Fragen an die Politik
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Robert Schmid, Geschäftsführer der Baumit Beteiligungen und geschäftsführender Gesellschafter der Schmid Industrieholding: »Die SPÖ setzt sich seit geraumer Zeit für die Wiedereinführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern ein. Vermögen, das keinen (oder wenig) Ertrag bringt, tut sich schwer, diese Steuern zu verdienen. Vermögen, welches
Erträge erwirtschaftet, wird meist wieder investiert. Mittelbar oder unmittelbar ist da immer die Bauwirtschaft im Spiel. Gerade in Zeiten wie diesen, wenn jedermann Angst um seine Euros hat, wird viel privates Geld in Aufbau und Erhalt von Bausubstanz investiert. Das schafft für Österreich Arbeit, Steuern und nachhaltige Werte. Besteht durch eine Vermögenssteuer nicht die Gefahr, dass weniger Vermögen dort aufgebaut wird, wo es besteuert wird und es zu einer Vermögensflucht kommt? Ist nicht zu befürchten, dass die ohnehin schon angeschlagene Bauwirtschaft weniger zu tun haben würde, weniger Bauarbeiter einen Job und Österreich weniger Lohnsteuern und Umsatzsteuern bekommen würde? Und zwar viel weniger, als auf der anderen Seite Vermögenssteuer hereinkommen würde?«
Andreas Schieder, Finanzstaatssekretär: »Die Bauwirtschaft hat nichts zu befürchten. Im Gegenteil: Vermögensbezogene Steuern sind konjunkturfördernd. Vermögen ist in Österreich extrem ungleich verteilt. Das reichste Prozent der Bevölkerung (rund 80.000 ÖsterrreicherInnen) besitzt ein Drittel des gesamten Vermögens. Zuletzt hat dies die Studie der Österreichischen Nationalbank aufgezeigt. Und hier sagen die SozialdemokratInnen ganz entschieden, das muss sich ändern! Wir wollen nicht die kleinen Häuslbauer treffen, sondern eine gerechte Verteilung des Vermögens. Derzeit besitzen 90 Prozent der Bevölkerung gemeinsam weniger als ein Drittel des Gesamtvermögens. Und internationale Vergleiche zeigen, dass in Österreich Einkommen aus Arbeit deutlich höher besteuert werden als leistungsferne Einkünfte aus Vermögensbesitz. Zudem gibt es in Österreich einen großen Bevölkerungsanteil, der geringe Summen erbt, aber sehr wenige Reiche, die sehr viel erben. Daher wollen wir jeweils einen Freibetrag von einer Million Euro. Das, was wir wollen, ist eine gerechte und ökonomisch vernünftige Steuerpolitik. Denn eine gerechte Verteilung bedeutet immer auch Wachstum. Das heißt mehr Investitionen und in Folge mehr Arbeitsplätze, die wir gerade in schwierigen Zeiten dringend benötigen. Ein Beispiel zum Schluss: 100 Millionen Euro für die thermische Sanierung brachten 2.500 neue Jobs. Das wollen wir weiterführen!«
Josef Hackl, Geschäftsführer der Synthesa Gruppe: »Auch heuer hat die Bundesregierung wieder insgesamt 100 Mio. Euro für die thermische Sanierung bereitgestellt. Von den darin enthaltenen 70 Millionen für private Haushalte wurden laut OÖN 27 Mio. Euro Förderung noch gar nicht abgeholt, von den 30 Millionen für Betriebe wurden bis dato 12 Millionen Euro Förderung liegen gelassen. Es ist davon auszugehen, dass sich an diesen Zahlen bis Jahresende nicht mehr allzu viel ändern wird. Offensichtlich sind die Förderungen zu wenig attraktiv, denn das Potenzial an förderbaren Objekten wäre durchaus vorhanden. Ist daran gedacht, die Förderungen attraktiver zu machen und - gerade in Anbetracht der zu erwartenden Kyoto-Strafzahlungen - den Anreiz für unentschlossene Hauseigentümer noch zu erhöhen? Und wird die heuer liegen gelassene Förderung 2013 fortgeschrieben?«
Niki Berlakovich, Umweltminister: »Die in Kürze abschließend bilanzierbare diesjährige Förderaktion der Bundesregierung für die thermische Sanierung war auch heuer ein großer Erfolg: Trotz einer konjunkturell bedingt gedämpften Investitionsbereitschaft der betrieblichen und privaten Investoren ist in diesem Jahr mit Förderzusagen im Gesamtausmaß von rund 75 Millionen Euro zu rechnen, die in Form von Sanierungsschecks privaten Hauseigentümern und für Maßnahmen im betrieblichen Bereich zugutekommen. Die aus dem diesjährigen Maximalzusagerahmen nicht beanspruchten Mittel werden keineswegs eingespart, sie sollen im kommenden Jahr zusätzlich zur regulär vorgesehenen Tranche von neuerlich 100 Millionen Euro zur Ausschüttung gelangen. Für 2013 werden aktuell eine Reihe von Verfahrensvereinfachungen und Kommunikationsaktivitäten vorbereitet und zusätzliche Boni gesetzt, die sich stimulierend auf die Nachfrage im betrieblichen und privaten Bereich auswirken sollten. Die Präsentation dieser neuen Richtlinien für die Aktion 2013 wird im Jänner erfolgen.«
