Keine Kürzungen
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Michael Ludwig im ersten Teil der Report-Baugespräche.
Der Wiener Wohnbaustadtrat spricht über den aktuellen Stand der Wohnbauinitiative, die bevorstehendenFinanzausgleichsverhandlungen und schwarze Schafe der Bauwirtschaft.
Von Bernd Affenzeller
Report: In allen Bundesländern ist die Anzahl der neu errichteten Wohnungen stark rückläufig. 2011 hat Wien mit der Wohnbauinitiative eine viel beachtete Gegenoffensive zu diesem Trend gesetzt. Mehr als 6000 neue Wohnungen sollten mithilfe günstiger Darlehen der Stadt Wien errichtet werden. Wie ist der aktuelle Stand der Initiative?
Michael Ludwig: Die Wohnbauinitiative ist eine wichtige Ergänzung zum geförderten Wohnbau. Mit insgesamt sechs Konsortien habe ich den Bau von zusätzlichen 6.250 Wohnungen vereinbart. Das sind zwar frei finanzierte Wohnungen, die Miethöhe ist aber angepasst an den geförderten Wohnbau. Aktuell sind die ersten beiden Projekte in Umsetzung begriffen, in der Seestadt Aspern und im Sonnwendviertel. Die ersten 2.000 Wohnungen werden bis 2014 fertiggestellt.
Report: Wie war das internationale Echo auf diese Initiative?
Ludwig: Es gibt großes Interesse. Vom Bürgermeister von Bratislava wurde ich bereits eingeladen, die Initiative zu präsentieren. Für so ein Programm müssen aber auch die Rahmenbedingungen passen. Wir haben viel Erfahrung und langjährige, verlässliche Partner in der Wirtschaft, mit denen wir kooperieren. Das sind neben den Bauträgern vor allem auch Finanzdienstleister, die wissen, dass der Wohnbau in Wien kein großes, aber ein verlässliches Geschäft ist.
Report: Ist mittelfristig ein weiteres, ähnliches Programm geplant?
Ludwig: Im Moment nicht. Wir haben als Stadt Wien in diese Initiative sehr viele Grundstücke eingebracht und unsere Möglichkeiten in dieser Hinsicht sind dadurch jetzt deutlich beschränkt. Es war mir aber wichtig, dass für diese Initiative keine Grundstücke verwendet werden, die für den geförderten Wohnbau vorgesehen sind.
Report: Die Verhandlungen für den nächsten Finanzausgleich stehen an. Dabei wird auch die Wohnbauförderung Gegenstand der Diskussionen sein. Wie sehen Sie die Zukunft der Wohnbauförderung? Sollte wieder zweckgebunden werden oder handelt es sich um ein Auslaufmodell?
Ludwig: Die Wohnbauförderung ist aus meiner Sicht unerlässlich. Bund, Länder und Gemeinden müssen ein großes Interesse haben, dass es die Wohnbauförderung auch in Zukunft gibt. Wir haben nicht nur in Wien, sondern auch in Graz, Linz oder Salzburg einen großen Bevölkerungszuwachs, deshalb bin ich überzeugt, dass die Wohnbauförderung in Zukunft eine noch größere Rolle spielen wird. Aber natürlich haben die Bundesländer die Verpflichtung, mit den Geldern der Wohnbauförderung auch tatsächlich Wohnbauinitiativen zu starten. In Wien haben wir immer mehr Geld für den Wohnbau ausgegeben als wir vom Bund erhalten haben. Deshalb spielt die Zweckbindung für uns keine Rolle.
Report: Der Bau & Immobilien Report hat Anfang dieses Jahres eine Umfrage unter allen Wohnbaulandesräten gemacht, mit dem Ergebnis, dass anscheinend in fast allen Bundesländern mehr Geld für den Wohnbau ausgeben wird, als die Länder vom Bund erhalten. Braucht es also gar keine Zweckbindung?
Ludwig: Das ist immer eine Frage der Sichtweise und der Berechnungsmethoden. Mir ist wichtig, dass sichergestellt ist, dass die Gelder aus der Wohnbauförderung tatsächlich für den Wohnbau verwendet werden. Und dafür ist die Zweckbindung sicher nicht das schlechteste Instrument.
Report: Im Einfamilienbereich werden immer mehr Häuser ohne Wohnbauförderung errichtet, um die strengen Vorgaben zu vermeiden. Sind die Kriterien der Wohnbauförderung zu streng?
Ludwig: Kriterien müssen immer wieder überarbeitet werden. Wir haben in Wien in den letzten Jahren einen unglaublich hohen Standard entwickelt, der sich natürlich auch in den Kosten niederschlägt. Natürlich muss nicht jedes Haus ein Passivhaus sein. Wir gehen derzeit dazu über, uns die Lebenszykluskosten eines Gebäudes ganz genau anzusehen, von der Errichtung bis zum Abbruch. Da relativiert sich manches. Fragen der Ökologie gehen weit über die Errichtung eines Gebäudes hinaus. Ich finde es, ehrlich gesagt, lächerlich, wenn Einfamilienhäuser irgendwo in der Einschicht errichtet werden und zur Gewissensberuhigung kommen dann ein paar Solarpaneele aufs Dach. Hier wird in Zukunft noch stärker ein vernetztes Denken und Handeln zwischen Raumplanern, Lokalpolitikern und Bauträgern gefragt sein.
