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Raus aus der Krise

Kühlen Kopf bewahren und rechtzeitig aktiv werden – so lautet das Erfolgsrezept, um wirtschaftlich schwierige Zeiten gut zu überstehen. Eine Studie der Karmasin Motivforschung im Auftrag der Wirtschaftskammer liefert einen Wegweiser durch die Krise.

 

Hinterher ist man immer gescheiter. Und so fanden sich unter den 50 Unternehmern, die im Rahmen der Studie befragt wurden, einige, die künftig in einer ähnlichen Situation noch früher Maßnahmen setzen würden. »Der Grundtenor lautet: Man hätte noch sensibler sein müssen, um kleine Anzeichen rechtzeitig zu erkennen«, sagt Studienleiterin Sophie Karmasin.

Die 50 Geschäftsführer oder Eigentümer österreichischer Unternehmen wurden quer durch alle Branchen und Betriebsgrößen breit gestreut. Alle vereinte ein Umstand: Sie haben innerhalb der vergangenen drei Jahre eine wirtschaftliche Notsituation erfolgreich überstanden. In qualitativen Interviews wurden die Ursachen und Lösungsstrategien vor allem auch aus psychologischer Sicht beleuchtet.

»Uns geht es auch um Hilfestellung für jene, die vielleicht erst jetzt die Krise erreicht hat«, sagt Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, die gemeinsam mit dem Fachverband Unternehmensberatung und IT (UBIT) die Erhebung initiiert hatte. Die erfolgreichen Beispiele sollen anderen als Orientierung dienen, die Wirtschaftskammer will ihre Hilfspakete weiter optimieren.

Verkettung von Problemen
Die ersten Anzeichen der Krise waren für die befragten Unternehmer auf mehreren Ebenen und gleichzeitig spürbar. Am stärksten zeigten sich jedoch projektbezogene Warnsignale, die aber zum damaligen Zeitpunkt unterschätzt wurden. Aufträge gingen zurück, verzögerten sich oder wurden plötzlich storniert. Dazu kamen oft veränderte Lieferbedingungen. Fehlentscheidungen rächten sich in dieser angespannten Situation doppelt: »Wir wollten ein neues Geschäftsmodell auf den Markt bringen, das aber nicht angenommen wurde«, erzählte etwa ein Unternehmer.

Unter den finanziellen Anzeichen nannten die Betroffenen vor allem den erhöhten Preisdruck durch Mitbewerber und Lieferanten als Hauptgrund für die Misere. Verzögerte oder gar ausbleibende Zahlungen der Kunden bei gleichzeitig extrem verkürzten Zahlungsmodalitäten seitens der Lieferanten verschärften die finanzielle Lage zusehends. Als Hemmschuh erwiesen sich abermals defizitäre Projekte: »Wir haben viele Investitionen getätigt, aber es ist nicht so angelaufen, wie wir gehofft haben«, lautete eine typische Aussage.

Stellten sich letztlich auch noch Veränderungen im Kundenverhalten ein – etwa durch längere Entscheidungsphasen –, war die Krise nicht mehr aufzuhalten. Als Einzelproblem wäre jeder dieser Umstände vermutlich noch lösbar gewesen, in der multikausalen Verkettung führten die Schwierigkeiten jedoch geradewegs und unerbittlich zum Super-GAU.

