Menu
A+ A A-

Völlig neue Herausforderungen

\"LeoDie Katastrophe von Fukushima hat zu einem radikalen Umdenken geführt. Der Weg für erneuerbare Energien ist frei. Aber dafür braucht es die richtigen Rahmenbedingungen.

Ein Gastkommentar von Leo Windtner, Generaldirektor Energie AG

Die vergangenen 15 Jahre waren für die Energiewirtschaft eine spannende und absolut turbulente Zeit. Nach der Liberalisierung des Strommarktes und der damit verbundenen Neuausrichtung der Unternehmen folgte ein Höhenflug der Energiequelle Strom. Mit über 90 Euro wurde 2008 die Megawattstunde an der Börse  in Leipzig gehandelt. Die Konjunktur lief auf Hochtouren und die Industrie produzierte. Dann kam mit der Wirtschaftskrise der große Einbruch, der vor allem die Energie AG als Versorger in Österreichs industriestärkstem Bundesland besonders getroffen hat. Wenn man bedenkt, dass BMW in Steyr oder die Voest in Linz auf Kurzarbeit umgestiegen sind, kann man ermessen, dass dies Hand in Hand mit einem drastisch sinkenden Energieverbrauch gegangen ist. Gleichzeitig verfielen die Preise auf rund 40 Euro pro Megawattstunde. Wir haben im Energie AG-Konzern die Krise als Chance gesehen und ein Fitnessprogramm gestartet, das uns jetzt am Markt Vorteile bringt. Es wurden Strukturen durchleuchtet und evaluiert. Dadurch konnten Synergien gehoben werden und wir können rascher auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren.

Wie schnell sich diese ändern können, hat der 11. März 2011 gezeigt. Mit dem Erdbeben in Fukushima und dem anschließenden Super-GAU im Atomkraftwerk in Fukushima wurde mit einem Schlag die Versorgung und Erzeugung elektrischer Energie vor neue Herausforderungen gestellt. Raus aus Atom, hinein in die erneuerbaren Energieträger lautet jetzt die Devise. Manche träumen sogar von Energieautarkie und verkennen die Realität. Hier ist die Energiewirtschaft mit einem Phänomen konfrontiert. Es wird eine Forcierung der erneuerbaren Energien verlangt, die aber wie Wind und Sonne nur aufgrund umfangreicher Ökoförderungen konkurrenzfähig sind, der Ausbau des unschlagbaren Champions bei den regenerativen Energien, der Wasserkraft, wird aus vielerlei Gründen erschwert und gleichzeitig legt man sich gegen den Ausbau des Leitungsnetzes quer, das die erneuerbaren Energien aufgrund ihrer hohen Volatilität brauchen. Zudem werden konkurrenzfähige Preise verlangt.

Fakt ist, dass der globale Ausstieg aus der Atomkraft frühestens nach 2040 kommen wird können. Das Gas wird als Brückentechnologie unbedingt notwendig sein. Die Preise werden steigen. Allerdings ist das ceterum censeo der künftigen Energiepolitik die Effizienz. Das bedeutet, dass wir zwar für die Kilowattstunde mehr bezahlen werden, allerdings werden wir in Summe weniger verbrauchen. Gerade im Bereich der Energieeffizienz hat Österreich die Chancen, international zum Schrittmacher zu werden. In der »Smart Grid-Technologie«, den intelligenten Netzen, sind wir – im Speziellen die Energie AG – über die Grenzen hinaus erfolgreich.

Strom wird sicherlich die Energiequelle der Zukunft werden. Immer mehr Maschinen in der Industrie sind stromgetaktet und durch die E-Mobilität zieht das Thema »Strom als Energie zur Fortbewegung« immer stärker in den Alltag ein. Ziel muss es sein, den Strompreis nicht zur sozialen Frage werden zu lassen: »Kann ich es mir leisten oder nicht?« Dieser Aspekt darf in dem ganzen Lärm rund um Atomausstieg, Energieautarkie und Stärkung der Erneuerbaren nicht vergessen werden. Die Energiewirtschaft ist bereit zu neuen Pionierschritten. Allerdings müssen auch Politik und Bevölkerung dahinter stehen. Wer den Atomausstieg fordert, darf nicht »Nein« zum Ausbau der Wasserkraft sagen. Wer den Ausbau der erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne will, muss auch »Ja« zum Ausbau des Leitungsnetzes sagen. Es bedarf großer Anstrengungen der Energiewirtschaft, um in den kommenden Jahren die Energiezukunft sicher zu gestalten. Wir brauchen dafür die besten Rahmenbedingungen, zum Beispiel ein klares Bekenntnis zu Rückgratprojekten wie den Bau von Pumpspeicherkraftwerken und starker Leitungen. Das heißt unter anderem zügige Behördenverfahren. Denn die Zeit ist knapp für das ambitionierte Programm einer Energiewende.

back to top