Menu
A+ A A-

Garanten für die Wende

\"HeimischesDer Umbau unseres Energiesystems hat begonnen – und stellt die Branche gleich vor die bislang größte Herausforderung: Ertragsschwankungen bei den Erneuerbaren gefährden die Netzstabilität. Abhilfe schaffen moderne Gaskraftwerke, in Österreich ebenso wie weltweit.

Die Welt am Beginn eines neuen Energiezeitalters. Erneuerbare Energien werden in den nächsten Jahrzehnten eine wesentlich größere Rolle im Energiemix der Staaten spielen. Doch stellt die Einbindung regenerativer Stromerzeugung gerade aus Windkraft und Photovoltaik eine große Herausforderung für die Stromnetze und die Stromverteilung dar. Auftretende Schwankungen in der Strom­erzeugung, etwa aufgrund veränderter  Wetterlagen, bringen heute bereits die Netze an ihre Grenzen. Eine Universallösung zur Bewältigung der Energiefragen der Zukunft gibt es dabei nicht, denn Erzeugungsmix, Stromnachfrage und die Kapazität der grenzüberschreitenden Stromverbindungen sind von Land zu Land unterschiedlich. Mit der Schaffung eines Energiebinnenmarktes werden in den kommenden Jahren in der EU unterschiedliche Stromerzeugungen im Norden und Süden Europas, die Lastverteilung in die Industriezentren und Städte sowie auch Speichermöglichkeiten, etwa in den Alpen, wirtschaftlich sinnvoll verknüpft. Denn eines ist klar: Klimaschutz und Stromversorgung kennen keine politischen Grenzen. Bereits heute sind die Netze Österreichs und Deutschlands zu einer einheitlichen Infrastruktur verbunden. Entsprechende Netzkupplungen ermöglichen den Export von heimischen Ökostrom und Energie aus Speicherkraftwerden in benachbarte Märkte, die großen Bedarf haben.
Doch spielt in einem künftig intelligenten Geflecht der Smart Grids die fossile Erzeugung von Strom und Wärme weiterhin eine wichtige Rolle. Aufgrund fluktuierender Einspeisungsgrößen von Strom durch Windkraft oder Sonnenenergie ist eine langfristig stabile Versorgung nur mit entsprechenden Backup-Kapazitäten möglich. Je stärker Erneuerbare ausgebaut werden, desto dringender wird Ausgleichsenergie benötigt. In Österreich gelten Windkraftanlagen mit 2.500 Betriebsstunden Leistung jährlich schon als sehr gut. 1.000 Betriebsstunden Photovoltaik sind hierzulande ebenfalls ganz passabel – dies bedeutet aber, dass im Jahresschnitt nur in 12 % der Zeit Strom produziert werden kann. Das nötige Backup bilden dann Pumpspeicherkraftwerke als grüne Batterie, aber auch Gas-und-Dampfkraftwerke. Sie liefern mit bestmöglicher Effizienz und so sauber wie überhaupt möglich Grundlast, Wärme und den benötigten Netzausgleich.

Rückgrat für Erneuerbare

»Gas-und-Dampfkraftwerke sind in vielen Regionen der Welt schon heute das Rückgrat der Stromversorgung«, bekräftigt­ Michael Süß, Leiter der Sparte Energy der Siemens AG. »Die Energiewende ist richtig und machbar. Dafür brauchen wir flexible und hocheffiziente Kraftwerke«, so der Siemens-Vorstand zur »gerade stattfindenden Revolution des Energiesystems«. In der neuesten Kraftwerksgeneration im GuD-Bereich stellt Siemens mit der H-Klasse einen Effizienzweltrekord mit einem Wirkungsgrad von 60,75 % auf. Die neue GuD-Klasse benötigt rund ein Drittel weniger Brennstoff pro erzeugter Kilowattstunde ver­glichen mit dem Durchschnitt der weltweit installierten Gaskraftwerke. Diese Effizienzsteigerung bietet erhebliche Einsparpotenziale bei den Brennstoffkosten.
Gas-und-Dampf-Anlagen bieten gegenüber allen anderen konventionellen Kraftwerkskonzepten Vorteile hinsichtlich der Anfahrzeiten und Anfahrzuverlässigkeit, wenn künftig größere Leistungen sehr schnell ins Netz eingespeist beziehungsweise aus dem Netz genommen werden müssen. Der Bau modernster, flexibler Gas- und Dampf-Anlagen kann die Netzstabilitätsproblematik lösen und gleichzeitig Emissionen deutlich verringern.