Angelika Bein, Geschäftsführerin Halfen GesmbH: »Die Anzahl an lokalen und harmonisierten Normen hat sich in Österreich seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt. Diese Internationalisierung erfordert nun für einen Hersteller von Bauprodukten mit Qualitätsanspruch laufend neue Zulassungen. Jedoch unterstehen die für Gutachten und Zulassungen zuständigen Behörden jeweils der Länderverantwortung (OIB, BauCert, die relevanten Magistratsabteilungen in Wien, bzw. ist das Normeninstitut eine private Gesellschaft). Sie leiden für diesen Umfang an massiven Kapazitätsengpässen - Zulassungsverfahren dauern durchschnittlich drei Jahre und mehr! Das verhindert die Innovation von effizienteren sowie kostengünstigeren Bauprodukten und führt zu Haftungsrisiken, bis hin zu Strafen für die Beteiligten. Wäre es nicht sinnvoller, wenn das Wirtschaftsministerium diese Aufgaben zentral übernehmen und dadurch im Sinne der Bauwirtschaft für eine österreichweite Strategie und Ressourcenplanung sorgen könnte?«
Reinhold Mitterlehner, Wirtschaftsminister: »Die aktuelle Aufgabenteilung im Bereich der Zulassungen und der entsprechenden behördlichen Verfahren ist in Österreich gesetzlich vorgegeben und liegt je nach Themenbereich beim Bund oder bei den Ländern. Die grundsätzliche Zuständigkeit für das Bauwesen haben jedoch die Bundesländer - ohne Einverständnis der Landesregierungen ist hier also keine Kompetenzänderung möglich. Unabhängig davon läuft die Kooperation zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften und den Unternehmen in Österreich im Wesentlichen gut und weisen gerade die Bauprodukte-Unternehmen einen hohen Innovationsgrad auf. Mitverantwortlich für längere Zulassungsverfahren bei den Ländern ist die steigende Komplexität der technischen Vorgaben, wobei hier vor allem EU-Rechtsakte zunehmend berücksichtigt werden müssen. Vor dieser Herausforderung steht nicht nur Österreich, sondern ganz Europa. Um auf diese Entwicklung zu reagieren, haben die Bundesländer mit dem Österreichischen Institut für Bautechnik (OIB) eine Koordinierungsplattform und Zulassungsstelle geschaffen. Damit ist gesichert, dass die Produkte unserer Bauprodukte-Unternehmen auch in Zukunft immer den neuen internationalen Qualitätsstandards entsprechen und dass Österreichs Interessen in Brüssel gut vertreten werden.«
Otto Ordelt, Geschäftsführer Knauf GmbH: »Was sagen Sie zu der Forderung von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl bezüglich der Wohnbauförderung (Wiedereinführung Zweckbindung zur Steigerung der Volumina bei Neubau und Sanierung; Anm. d. Red.) und wie geht das Land Steiermark mit diesen Mitteln in Zukunft um? Ist wieder eine allfällige Zweckbindung angedacht? Wie schaut es mit einer Inflationsanpassung aus? Und was sagen Sie zum Salzburger Wohnbauförderungsmodell, stellt dieses eine Option für die Steiermark dar?«
Johann Seitinger, steirischer Wohnbaulandesrat: »Natürlich unterstützen wir die Forderung von Christoph Leitl. Ein entsprechendes Antragsschreiben wurde bereits im Jahr 2010 durch den Steiermärkischen Landtag an die Bundesregierung übermittelt. In der daraufhin zugestellten Stellungnahme des Bundeskanzleramtes wurde festgehalten, dass im Finanzausgleich 2008 die Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse des Bundes an die Länder und Gemeinden in Ertragsanteile ohne Zweckbindung umgewandelt worden sind, und sich das Bundesministerium für Finanzen aus diesem Grund gegen eine bundesgesetzliche Zweckbindung für Zwecke der Wohnbauförderung der Länder ausspricht. Es wird jedoch vonseiten des Bundes auf die außerordentliche Bedeutung der Wohnbauförderung in sozialer, wirtschaftspolitischer und ökologischer Hinsicht hingewiesen. Und man geht davon aus, dass diese Aufgabe, die entsprechenden Mittel im Landeshaushalt zur Verfügung zu stellen, von den Ländern wie bisher in eigener Verantwortung, und auch ohne bundesgesetzliche Zweckbindung im Bewusstsein dieser Bedeutung wahrgenommen wird. Da die jährlichen Ausgaben für die steiermärkische Wohnbauförderung (inkl. Verpflichtungen an die Banken und Förderungswerber) mit 400 Mio. Euro weit über dem damaligen für die Steiermark zweckgebundenen Betrag von 238 Mio. Euro liegt, stellt das Land Steiermark jährlich schon wesentlich mehr Finanzmittel zur Verfügung, als der Zweckbindungsbetrag von 2008 ausmacht.
