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»Wir sind Sparringpartner «

\"EmilEmil Weber im Interview.

Der Geschäftsführer der Beratergruppe M27 spricht über die Vormachtstellung der Hausbanken, Leichen im Keller und die Angst vor Investoren.

 

(+) plus: Sie haben mit »m-finance« ein neues Tool für KMU entwickelt. Für eine Unternehmensberatung eher untypisch, oder?

Emil Weber: Wir sind keine klassischen Strategieberater, sondern fokussieren unsere Dienstleistungen auf Wachstum. Dabei unterstützen wir die Unternehmen in den Bereichen internationale Vermarktung sowie Finanzierung. Gerade KMU konzentrieren sich meist sehr stark auf die technische Seite, das Finanzthema wird etwas stiefmütterlich behandelt. Die Wachstumspotenziale, die ein Produkt hätte, können dann oft nicht genutzt werden, weil das Geld fehlt. Für internationales Wachstum ist das Thema Finanzierung aber ein wichtiger Puzzlestein.
Bis vor wenigen Jahren hatte jedes KMU seine Hausbank – wenn Geld gebraucht wurde, hat man sich dort einen Kredit geholt. Der Kontakt des Bankdirektors oder Sachbearbeiters zum Kunden war sehr eng. Der Bankmanager konnte relativ autonom handeln. Das hat sich ganz stark geändert. Heute spielt bei der Kreditvergabe der Riskmanager die entscheidende Rolle. Die persönliche Einschätzung des betreuenden Sachbearbeiters ist unerheblich. Für uns Berater ergibt sich daraus ein interessantes Feld. Die Eigenkapitalausstattung der österreichischen Unternehmen ist im internationalen Vergleich viel zu gering. Wir haben uns deshalb schon frühzeitig mit Venture Capital, Private Equity und anderen Strategielösungen beschäftigt.

(+) plus: Wie können nun Unternehmen ihre Finanzstruktur verbessern?

Weber: Es gibt grundsätzlich drei Säulen der Finanzierung: Fremdkapital – das ist die klassische Bankfinanzierung –, Eigenkapital und staatliche Zuschüsse. Aus diesen drei Quellen speist sich ein Mix von Finanzierungsmitteln. Mit m-finance analysieren wir den Finanzierungsbedarf: Wo steht das Unternehmen jetzt? Wo wird es in den nächsten zwei bis drei Jahren sein? Wie hoch ist der Kapitalbedarf? Und wie sieht die optimale Finanzierung dafür aus?

Wir arbeiten mit dem Unternehmen die entsprechenden Unterlagen aus, erstellen Businesspläne, Beschreibungen des Wachstums und des Marktes. Wir helfen bei der Ansprache der richtigen Finanziers – ein Privat-Equity-Geber wird anders angesprochen als eine Bank. Und wir unterstützen den Kunden auch bei den Verhandlungen mit Finanz­investoren. Wir sind dabei auch zu einem gewissen Grad Übersetzer, die Sprache eines Entwicklers ist nämlich nicht die Sprache eines Kapitalgebers. Da gibt es oft frustrierende Erlebnisse: Der Unternehmer ist von seinem Produkt so überzeugt und will sein »Baby« dem anderen möglichst nahebringen. Der Finanzinvestor interessiert sich aber nicht für technische Details, sondern dafür, wie das »Baby« in fünf oder zehn Jahren ausschauen wird.

(+) plus:
Ist es auch möglich, einzelne Projekte zu finanzieren?

Weber: Durchaus. Viele österreichische Unternehmen sind in den letzten zehn bis 15 Jahren in den Osten gegangen, um die Potenziale in diesen Märkten zu nutzen. Ein typisches Projekt wäre etwa, in Rumänien ein Werk auszubauen oder neben der Produktionshalle einen Windpark zu errichten, um den eigenen Bedarf mit Alternativstrom zu decken. Wir wissen sehr gut über die internationalen Fördermöglichkeiten Bescheid und haben auch Experten vor Ort, die die Betreuung übernehmen.

(+) plus:
Private Equity-Investitionen sind infolge der Krise stark zurückgegangen. In Österreich waren diese Aktivitäten ohnehin immer sehr bescheiden. Woran liegt das?

Weber: An der klassischen Struktur der Bankenfinanzierung. Deutschland und Österreich sind von den Hausbanken geprägt. In England beispielsweise hatten die Banken nie diese Funktion der Gesamtfinanzierung eines Unternehmens. Dort gab es immer schon Märkte, die Eigenkapital in Form von Beteiligungen zur Verfügung stellten.

Was auch oft vergessen wird, sind strategische Investoren. Wir haben im Vorjahr zwei Akquisitionen über die Bühne gebracht. Wenn ich ein interessantes Produkt oder Verfahren entwickelt habe, ist eine große Firma, die auf der ganzen Welt Vertriebsorganisationen hat, ein möglicher Ansprechpartner. Das bringt zwei Vorteile: Kapital und Marktzugang. Denn es klingt immer so einfach, aber wie komme ich etwa nach Brasilien? Klinken putzen ist der teuerste Weg.

(+) plus: Spielt nicht auch die Angst mit, unternehmerische Entscheidungen völlig aus der Hand zu geben, wenn man sich einen Investor ins Boot holt?

Weber: KMU sind in vielen Fällen vom Eigentümer geprägt. Hier besteht eine Urangst, dass der Große ihn frisst. Das auszuräumen gelingt nicht immer. Natürlich hat der Investor ein strategisches Ziel und will auch kontrollieren und steuern. Die Kunst liegt darin, dem Unternehmer vorher in allen Facetten klarzumachen, was auf ihn zukommt. Ob er dann diesen Hebel nutzen will, um international zu wachsen, muss letztlich er selbst entscheiden.

