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USA − und die unsichtbare Betonwand

\"ImApple fährt im Prozess gegen Samsung einen spektakulären Teilsieg ein. Ganz überraschend kommt das aber nicht. Die patriotischen USA sind für »Ausländer« seit jeher ein beinhartes Pflaster. Selbst Weltkonzerne holen sich regelmäßig blutige Nasen. Report(+)PLUS begibt sich auf Spurensuche.




Eines der heißen Sommerthemen war der spektakuläre Prozess Apple gegen Samsung. Die Schlacht wurde aber nicht nur im Gerichtssaal geschlagen. Weltweit legten sich Medien und Blogs ins Zeug und berichteten wie bei einem Sportgroßereignis. Ein Vergleich macht sicher: So wirft Google für die Suchanfrage »Olympia 2012« rund 207 Millionen Treffer aus. Eine Suche nach »Apple Samsung Prozess« liefert, lediglich über Englisch und Deutsch permutiert, aber auch schon 75 Millionen Fundstellen. Mit Chinesisch, Spanisch oder Französisch dürften weitere Zig-Millionen dazukommen.

Dem Mediengewitter war kaum zu entkommen, daher nur kurz die Fakten: Apple verklagte den koreanischen Konkurrenten wegen Verletzung von 28 Patenten, die Jury des US-Bundesgerichts für Nordkalifornien folgte den Argumenten von Apple und verdonnerte Samsung zu einer Schadenersatzzahlung von knapp über einer Milliarde US-Dollar. Seither eskaliert die Schlacht zum Krieg: Samsung beruft, Apple reduziert die Rolle der Koreaner als Zulieferer, drängt auf Verkaufsverbote in den USA und verliert einen Patentprozess gegen Samsung in Japan. Die Koreaner wiederum packen ihre Patente auf den schnellen Datenfunk LTE aus und kündigen rechtliche Schritte gegen zukünftige LTE-iPhones in den Hauptmärkten USA und Europa an. Und das alles innerhalb von wenigen Tagen. Man muss kein großer Weltverschwörungstheoretiker sein, um hier mehr als Zwistigkeiten über ein paar Designpatente oder gegenseitige Lizenzzahlungen zu verorten. Hier rittern zwei Giganten um den explodierenden Smartphone-Markt, der bis 2013 auf rund 250 Milliarden Dollar wachsen wird.

Alleine die Umwälzungen im Hardwaregeschäft sind gewaltig. Intel – seit IT-Urzeiten der »Quasimonopolist« bei PC-Prozessoren – steht zwar immer noch blendend da, kämpft aber seit zwei Quartalen mit Gewinnrückgängen. Der Grund: Das PC-Neugeschäft stagniert und im Mobilsektor muss der Branchenprimus beträchtliche Investitionen stemmen, um auch zukünftig ganz vorne mitzuspielen. Schlimmer noch erwischt es die alten Intel-Partner Dell und Hewlett-Packard. Beide Distributoren liefern sich gerade ein Rennen um die düsterste Umsatz- und Gewinnprognose.

Nur um Hardware geht es beim Krieg Apple gegen Samsung aber ohnehin nicht. Technologie- oder auch Designpatente sind auch der Schlüssel für Kontrolle und Zugang zu Märkten und Vertriebskanälen. Die grassierenden App-Stores fallen dabei noch am ehesten in das »traditionelle« IT-Schema. Der massenhafte Verkauf von 4,99-Dollar-Software ist sicher ein nettes Zubrot. Aber das interessantere Geschäft sind wohl die dadurch generierten Plattformen für Werbung und Medieninhalte aller Art. Den Krieg zwischen Apple und Samsung kann man aber auch noch in einem anderen Kontext sehen: Hier tritt »Gut« gegen »Böse« an, oder je nach Sichtweise auch Böse gegen Gut. In endlos langen und ermüdenden Posting-Schlachten treten Heerscharen von »Hatern« und »Fanboys« wie gehirngewaschene Marketing-Zombies gegeneinander an – und verteidigen »ihr« Unternehmen mit einer Inbrust und einem Zeitaufwand, als ob es um ihr Leben ginge.
 
