Lithium bringt's
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Die Speicherung von Energie ist eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft. Wo steht die Batteriewirtschaft? Eine Analyse.
Von Karin Legat.
Bei der Frage, welches Batteriesystem den Anforderungen der Automobilbauer gerecht wird, sind sich Fahrzeughersteller, Forscher und Elektrounternehmen einig: Die Zukunft gehört Lithium-Ionen-Akkus. Sie zählen zu den vielversprechenden Speichertechnologien in der Elektromobilität und sind die Pufferbatterie für stationäre Applikationen auf dem Sektor erneuerbarer Energieträger. Je nach Aufbau beziehungsweise den eingesetzten Elektrodenmaterialien wird zwischen Lithium-Polymer-, Lithium-Cobaltdioxid-, Lithium-Titanat-, Lithium-Luft-, Lithium-Mangan-, Lithium-Eisenphosphat- und Zinn-Schwefel-Lithium-Ionen-Akkumulatoren unterschieden. Lithiumbatterien überzeugen durch ihre bis zu zehnmal höhere Energiedichte im Vergleich zu den heute auf Graphit basierenden Speichermaterialien. Dafür ist neben der Gewichtsreduktion passiver Batteriebestandteile hauptsächlich die Verwendung neuer Materialien verantwortlich. Aber die Forschung rund um Lithium ist noch lange nicht abgeschlossen. Bedarf besteht vor allem im Einsatz neuer Aktivmaterialien mit höherer Speicherkapazität. Laut Bosch wird der Markt für Lithium-Ionen-Akkus für PKW bis zum Jahr 2015 von 1,5 auf 9 Milliarden Dollar wachsen, bis 2020 sogar auf 50 Milliarden. Dafür braucht es intensive Forschung zu neuen Speichertechniken und Fahrzeugen sowie Pilotprojekte – und die gibt es.
Im Fokus
Batterieforschung betreibt heute fast jedes Forschungs- und Automobilunternehmen. Die steirische Firma Platingtech GmbH etwa kooperiert mit der TU Graz beim Projekt Neulibe. Bei Magna läuft bis 2013 das Projekt Cult, mit dem das Gewicht eines A-Segmentfahrzeugs durch Leichtbaumaterialien um 300 kg reduziert werden soll. Bosch forscht laut Rolf Bulander, Vorsitzender des Bereichsvorstands Gasoline Systems, mit dem koreanischen Unternehmen SB LiMotive an innovativen Batteriezellen und -systemen. AVL konzentriert sich auf die Optimierung der Batterie und auf eine Reduktion der Anforderungen an den Stromspeicher durch ein ganzheitliches Fahrzeugkonzept. Die FH Technikum Wien arbeitet an der Grundkonzeption und am Aufbau eines Pilot-Energiesystems mit einer überwiegend aus fluktuierenden erneuerbaren Quellen gespeisten Vanadium-Redox-Batterie. Hubertus von Monschaw, Abteilungsleiter Energiethemen der Hannover Messe, bestätigt die intensive Forschungsarbeit auch im Ausland: »Dank millionenschwerer Förderung durch die Bundesregierung wird mittlerweile in einer ganzen Reihe von institutsübergreifenden Kooperationen mit Hochdruck an neuen Lösungen im Bereich Speicher für die Elektromobilität geforscht. Zu den Vorreitern gehören hier die Initiative Lithium-Ionen-Batterie 2015, das Netzwerk Batterie der Fraunhofer Gesellschaft, der Kompetenzverbund Nord und auch das Helmholtz-Institut Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung.«
Im Fokus der Entwicklungen stehen neben optimalen Werkstoffen mit hoher Energiedichte bei geringer Masse die Verkürzung des Ladeprozesses, die Haltbarkeit der Speicherzellen sowie der Schutz gegen äußere Einflüsse wie Luftfeuchtigkeit und Systemsicherheit. Die hohe Energiedichte ist entscheidend für eine Kostensenkung. Denn je mehr Energie eine Zelle speichern kann, umso weniger Zellen benötigt das Batteriesystem. So wird die Herstellung günstiger und die Batterie bei gleicher Performance kleiner und leichter. Auch bei der Ladezykluslebensdauer, dem sogenannten »rocking chair«-Prinzip, überzeugen Lithium-Ionen-Zellen. »Angesichts des Wertes der in den neuen Batterien verwendeten Rohstoffe und der rasanten Entwicklung auf dem Zukunftsmarkt Elektromobilität muss das fachgerechte Recycling von Lithium-Ionen-Batterien oberste Priorität haben. Je nach Fahrzeugtyp fallen 100 bis 150 kg des nicht giftigen Lithiums an. Es gibt zahlreiche Studien und unterschiedliche Verfahren der Rückgewinnung«, stellt Gerd Schauer, Senior Technology Manager beim Verbund, fest. »Die weltweit bekannten Vorräte an Lithiumcarbonat belaufen sich laut dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung auf 135 bis 160 Millionen Tonnen«, informiert von Monschaw. »Rein rechnerisch könnten damit 200 Jahre lang jährlich 50 Millionen E-Autos mit Lithium-Ionen-Akkus ausgerüstet werden.« Selbst in Österreich gibt es nennenswerte Vorkommen: Die Koralpe bildet die größte Lithiumlagerstätte Europas.