(+) plus: Gibt es Fälle, in denen Sie raten, unabhängig zu bleiben?

Weber: Das kommt auch vor. Als Berater sollten wir uns in kürzester Zeit ein möglichst umfassendes Bild des Unternehmens machen, um dann eine gute Entscheidung vorzubereiten. Es gibt aber Unternehmer, die sehr zurückhaltend sind und Informationen und Daten nur zögerlich weitergeben. Dann stellen wir manchmal fest: Hätten wir alles schon zu Beginn gewusst, wäre unsere Empfehlung durchaus anders ausgefallen. Wenn irgendwo im Keller hässliche Leichen lagern, hilft das niemandem. Man erlebt immer wieder Überraschungen.

(+) plus: Welche Position nehmen Sie dabei ein?

Weber: In der Analyse wird geklärt, welche Art von Kapital für das Unternehmen oder Projekt in welcher bestimmten Phase benötigt wird. Die Strukturierung ist wesentlich: Wie setze ich das Puzzle zusammen, damit es für das Unternehmen optimal ist – das richtige Kapital zur richtigen Zeit. Dazu muss ich mich mit der Wachstumsphilosophie des Unternehmens befassen, die Strategie abklopfen. Wir sind in vielen Fällen Sparringpartner der Unternehmen. Viele unserer Berater kommen aus der internationalen Vermarktung. Wenn mir der Unternehmer erzählt, er werde in fünf Jahren mit seinem neuen Produkt fünf Milliarden Euro Umsatz machen, muss ich das sehr wohl hinterfragen: Wie schafft er das vertriebstechnisch, personell, strukturell? Im Gespräch gibt es dann oft Aha-Erlebnisse.

Sie müssen sich vorstellen: Mit wem kann der Unternehmer denn ohne »hidden agenda« sprechen, das heißt, ohne dass der Gesprächspartner einen Vorteil daraus zieht? Im familiären Bereich gibt es immer hidden agendas, das ist ganz normal. Wenn Sie mit leitenden Angestellten, mit Lieferanten, mit Kunden sprechen, gibt es das natürlich auch. Wem können Sie sich als Unternehmer also ohne Befürchtungen öffnen? Eigentlich nur uns. Wir bekommen keine Provision von Banken oder Private-Equity-Firmen. Wir sind völlig neutral. Da spielt auch die Konsistenz der Informationen hinein, wenn Sie mit mehreren Stellen verhandeln. Unsere Aufgabe ist daher auch, den gesamten Prozess zu begleiten und die Unterlagen in sich plausibel zu halten.

(+) plus: Wie läuft ein Finanzierungsprozess idealerweise ab?

Weber: Am Anfang steht die Analysephase – anhand von Unterlagen, Gesprächen und persönlichen Besuchen machen wir uns ein Bild vom Unternehmen und dem geplanten Projekt und loten die Wachstumspotenziale aus. In der Strukturierungsphase definieren wir darauf basierend, wie viel und welches Kapital wann benötigt wird. Die dritte Phase ist die Transaktionsphase. Hier helfen wir dem Unternehmen, das Kapital tatsächlich zuzuführen. Unsere Aufgabe ist dann erledigt, wenn das Geld am Konto ist. Wir haben aber viele Kunden, die uns auch danach noch laufend als beratende Begleiter einbinden.

Der gesamte Prozess dauert je nach Komplexität zwischen sechs und 18 Monaten. Wenn zum Beispiel Unternehmensteile ver­kauft oder Investoren gesucht werden müssen, ist die Abwicklung aufwendiger. Manchmal müssen auch juridische Details geklärt werden. Die Analysephase dauert ein bis zwei Monate. Wir müssen verstehen, wie der Unternehmer tickt, wo er hin will, welche Probleme er sieht. Gerade die einfachsten Fragen sind oft am schwierigsten zu beantworten.

 

>> KMU-Finanzierung nach Maß:

Die Kreditvergabe ist restriktiver, insbesondere die Anforderungen an Eigenkapitalquoten haben sich verschärft — Alternativen zur klassischen Bankfinanzierung sind gefragter denn je. Mit »m-finance« hat die Beratergruppe M27 ein Spezialprodukt für strategische Partnersuche entwickelt, das auch alle anderen Instrumente zum Thema Finanzierung — von Eigen- und Hybridkapital bis hin zu Förderungen — umfasst.

Das Tool ermöglicht dank einer Datenbank mit über 200 Investoren eine rasche Selektion nach Branchen, Investitionsvolumen und Kapitaltyp. In Kombination mit Förderungen oder Sicherheiten seitens Bund und Land kann damit der Hebel für die Restfinanzierung durch Banken, Leasing, Factoring oder andere Finanzierungslösungen geschaffen werden.

Die Kundenpalette führt quer durch alle Branchen: Für Baumit generierten die Berater ein Paket an Förderungen für innovative Entwicklungen im Baustoffbereich sowie für Investitionen zur Reduktion der Umweltbelastung. Die Prinz GmbH, einer der drei größten Kettensägenhersteller weltweit, wurde bei der Optimierung der Vertriebs- und Marketingstrukturen unterstützt. Die Shoe&Shirt-Gruppe, die unter anderem die renommierte Kinderschuhmarke Richter vertreibt, wickelte mithilfe der M27-Berater den Kauf zweier Unternehmen in Frankreich und Ungarn ab, abgesichert durch Finanzierungen und Haftungen der staatlichen Förderbank aws.

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