>> Harte Silicon-Valley-Hürden <<

Gut und Böse oder Schwarz und Weiß sind eher schlichte Kategorien, aber auch sehr US-amerikanische. Die Schlacht zwischen Apple und Samsung bettet sich möglicherweise in noch einen anderen Kontext ein: hier die gute Silicon-Valley-Ikone Apple, dort die bösen Koreaner. Oder Hightech-Amerika gegen den Rest der Welt. Ganz abwegig ist die These nicht. Seit Jahrzehnten sind »Buy American«-Bewegungen wie untote Wiedergänger, die pünktlich bei jeder US-Krise oder erstarkenden Auslandskonkurrenz auftauchen. Wenn es um nationale Symbole geht, gerät der freie Kapitalverkehr ins Hintertreffen. Erinnert sich noch jemand an die 80er-Jahre als die Japaner – damals die Tiger Ostasiens – begannen, in Amerika zu investieren? Dass die Japaner Firmen und Produktionsanlagen kauften, ging noch irgendwie durch. Als die Japaner dann auch noch in prominente Skyscraper-Immobilien investieren wollten – die bekanntesten Hochhäuser sind nicht nur Stahlbeton-Penisverlängerungen von Donald Trump, sondern auch nationale bedeutsame Monumente –, war schnell Schluss mit lustig. Silicon Valley gießt den »American Dream« in Bits und Bytes statt in Beton. Heute sehen nationale Monumente eher aus wie Microsoft, Apple, Cisco, Oracle und Co.

Vielleicht tun sich speziell an der IT-Front außeramerikanische Herausforderer besonders schwer. Nur an der Technik kann es wohl nicht liegen. Mit UMTS zogen die Europäer den Amerikaner technologisch meilenweit davon. Geblieben ist davon – nichts. Nokia? Ziemlich sicher an der Unfähigkeit der eigenen Manager gescheitert. Wahrscheinlich aber auch an dem Umstand, dass die Finnen als einer der führenden europäischen Telko-Konzerne bei den amerikanischen Mobilfunkprovidern wie gegen eine Gummiwand anrannten. Aber ohne den US-Inlandsmarkt ist der Status eines »Weltmarkt-Leaders« nicht einmal eine schöne Fiktion. Die deutsche Telekom und ihr US-Abenteuer? Für die Aktionäre nur zum Weinen. Die deutsche SAP kämpft sich tapfer durch den US-ERP-Markt. Aber ein Fehler wie die der Datenklau einer US-Tochter – und der Konzern wird vom Erzkonkurrenten Oracle schon seit einem halben Jahrzehnt durch die Gerichts­arena getrieben, Gesichtsverlust und gewaltige Prozesskosten inklusive. Die nächste Runde steht gerade bevor.

Kein leichtes Spiel haben auch die Chinesen: Schon die Übernahme des IBM-PC-Bereichs durch Lenovo verursachte in der US-Öffentlichkeit heftige Turbulenzen. Die China-Kommunisten kommen! Nicht nur, dass sie Plastikspielzeug liefern, jetzt kaufen sie sogar den PC-Bereich der US-Legende Big Blue! Wenig später war Lenovo bei Regierungsaufträgen auch außen vor. Der chinesische Netzwerkausrüster Huawei kämpft noch: Der Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses ist am Prüfen, ob die Chinesen »unamerikanische« Spionageaktivitäten treiben. Belege gibt es laut Medienberichten dafür bislang scheinbar nicht. Aber Cisco & Co können schon einmal die Wunderkerze anzünden.

>> Wirtschaftskrieg oder nicht? <<

Der Schlachtruf »Buy American« ist nicht neu. In Gesetzesform ist er als »Buy American Act« seit 1933 gegossen (siehe Kasten). Freihandel und freier Kapitalverkehr ist ein US-Credo. Aber scheinbar bitte woanders! Der wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses braucht volle 16 Seiten, um die Anhänge und Bandbreite der Amendements und »Little Buy American Acts« zu würdigen. Im Kern geht es immer darum, welche Produkte/Dienstleitungen welchen US-Produktionsanteil haben und damit von US-Behörden eingekauft werden dürfen. Die Regelungswut ließe übrigens selbst hart gesottene österreichische Ministerialbeamte vor Neid erblassen. So ist etwa der Verkauf von Begräbnisflaggen an das »Department of Veteran Affairs« für ausländische Anbieter höchst trickreich. Der §2301 regelt im Detail etwa vom Pflückort der Baumwolle über Spinnen und Weben bis zu Garnfärbung und Finish, was alles gelten muss, damit eine Flagge als »Made in USA« durchgeht – und somit vom Department auch gekauft werden darf.