Erfolgsstrategien
Nach dem ersten Schock waren meist »eine große Portion Selbstkritik und rasches Handeln« vonnöten, meint Alfred Harl, Obmann des Fachverbands UBIT. Als Basis für weitere Strategien erwiesen sich die Sicherstellung der Finanzierung sowie eine umfassende Kostenreduktion. »Trenn dich von allem, was du nicht brauchst«, lautete der Grundsatz für die erforderlichen Einsparungsmaßnahmen. Die Kontaktaufnahme mit Banken und Gläubigern bedeutete für viele Betroffene einen Canossagang, war aber unerlässlich, um Möglichkeiten wie Stundung von Kreditraten oder die Vereinbarung neuer Konditionen ausschöpfen zu können. Schließlich ist die Wahrung der Liquidität in Krisenzeiten oberstes Gebot. Der Kundenorientierung, Neukundengewinnung sowie Kundenbindung galten die nächsten Schritte. Das offensive Zugehen auf Kunden war von vielen Unternehmern schon länger vernachlässigt worden – die aufwendige Akquisitionsarbeit demnach ein ungewohntes Pflaster. Die Mühsal trug jedoch in den meisten Fällen Früchte, vor allem, wenn Kunden in bisher nicht kontaktierten Sparten oder Branchen angesprochen wurden. Parallel dazu erwies sich der direkte, persönliche Kontakt als wichtigstes Instrument in bestehenden Kundenbeziehungen. In dieser bedrückenden Lage Optimismus zu versprühen, war wohl schwierig. Den Kunden Beständigkeit zu vermitteln, konnte dennoch hilfreich sein.

Schlanker und jünger
Zur generellen Optimierung des Unternehmens zählte auch die Anpassung des Angebots. Die Rückbesinnung auf Qualität, Konzentration auf Marktnischen und Abgrenzung von Mitbewerbern können in diesem Sinn sogar als positive Verjüngungskur verstanden werden – ohne Krise hätte die bewusstere Ausrichtung auf Nachfrage und Trends vermutlich nicht stattgefunden. Die Frage »Was kannst du wirklich gut?« führte bei vielen Unternehmern zum Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen. Einige wagten gar den Sprung nach vorne und entwickelten neue Produkte, erschlossen neue Geschäftsfelder und Branchen oder gründete neue Unternehmenszweige.

Unter dem Motto »Plane dein Unternehmen neu« wurden interne Strukturen schlanker sowie Organisationsabläufe effektiver gestaltet. Auch die Rückholung ehemals ausgelagerter Bereiche, etwa der Buchhaltung, waren aus Kostengründen eine Überlegung wert. Als Stütze in allen Phasen der Krise wirkte die starke Bindung zu den Mitarbeitern. Grundvoraussetzung war jedoch die ehrliche und offene Kommunikation über die wirtschaftlichen Probleme. Je enger die Mitarbeiter in Entscheidungen einbezogen wurden, desto verständnisvoller reagierten sie in der Regel auf Umstrukturierungen.

Die Notwendigkeit von Marketingmaßnahmen, der Aufbau von Netzwerken und nicht zuletzt die Schärfung der eigenen Unternehmerqualitäten sind weitere Lehren, die die Befragten aus ihrer persönlichen Krisengeschichte zogen.

Fit ins neue Jahr
Auch die Wirtschaftskammer will, alarmiert durch die Ergebnisse der Studie, ihre Angebote für gefährdete Unternehmen unter dem Titel »Fit 2010« weiter ausbauen. Unter www.checkdeinbusiness.at können speziell EPU und KMU einen ersten objektiven Überblick über ihre betriebliche Situation einholen. Mittels Online-Fragebogen werden etwa die Auftragslage, die finanziellen Rahmenbedingungen und der Personalstand abgeklärt und ausgewertet. Die Unternehmer erhalten sofort Feedback, in welchen Bereichen Maßnahmen nötig sind, sowie Informationen zu weiterführenden Angeboten.

Ein persönlicher Erst-Check kann auch am Sprechtag Unternehmenssicherung (nächster Termin: 20. Jänner 2010) eingeholt werden. Auch hier gibt schon erste konkrete Tipps.

Mit einem Servicepaket können beispielsweise gemeinsam mit Unternehmensberatern Lösungsvorschläge für das strauchelnde Unternehmen erarbeitet werden. Die erste vierstündige Bestandsaufnahme wird zur Gänze von der Wirtschaftskammer Wien finanziert. Für weitere 24 Stunden Beraterleistung kann eine bis zu 75-prozentige Förderung in Anspruch genommen werden. »Mit unseren Angeboten wollen wir die Unternehmer unterstützen, sich rasch ein detailliertes Bild ihrer betriebswirtschaftlichen Situation zu machen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen«, sagt Jank. »Fit 2010 ist eine gute Möglichkeit, sich schon jetzt aktiv für das neue Jahre zu rüsten.«

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