Effiziente Anlagen

GuD-Kraftwerke sind ein Paradebeispiel für Energieeffizienz. Eine signifikant höhere Ausnutzung des Brennwertes von Erdgas ist vor allem dann möglich, wenn regional entsprechender Heiz- oder Kühlbedarf vorhanden ist. So wird in einem Gas-und-Dampfturbinenkraftwerk mit dem heißen Abgasstrom der Gasturbine noch Dampf erzeugt, der zusätzlich eine Dampfturbine antreibt, die ebenfalls Strom erzeugt. Die Restwärme des Dampfs kann mittels Kraft-Wärme-Kopplung über Fernwärmeleitungen noch zum Heizen genutzt werden. Sie kann auch als sogenannte Prozesswärme in der Industrie zum Einsatz kommen. Mit einem Wärmetauscher ist es zudem möglich, die Wärme in Kälte zu wandeln. Mithilfe solcher Maßnahmen kann der Brennstoffausnutzungsgrad bereits jetzt auf mehr als 90 % gesteigert werden.

Siemens Österreich hat die ersten Abhitzekessel 2008 an Wien Energie im Rahmen eines Repoweringprojekts in Simmering und 2009 an die Energie AG Oberösterreich für das Kraftwerk Timelkam geliefert. Jüngst startete das größte und modernste Kraftwerk Österreichs in Mellach in den Probebetrieb.

Weltweite Nachfrage

Die Gründe, warum mehr Gasturbinen nachgefragt werden, unterscheiden sich dabei aber je nach Region. Ein genereller Haupttreiber ist neben der zunehmenden Schwankung in der Stromerzeugung durch die erneuerbaren Energien auch die hohe Verfügbarkeit von Erdgas. Neben dem Nahen Osten verfügen beispielsweise auch Russland und die USA über riesige Gasvorkommen – und bei beiden Ländern kommt noch ein alternder Kraftwerkspark hinzu, der erneuert werden muss. Zudem sprechen die weltweiten Bestrebungen zur Kohlendioxid-Minderung für den zunehmenden Einsatz von hocheffizienten Gasturbinen.
Freilich müssen künftig auch die finanziellen Rahmenbedingungen für die Kraftwerksbetreiber geklärt werden. Für Energieversorgungsunternehmen sind moderne GuD-Kraftwerke mittlerweile Stromerzeuger, die vor allem in Spitzenlastzeiten zugeschaltet werden. Bei Betriebsstunden von 1.000 bis 1.500 Stunden pro Jahr kommen sie nicht mehr auf jene Auslastung, durch die sich Neuinvestitionen im herkömmlichen Sinn rechnen würden. Bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen wird die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen auch über längere Durchrechnungszeiträume in Frage gestellt. Investitionen in neue Kraftwerke würden sich dann erst wieder lohnen, wenn aufgrund von Stromknappheit die Preise für Kilowattstunden genügend steigen – oder letztlich die Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten vom Markt entlohnt wird.

»Heute sind weltweit rund 5.800 GW Stromerzeugung installiert. Schätzungen zufolge wird sich dies in den kommenden 20 Jahren auf über 10.000 GW mehr als verdoppeln. Alleine in China und Indien sehen wir einen Bedarfszuwachs von bis zu 80 GW jährlich«, rechnet Süß vor. Mit nur einer einzigen Ressource sei dieses Wachstum nicht bewältigbar. »Dazu ist ein breiter Mix nötig, darunter Gas, Kohle, Öl und Erneuerbare.« Siemens, so der Energieexperte weiter, kann freilich alle diese Technologien abdecken – bis hin zu Hochleistungsstrecken in der Stromübertragung im Supergrid und Netzmanagementlösungen.

back to top