Abseits von Flaggen geht es um Big Money. So sieht der 2009 vom US-Präsident Barack Obama unterzeichnete »American Recovery and Reinvestment Act«, der die US-Wirtschaft mit einem Investment von 835 Milliarden Dollar ankurbeln soll, ein im Abschnitt 1605 gut verstecktes Detail vor: eine »Little Buy American«-Klausel, die dafür sorgt dass das Geld auch schön im Land bleibt.
Das ist – die heilige Freihandelsidee hin oder her – höchst pragmatisch Und gesunder Pragmatismus ist neben simplen Gut-Böse-Schemata auch ein wesentliches Asset der US-Politik. Ob es tatsächlich so etwas wie einen Dollar/Euro/Rating-Wirtschaftskrieg gibt, lässt sich übrigens nur schwer ausmachen. Die Verschwörungsblogs quellen über, »gute« oder »bessere« Quellen sind eher rar. Ein paar gibt es doch: Der Harvard-Wirtschaftsprofessor Kenneth Rogoff etwa sprach schon letztes Jahr über »kollabierende Währungen und Abwertungskriege«. Nur der Euro war von Rogoff damit nicht gemeint. Noch deutlicher wird der –  übrigens eher konservative – deutsch/amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Max Otte. Otte fand es jüngst laut Handelsblatt »schlichtweg absurd« dass die USA von ihren eigenen Rating-Agenturen gestützt werden. Das Einzige, was den USA nach der De-Industrialisierung noch bleibe, sei unbegrenztes Gelddrucken, das der »Euro-Zone den Krieg erklärt«. Jetzt zieht die Europäische ESB nach und öffnet, ganz nach US-Muster, dem unbegrenzten Aufkauf von Bankschulden Tür und Tor. Schwarz und Weiß gilt auch hier nicht: Die Maßnahme der EZB dämmt sicher kurzfristige Spekulationen ein. Und ist aber gleichzeitig auch ein Blankoscheck für die Banken – und ein weiteres kleines Indiz für ohnehin schon post-demokratische Zustände. 

 

> Teures Lehrgeld und Stoppschilder:

>> Telekom-Klingeling. 2000 war die Telko-Welt im Wachstumsrausch. Also musste auch die heimische Telekom Austria an die New Yorker Börse. Zum Einstand durfte General Heinz Sundt mit dem Glöckchen sogar einen Handelstag einläuten. Eine New-Economy-Krise und ein paar Jahre später hatte es sich an der Wall Street ausgeklingelt. 2007 zog der Konzern die Notierung zurück.

>> Wall-Street-Flüchtlinge. Die New Yorker Börse ist zwar der Finanznabel der Welt, mit ihrem Ausstieg blieb die Telekom Austria freilich nicht alleine. In den letzten Jahren verabschiedeten sich auch Schwergewichte wie etwa EON, Deutsche Telekom, Allianz, Bayer oder Daimler. Gründe dürften Kosten und Aufwand sein, vielleicht auch Haftungspflichten. Durch den »Sarbanes-Oxley Act« drohen schwarzen Management-Schafen auch persönlich hohe Haft- oder Geldstrafen.

>> Weltkonzern-Fieber. Als einer der teuersten CEOs aller Zeiten darf Jürgen Schrempp gelten. Er fusionierte Daimler und Chrysler zur »Welt AG« DaimlerChrysler. Eine »Hochzeit im Himmel«, wie Schrempp 1998 fieberte. Gut 50 Milliarden Euro Miese später fieberten auch die Daimler-Aktionäre. Bei der denkwürdigen Hauptversammlung 2007 gerieten knapp 7.000 Teilnehmer derart in Rage, dass die Vorstände wahrscheinlich zitterten, ob sie jetzt nur verbal geteert und gefedert werden.

>> Harte Grenzen. Die arabischen Theokratien zählen zwar zu den »Guten«, die Freundschaft hat aber Grenzen. 2006 heiß es Njet zur Übernahme von US-Häfen durch ein Dubai-Konsortium. Der Schutzschirm wurde durch das »Committee on Foreign Investment« (CFIUS) aufgespannt, das bei »kritischen« Investitionen in den USA tätig wird. CFIUS klopfte in den letzten 20 Jahren rund 1.850 Investments auf US-Tauglichkeit ab. Bei Sicherheit und Militär ist aber sowieso schnell Schluss mit lustig. Diese Erfahrung mussten etwa auch Lenovo, Huawei oder EADS machen.

>> Harte Bandagen. Keine groben Schnitzer sollten sich in den USA notierte Unternehmen erlauben. Die deutsche SAP klaute dem US-Erzkonkurrenten Oracle Daten – und wird seit fünf Jahren durch die Instanzen geschleift. Für Siemens war der Schmiergeldskandal in Europa schon ausgestanden, aber Ende 2011 knöpften sich US-Börsenaufsicht und FBI einige Ex-Manager noch persönlich vor. Die harten US-Spielregeln werden aber nicht immer durchgehalten. Wall-Street-Banker wie Goldman Sachs zahlen, so sie überhaupt verurteilt werden, die Strafen aus der Portokassa.

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