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Globetrottel

\"Gell,Wer die Insel der Seligen verlässt, kehrt freudig wieder hierher zurück. Genau: Zu Hause ist es halt doch am schönsten. 
Ein Reisebericht von Rainer Sigl.

Grüß Sie! Also ich bin ja schon erleichtert, dass ich wieder daheim bin. So eine Weltreise ist schon was Interessantes, aber ich sag Ihnen, jetzt bin ich richtig froh, wieder hier zu sein. Die Irmi, meine Frau, hat mich ja quasi jahrelang gelöchert, hat gejammert und gebettelt und bei jedem »Universum« immer ganz feuchte Augen gekriegt, immer wegen dieser Weltreise, und jetzt, in der Frühpension, hab ich halt nimmer auskönnen, nachdem mir unser Hausarzt partout das mit der Auslandsallergie nicht unterschreiben wollte. Aber naja, jetzt haben wir’s ja Gott sei Dank eh hinter uns. Jetzt, wo wir wieder da sind, heißt’s erstmal Jetlag ausschlafen, den Reisestaub abschütteln, die Fotos sortieren, meine geliebte Mulde in der Fernsehcouch besetzen, ein Schnitzel essen. Ja! Das sind die kleinen Dinge, die man halt so vermisst in der Fremde.

Und dann — darauf freu ich mich schon besonders — werd ich mich gemütlich hinsetzen und in der Zeitung nachlesen, was so alles passiert ist hier in der lieben Heimat, während wir hin und her geflogen sind. Jaja, da kommt schon was zusammen, wenn man sich sechs Monate lang das Kleinformat von der Nachbarin archivieren lässt! Aber im Ausland, wissen S’ eh, die Zeitungen dort, man versteht ja kein Wort, nur die Bilder, und das Fernsehen im Hotel, also wirklich, ich hab mir vorgenommen, den heimischen Sendern allesamt Blumen zu schicken, weil nach zehn Stunden chinesischer Seifenoper im Bus lernt man den »Musikantenstadl« als die hochqualitative Bildungssendung schätzen, die er ist.
Sonst? Ja, sonst war’s schon auch schön. Naja, bei so einer Weltreise sieht man halt überall das Schönste, nicht. Die Maya-Pyramiden: sehr schön. Der Grand Canyon: super. Das Taj Mahal: auch okay, aber so viele Leute, bitte, das hält man echt nicht aus. Nur ausgerechnet vor Angkor Wat ist uns die Kamera eingegangen, naja, da sind wir dann halt draußen geblieben.

Das Essen war auch meistens nicht so übel, aber ich freu mich jetzt schon richtig auf Abwechslung, nicht, das eigene Essen ist halt schon das beste, weil auf Reisen, naja, Sie wissen’s eh, da isst man halt oft auch sehr schleißig, nicht wahr, also gesund ist das ja net unbedingt alles ... aber auf eine Leberkässemmel oder auf ein Schnitzel oder ein Geselchtes oder eine Pizza oder einen Döner, also ja, da freut man sich dann halt schon wieder sehr auf die Vorteile von Mitteleuropa!

Wie’s sonst so war? Naja, das kann man nicht so sagen, weil die Welt ist schon groß und sehr unterschiedlich. Es ist ja schon alles ganz schön anders da draußen, und ich sag Ihnen, als ich in Schwechat dann aus dem Flieger gestiegen bin, da hab ich erstmals tief und lange die süße Luft der Heimat eingeatmet. Also eher so metaphorisch, weil die Raffinerie nebenan und der Flugzeugdiesel, aber halt so: innerlich. Und was für Geschichten man da immer hört, also unvorstellbar, wie es anderswo anscheinend zugeht. Zum Beispiel in Indien, also wirklich un-vor-stell-bar, wie korrupt das ganze Land anscheinend ist. Eine Korruption, sag ich Ihnen, das geht unten los und geht bis ganz nach oben! Ein Rikschafahrer hat mir erzählt, dass grad aufgeflogen ist, dass die einen ehemaligen Finanzminister haben, der da ein so undurchsichtiges Firmenkonstrukt für seine ganzen Parteifreunderln und Verwandten gebastelt hat, dass dem sanftmütigsten Guru der Hut hochgeht, und was passiert? Nichts! Gar nichts! Oder in Peru! Da sagt mir der Chef vom Guesthouse, dass grad ein hoher Staatsbeamter dabei erwischt worden ist, wie er total unverfroren seine Dienste für private Firmen angeboten hat, so á la »Du zahlst, dann beschließe ich dir ein Gesetz«. Stellen Sie sich das vor! Der hat gemeint, das wäre ganz normal, so ein Geschäft für nebenbei, nicht wahr, Wirtschaft und Politik, ist eh alles dasselbe! Gell, da schauen S’ jetzt komisch, das kann man sich halt nur schwer vorstellen in Österreich, wie es anderswo in so manchen Bananenrepubliken und Kleptokratien zugeht, wo sich die Mächtigen aufführen, als wäre das Volk nur dafür da, hin und wieder mal ein Kreuzerl an der richtigen Stelle zu machen! Unfassbar, wie abgehoben und realitätsfern diese Eliten andernorts so sind!
Und die Justiz erst! Habe die Ehre, Sie würden’s nicht glauben, wie es da in anderen Ländern zugeht! In Thailand etwa, da haben sie einen haarsträubenden Prozess geführt, über Jahre hinweg, gegen so extreme Vegetarier oder so was, und die haben da echt jahrelang herumgetan, mit Spitzeln und Anklägern und haarsträubenden Schlampereien, und das alles hat gekostet und gekostet und gekostet, und rausgekommen ist — bis jetzt noch gar nix! Man fragt sich als zivilisierter Mensch da halt schon, wie so ein Land funktionieren soll, wenn schon die Justiz so parteiisch ist, dass, wie mir ein Kellner in Buenos Aires erzählt hat, die Justizminister da wahllos mit Weisungen und Einflüsterungen von allen Seiten um sich werfen können — ich muss schon sagen, wenn man aus einem zivilisierten Land wie Österreich kommt, steigt einem da angesichts solcher Geschichten schon oft die Grausbirne auf.

Und hier zu Hause? War was Besonderes? Nein, psst, sagen Sie’s mir nicht, weil wie gesagt: ich freu mich schon drauf, alles selber in der Zeitung nachzulesen. Aber ich muss schon sagen: So eine Reise erweitert den Horizont. Ja, ich sag Ihnen, da weiß man dann wirklich zu schätzen, was man an Österreich so hat! Und ich hab sofort noch in Schwechat gleich nach dem Aussteigen aus dem Flieger zur Irmi gesagt, so Irmi, jetzt hast deinen Willen gehabt, jetzt haben wir diese Weltreise gemacht, aber eins sag ich dir gleich: Da fahren wir nimmer hin.
Weil daheim ist’s halt doch am schönsten.


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