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Altes in neuem historischen Gewand

Es gelingt nur wenigen technischen Bauwerken, in das Bewusstsein der Menschen zu dringen. Wenn es diese Konstruktionen gar zu literarischen Würden bringen, dann muss diesen Ort ein besonderes Flair umgeben. Dies ist bei der Strudlhofstiege in Wien Alsergrund sicherlich gegeben.

Weltbekannt wurde die Stiege durch den Roman von Heimito von Doderer »Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre«, der 1951 erschien. Der Bereich rund um die Strudlhofstiege erinnert an den Hof- und Kammermaler Peter von Strudel. Er wurde um 1660 in Cles (Trentino, Italien) geboren und starb am 4. Oktober 1714 in Wien. Er errichtete 1690 den Strudelhof und wurde später zum Direktor der Kunstakademie gewählt. Sein Werk als Bildhauer und Maler bildet in Österreich den Übergang zum Hochbarock. Wie es sich für Wien so gehört, ging im Laufe der Jahre ob der akustischen Vereinfachung der Vokal »e« im Namen von Strudel verloren. Heute lautet daher die veritable Frage Strudel oder Strudl, die leider unbeantwortet bleiben muss.

Die Strudlhofstiege im 9. Bezirk verbindet die tiefer liegenden Bezirksteile über Strudlhofgasse und Liechtensteinstraße mit den höherliegenden Teilen bei der Boltzmanngasse und Währinger Straße. Erbaut wurde sie nach einem Entwurf von Johann Theodor Jaeger, der als Brückenbautechniker in der damaligen Stadtbaudirektion seinen Dienst versah. Am 29. November 1910 wurde die Stiege zur Benützung freigegeben. Die letzte Instandsetzung der Strudlhofstiege erfolgte 1984. Seitdem ist wieder ein Vierteljahrhundert vergangen, und die Umwelteinflüsse haben ihre Spuren an dem Bauwerk hinterlassen. Aus diesem Grund ist die MA 29 – Brückenbau und Grundbau seit Sommer 2008 mit der historischen Instandsetzung dieser Traditionsstiege befasst. In fachlich-wissenschaftlicher Sicht betreut das Büro von Prof. Manfred Wehdorn diese Arbeiten. Die Stiege ist aus Mannersdorfer Kalkstein erbaut. Die Anlage wird von einem zweigeteilten Beckenwandbrunnen geschmückt. Am unteren Ansatz führen zwei geschwungenen Stiegenläufen zum oberen Becken. Dieses wird von einer Kopfmaske als Wasserspeier an der Stiegenwand geschmückt. Auf dem ersten Treppenabsatz befindet sich eine mosaikverkleidete Nische mit einem Fischmaul als Wasserspeier. Mittels dreier Rampen wird der Höhenunterschied von rund elf Metern zwischen der Strudlhofgasse und der Boltzmanngasse überwunden.

Statisch ist die Anlage in Ordnung. Die Sanierung beschränkt sich vor allem auf den Stein- und Metallbestand inklusive der Kandelaber. Die nicht historischen Kugellampen werden nun durch »Maiglöckchenlampen« ersetzt. Die Anlagen der beiden Brunnen werden saniert und zum Teil  neu hergestellt. Die störenden und desolaten Asphaltflächen weichen speziellen Betondecken mit rutschsicherer Waschbetonoberfläche. Alle Maßnahmen sind mit der MA 19 – Architektur und Stadtgestaltung und dem Bundesdenkmalamt abgestimmt. Wesentlich für die Benutzer ist, dass während der gesamten Bauzeit die Stiege auch mittels provisorischer Stiegenlösungen immer begehbar bleibt. Eine neue Bepflanzung inklusive automatischer Beregnungsanlage vervollständigt nach Abschluss der Arbeiten das neue Ensemble, das nach 100 Jahren dann so schön erstrahlt wie am ersten Tag.

Technische Daten
Breiten der Rampen und Stiegen: ca. 2,50 m
Stufenanzahl: 58 Stück.
Höhenunterschied: ca. 11 Meter.

Mehr Informationen zur Instandsetzung unter www.bruecken.wien.at

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