johann Strobl, Risikovorstand der RZB

"Die wesentliche Ursache für die Krise war die hohe Verschuldung im Gesamtsystem. Die notwendige Reduktion kann nur durch eine Stärkung des Eigenkapitals und durch eine Reduktion der Schulden erfolgen. Die niedrigen Risikoprämien der beiden Vorkrisenjahre wird es nicht mehr geben. Banken werden mit neuen Regulierungsvorschriften konfrontiert werden, deren Auswirkungen noch nicht abschätzbar sind.
Die zu erwartenden höheren Kapitalanforderungen werden die Finanzierungskosten für Unternehmen und Private verteuern. Die bankinterne Risikobeurteilung berücksichtigt wieder größere Schwankungen über den Konjunkturzyklus. Fundamentale Analysen erhalten ein höheres Gewicht, während die Möglichkeiten aktiven Risikomanagements durch Nutzung der Finanzmärkte vorsichtiger eingeschätzt werden. Man wird diskutieren müssen, in welchem Ausmaß und unter welchen Bedingungen Marktpreise künftig zur IFRS-Bilanzierung verwendet werden sollen.


 
"Chance für Veränderung"
Georg Obermeier, Vorsitzender der Geschäftsführung T-Systems Österreich

"2009 war stark von der Wirtschaftskrise geprägt. Viele Unternehmen verzeichneten drastische Einbußen oder mussten sogar Insolvenz anmelden. Nach wie vor ist es sehr schwer vorherzusagen, wie es weitergeht oder wie lange die Wirtschaftskrise noch anhält. Dennoch sind die wirtschaftlichen Turbulenzen für viele Unternehmen auch eine Chance, um Dinge anzugehen, die bisher nicht angegangen wurden. Unternehmen reagieren auf die wirtschaftlichen Veränderungen und versuchen, Kosten zu reduzieren, indem Fixkosten in variable Kosten umgewandelt werden. Dieser Kostendruck ist sicher auch einer der Haupttreiber für Outsourcing, das nach wie vor eines der Trendthemen in diesem Jahr bleibt. In Zeiten ständiger Veränderungen ist die Kapazitätenplanung in der IT äußerst schwierig – Abhilfe schaffen hier flexible Servicemodelle. Unsere Vision ist die Vernetzung von Wirtschaft und Gesellschaft durch innovative ICT-Lösungen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu gewährleisten."

 

"Rückenwind für Realwirtschaft"
Günter Thumser, Präsident der Henkel Central Eastern Europe GmbH

"Eine Konsequenz aus der Krise wird sein, dass die heute vielfach angestrebte Einbeziehung aller Stakeholder für Unternehmen in Zukunft nicht nur, wie jetzt oft gedacht, ein kurzfristiger Trend sein, sondern für alle zu einem entscheidenden Überlebenskriterium werden wird. Weiters bin ich davon überzeugt, dass es für die Realwirtschaft – im Unterschied zur Finanzscheinwelt – eine breitere politische und gesellschaftliche Akzeptanz geben wird. Auf Henkel als Unternehmen Bezug nehmend, glaube ich, dass im Markenartikelbereich die Herausforderung zwar jetzt sehr groß ist, aber gleichzeitig auch die Chancen gewaltig sind. Viele Konsumenten überlegen sich derzeit genau, wofür sie ihr Geld ausgeben. Und wenn die Markenartikelbranche nun innovativ ist, so muss sie das auch kommunizieren und dabei ihre neuen Produkte und neuen Leistungen ganz stark in den Vordergrund stellen. Und dann werden und können unsere Chancen als Markenartikler sogar besser sein als in Zeiten der Hochkonjunktur."

 

"Aus risikofreudig wird konservativ"
Regina Prehofer, Vorstandsmitglied der BAWAG P.S.K.

"Banken und Kunden sind aufgrund der Entwicklungen deutlich vorsichtiger geworden – das Anlage- und Finanzierungsverhalten hat sich von ›risikofreudig‹ in Richtung ›konservativ‹ entwickelt. Die Banken reagieren auf diese Entwicklung und besinnen sich wieder auf ihre Kernkompetenzen: die Verwaltung von Kundenkapital und die Finanzierung privater und unternehmerischer Projekte. Aus der laufenden Entwicklung haben wir auch gelernt, wie wichtig es ist, direkten und persönlichen Kontakt zu den Kunden zu haben. Aufgrund unserer Firmengeschichte praktiziert die BAWAG P.S.K. seit Jahren eine sehr offene und transparente Kommunikation. Diese Vertrauensbasis werden wir auch 2010 weiter ausbauen. Die langfristigen Konsequenzen lassen sich aus der kurzfristigen Entwicklung ableiten. Als Bank ist es unsere Aufgabe, unseren Kunden verständliche und nachvollziehbare Lösungen zu bieten. Aufklärung, Beratung und persönliches Service werden zum Gradmesser der Kundenbeziehung."

 

"Brauchen stabile Verhältnisse am Kapitalmarkt"
Wolfgang Hesoun, Generaldirektor Porr AG

"Aus Sicht der Bauindustrie kann leider noch nicht von einem Ende der Krise gesprochen werden. Denn trotz vorsichtig optimistischer Konjunkturprognosen wird sich die Krise erst im Laufe des Jahres 2010 voll auf die Bauindustrie auswirken. Positiv hervorzuheben sind allerdings vor diesem Hintergrund die von der Regierung gleich zu Beginn der Krise beschlossenen Konjunkturpakete und der damit verbundene Versuch der Stabilisierung der Gesamtkonjunktur sowie der Sicherung von Arbeitsplätzen. Wermutstropfen bleiben aber eine nach wie vor bestehende Unsicherheit der Finanzmärkte und noch eine Verteuerung von langfristigem Kapital. Daher kann die Forderung an die Politik noch stärker als im Vorjahr nur lauten, die bereits beschlossenen Investitionsprogramme und Projekte auch konsequent in die Tat umzusetzen und mit veränderten, besseren Rahmenbedingungen für stabile Verhältnisse am Kapitalmarkt zu sorgen."

 

 

Last modified onDonnerstag, 28 Januar 2010 16:06
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