Wien-Straßburg
Die mögliche Reichweite von Lithiumbatterien ist eindrucksvoll. Mit bisher eingesetzten Nickel-Cadmium-Akkus sind rund 50 Kilometer Fahrleistung möglich. Forscher haben bereits einen Prototyp der Lithium-Luft-Batterie mit Reichweiten bis 800 Kilometer realisiert. Das entspricht der Strecke Wien-Straßburg oder Klagenfurt-Rom. Ganz so schnell wird dieses Projekt aber nicht Serienreife erreichen. »Wir glauben fest daran, bis 2015 mit einer 35 kWh-Batterie eine Reichweite von 200 Kilometern zu erzielen«, ist aus Bosch-Kreisen zu vernehmen. »Das gelingt uns, indem wir die Materialien der Zellchemie optimieren – zum Beispiel durch neue Kathoden, innovative Separatoren und Elektrolyte«, erklärt Bulander. Neben dem Thema Reichweite spricht Gerd Schauer die hohe Verlässlichkeit der Lithiumakkus an und erinnert sich mit einem Lächeln an ein E-Mobilrennen in Turin Ende der 80er-Jahre, bei dem ein von ihm mitentwickeltes Fahrzeug mit Nickel-Cadmium-Battterien den Klassen- und Gesamtsieg erzielte.
Beispiel Consumer-Batterie
Bei Notebooks und Mobiltelefonen haben Standardisierung und Massenproduktion gezeigt, wie stark der Preis für Batterien gesenkt werden kann. Diese Standardisierung der Komponenten auf Pack- oder Systemebene lässt sich durch die hohe Vielfalt der Fahrzeugkonzepte kaum realisieren, heißt es aus der Forschung. Aber der Faktor Massenproduktion wird auch hier schlussendlich entscheidend sein. Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Bain & Company zeigt, dass die heutigen Kosten der Batterie durch die Effekte der Massenproduktion um bis zu zwei Drittel reduziert werden können. Laut heutigem Stand wird die Großserienproduktion für Lithium-Ionen-Batterien für automotive Anwendungen etwa 2015 starten.
Hubertus von Monschaw erinnert sich: »Lithiumspeicher der ersten Vorserienfahrzeuge beliefen sich auf etwa 1.000 Euro pro kWh. Experten schätzen, dass die Kosten inzwischen um mehr als ein Viertel gesunken sind.« Die aktuellen Produktionskosten werden von den Batterieherstellern weitgehend geheim gehalten, da sie immer noch als Hemmschuh für die Entwicklung der Elektromobilität gesehen werden. Bei vielen Elektrofahrzeugen bilden sie knapp 50 Prozent der Gesamtkosten. »SB LiMotive visiert 350 Euro pro Kilowattstunde bis 2015 an, 250 Euro für 2020. Nichtsdestotrotz wird die Batterie mit Preisen zwischen 6.000 und 12.000 Euro auch in Zukunft den Löwenanteil an den Kosten eines Elektro- oder Hybridfahrzeugs ausmachen«, betont Bulander. »Der Verbrennungsmotor wird bis in das Jahr 2020 im Automobil dominieren, langfristig gehört jedoch der Elektromobilität die Zukunft. Im Jahr 2020 erwarten wir weltweit rund drei Mio. Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride sowie etwa sechs Mio. Hybridautos bei 103 Mio. neu produzierten Fahrzeugen«, blickt er in die E-Zukunft.