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20 Jahre Wohnbaupolitik

Die globale Finanzkrise 2008, die die Bauwirtschaft weltweit massiv beutelte, hinterließ in Österreich auch dank der Wohnbauförderung kaum Spuren. Die globale Finanzkrise 2008, die die Bauwirtschaft weltweit massiv beutelte, hinterließ in Österreich auch dank der Wohnbauförderung kaum Spuren.

1996 gab es in Österreich fast eine Million Wohnungen weniger als heute. Die Wohnbauförderung war am Höhepunkt ihrer Dotierung mit damals rund 1,3 % des Brutto-Inlandsprodukts. Dies ermöglichte einen Neubauboom mit fast 70.000 Wohnungsbewilligungen. Die Wohnungsbestandspolitik hatte mit einem Reformpaket, zu dem auch das Richtwert-gesetz zählte, gerade einen großen Wurf hinter sich. Was hat sich seither getan?

Der Wohnungsneubau erlebt seither einen langen Zyklus mit niedrigeren Werten Anfang der 2000er-Jahre, seither aber einem stetigen Anstieg auf ein heutiges Niveau, das mit den Boomjahren der 1990er-Jahre gleichzieht. Die globale Finanzkrise 2008, die die Bauwirtschaft weltweit massiv beutelte, hinterließ in Österreich – vor allem dank des Finanzierungssystems aus Wohnbauförderung, Bausparkassen und Wohnbaubanken – kaum Spuren. Entsprechend stabil und hoch ist heute das Produktionsvolumen der Bauwirtschaft im Wohnungsneubau. Weit weniger spektakulär ist demgegenüber die Entwicklung in der Sanierung. Während in vielen europäischen Ländern seit Ende der 2000er-Jahre größere Umsätze mit der Sanierung als mit dem Neubau von Wohnungen erzielt werden, dümpelt dieser Bereich hierzulande vor sich hin und erreicht kaum den halben Produktionswert des Neubaus.

Der maßgebliche Treiber des Wohnungsneubaus ist heute wie auch vor 20 Jahren die Wohnbauförderung. Allerdings erlebte sie turbulente Zeiten. Die Mittelaufbringung aus dem Finanzausgleich wurde zuerst eingefroren und 2008 schließlich die Zweckbindung aufgehoben. Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung des Landes haben sich die wohnungspolitischen Ausgaben bis heute annähernd halbiert und machen nur noch etwa 0,7 % des Brutto-Inlandsprodukts aus. Die inhaltliche Ausrichtung der Wohn­bauförderung verlagerte sich. Zeitweise wurden umweltpolitische Lenkungseffekte
gegenüber den ursprünglich dominierenden wirtschafts- und sozialpolitischen Zielen in den Vordergrund gerückt, mit dem Effekt, dass der österreichische Wohnungsneubau innerhalb kürzester Zeit auf Niedrigenergiestandard umgepolt werden konnte. Die Wohnbauförderung hat ihre Vorreiterrolle in diesem Bereich erfüllt. Der Ball bei der klimaschonenden Umstellung des Wohnbaus liegt heute wieder beim Baurecht. Die Wohnbauförderung kehrt zu ihrer Kernkompetenz zurück und stellt die Leistbarkeit des Wohnens wieder in den Vordergrund.

Reformen als Minimalkonsens

Die Erfolgsgeschichte der Wohnbauförderung kontrastiert mit der durchwachsenen Entwicklung im Bestandsrecht. Es gab zwar alle paar Jahre Wohnrechtsreformen. Diese waren allerdings mit wenigen Ausnahmen durch Minimalkonsens der Regierungsparteien geprägt. Systematisch weiterentwickelt wurde lediglich das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das heute die effektive und zukunftsorientierte Bewirtschaftung der großen Wohnungsbestände der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft ermöglicht. Für alle anderen Bestandssektoren dominiert Misstrauen zwischen den Interessenvertretungen und gegenüber allem, was nach Markt riecht. Große Ankündigungen haben sich in Reförmchen verlaufen, zuletzt etwa zur Kostentragung von Heizungsreparaturen. Das Aufgreifen von Zukunftsthemen sieht anders aus.

Aktuelle Herausforderung

Das aktuell massive Bevölkerungswachstum in Wien und den anderen Ballungsräumen erfordert ein Neubauvolumen auf anhaltend hohem Niveau mit einem Fokus auf leistbaren Angeboten. Dafür ist die Wohnbauförderung der Länder angesprochen. Aber auch freifinanziert ist vieles möglich.
Bei der Umstellung des Gebäudesektors auf Null-Emission wurde in jüngerer Vergangenheit vieles verschlafen. Hier treffen sich globale ökologische Notwendigkeiten mit
enormen wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten.

Dafür, aber auch für die Entwicklung der Immobilienwirtschaft zu einer innovativen und leistungsorientierten Dienstleistungsbranche ist eine Neuaufstellung des Wohnrechts erforderlich, die gleichermaßen Marktmechanismen und der Sozialpflichtigkeit von Wohnimmobilien offen gegenüber steht.

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