Wenn überhaupt, dann wäre also eine Zweckbindung von Landesmitteln speziell für neue Förderzusagen im Rahmen der Wohnbauförderung auf Landesebene sinnvoll.
Aufgrund der Budgetsanierungsmaßnahmen in der Steiermark ist derzeit aber an keine Zweckbindung gedacht. Wir versuchen, die Fördersätze so gut wie möglich an die wirtschaftlichen Entwicklungen, wie steigende Baukosten, anzupassen. Eine automatische Indexanpassung gibt es aber nicht.
Wir haben uns das Modell von Salzburg ebenfalls angeschaut, sind jedoch zu dem Schluss gekommen, dass in der Steiermark die Voraussetzungen für die Einrichtung eines solchen Wohnbaufonds, welcher aus den Rückflüssen und durch Bankenfinanzierungen gespeist wird, nicht möglich ist. In der Steiermark wurden in den letzten 15 Jahren neben der Streichung des Bundeszuschusses und der Verwendung der zweckgebundenen Wohnbaurücklagen zur Budgetsanierung auch die meisten Darlehensforderungen aus den gewährten Wohnbauförderungs-Landesdarlehen an die Bankinstitute verkauft.
Deshalb würde ein Umstieg von den jetzigen Förderungen mit Annuitätenzuschüssen auf eine Förderung mit Landesdarlehen den jährlichen Budgetbedarf massiv erhöhen, was in Zeiten der Budgetkonsolidierung recht schwer umsetzbar sein würde.«
Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau Holz: »Seit der Aufhebung der Zweckbindung kommt es immer wieder vor, dass die Wohnbaufördergelder nicht oder nicht ausschließlich für den Wohnbau eingesetzt werden. Das verteuert das Wohnen, schwächt die Kaufkraft und senkt die Steuereinnahmen. Warum werden vonseiten des Finanzministeriums keine Aktivitäten gesetzt, um leistbares Wohnen zu sichern?«
Maria Fekter, Finanzministerin: »Als Teil des Ergebnisses der Verhandlungen zum Finanzausgleich ab 2008 wurden die meisten Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse des Bundes an die Länder und Gemeinden in Ertragsanteile ohne Zweckbindung umgewandelt. Das erfolgte aus gutem Grund, denn nur durch den Entfall von Zweckbindungen kann die Aufgaben- und Ausgabenverantwortung für die Wohnbauförderung auf der Ebene der Länder zusammengeführt werden. Damit wurde im Übrigen auch einer langjährigen Forderung der Wissenschaft an den österreichischen Finanzausgleich entsprochen. Aus Sicht eines für die Gesamtfinanzen Verantwortlichen ist jede Zweckbindung, welche ja den Grundsatz der Gesamtdeckung durchbricht und damit die Effizienz der Haushaltsführung beeinträchtigt, kritisch zu sehen. Zweckbindungen verhindern, dass die Mittel für die Zwecke mit den jeweils höchsten Prioritäten eingesetzt werden. Diese Prioritätensetzung im Landeshaushalt ist alleinige Aufgabe der Länder, insbesondere der Landtage im Rahmen ihrer Budgethoheit. Mir ist die außerordentliche Bedeutung der Wohnbauförderung in sozialer, wirtschaftspolitischer und ökologischer Hinsicht bewusst, ich gehe aber davon aus, dass diese Aufgabe von den Ländern wie bisher in eigener Verantwortung und auch ohne bundesgesetzliche Zweckbindung im Bewusstsein dieser Bedeutung wahrgenommen wird und dabei die erforderlichen Mittel unter Abwägung der jeweiligen Erfordernisse des Landeshaushalts zur Verfügung gestellt werden.«