Report: Das Thema Verdichtung spielt dabei eine große Rolle. Aber selbst in Wien wird viel am Stadtrand gebaut. Wo sehen Sie innerstädtisch in Wien noch Entwicklungspotenzial?
Ludwig: Mit den ehemaligen Brownfield-Areas wie etwa der Heller-Fabrik oder den Mautner-Markhoff-Gründen gibt es schon noch einiges an innerstädtischem Potenzial. Dazu kommt die Fertigstellung der ehemaligen Bahnhofsareale wie Nordbahnhof, Aspang-Gründe und der neue Hauptbahnhof. Und natürlich sind auch die ehemaligen Bundesheerkasernen für den Wohnbau interessant. Unser Interesse an diesen Objekten ist beim Verteidigungsminister deponiert. Wir müssen aufgrund des Bevölkerungszuwachses bis 2035 Wien um die Dimension von Graz vergrößern, da werden wir alle Flächen brauchen, innerstädtisch, aber auch am Stadtrand.
Report: Der Wohnbaufördertopf war 2012 mit rund 560 Millionen Euro gefüllt, davon gingen etwa 243 Millionen an den Neubau, 203 Millionen an die Sanierung und der Rest wurde für Wohnbeihilfen verwendet. Wie wird der Topf 2013 dotiert sein und wie werden die Gelder verteilt?
Ludwig: Ich gehe davon aus, dass der Topf 2013 ähnlich gefüllt sein wird wie heuer und auch bei der Aufteilung wird es kaum Änderungen geben. Heuer ist es zu einer leichten Erhöhung bei der Sanierung gekommen. Durch die noch attraktiveren Förderungen in der Sanierung, die seit 2008 in Kraft sind, gibt es aufgrund der hohen Anzahl bei den Anträgen einen gewissen Rückstau, der aber sukzessive abgearbeitet wird.
Report: In fast allen Bundesländern wird das Wohnbaubudget gekürzt. Warum kann ausgerechnet Wien das Niveau halten?
Ludwig: In Wien spielt die Wohnbaupolitik traditionell eine große Rolle. Außerdem wurden in der Vergangenheit auch andere Schwerpunkte gesetzt, etwa im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich. Da hat das Wohnbauressort auch budgetär zurückgesteckt, um diese Bereiche auszuweiten. Das ist auch sinnvoll, weil Wohnbauprojekte in manchen Gebieten nur dann realisiert werden können, wenn die Infrastruktur passt. Eine eigene Infrastrukturkommission wacht darüber, dass immer genügend Kindergärten, Schulen und Ähnliches zur Verfügung stehen. Da muss man auch ressortübergreifend denken und handeln.
Report: Die Bauwirtschaft leidet unter der Zurückhaltung der öffentlichen Hand bei Bauaufträgen. Welche Investitionen können Sie den Wiener Bauunternehmen in Aussicht stellen?
Ludwig: Die Stadt Wien hat vor allem in Krisenjahren 2008 und 2009, als private Investitionen weitgehend ausgeblieben sind, viel Geld in die Hand genommen. Wir haben viele Projekte vorgezogen, um antizyklisch zu investieren. Das kann natürlich nicht in Permanenz erfolgen. Aber wir versuchen auch jetzt sehr stark, jene Bereiche zu fördern, wo sich vor allem heimische Unternehmen profilieren können, wie etwa in der Sanierung.
Es ist mir auch wichtig, keine Ho-Ruck-Politik zu machen, sondern entsprechend den Kapazitäten der Wiener Bauunternehmen zu planen. Es bringt nichts, mit einem Schlag viele Projekte zu starten, sodass die Unternehmen die Kapazitäten hoch fahren müssen, wenn keine Folgeaufträge absehbar sind. Wir versuchen, Schritt für Schritt, ein Projekt nach dem anderen in die Pipeline zu bringen. Das ist gut für die Betriebe und für den Arbeitsmarkt.
Report: Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Wertschöpfung im Land bleibt?
Ludwig: Wir gehen mit sehr strengen Maßnahmen gegen jede Form der Schwarzarbeit vor. Wir haben gerade jetzt über den Sommer viele Baustellen kontrolliert und ich werde auch in Zukunft mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese Art der Wettbewerbsverzerrung vorgehen. Da gilt es auch, jene Betriebe zu schützen, die sich an die Vorgaben halten.
Report: Gibt es für die schwarzen Schafe neben Anzeigen noch weitere Konsequenzen? Etwa bei zukünftigen Auftragsvergaben?
Ludwig: Das ist schwierig, weil zivilrechtliche Angelegenheiten nicht mit dem Vergaberecht in Verbindung zu bringen sind. Wir haben vergaberechtlich gar nicht die Möglichkeit, bestimmte Betriebe auszuschließen. Ich habe aber auch die Bauordnung verschärft. Bei Verstößen drohen neben Geldstrafen auch der Entzug der Gewerbeberechtigung und sogar Gefängnisstrafen.