Menu
A+ A A-
Warnung
  • JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 72

Grüner Kraftprotz auf Schienen

\"Stop-and-Go-Verkehr.Schienenfahrzeuge mit Hybridantrieb liegen im Trend.

 

 

Alstom entwickelt eine neue Plattform für Rangierloks mit drei Achsen. Das modulare Konzept verspricht bis zu 50 % Treibstoffeinsparung.

Von Raimund Lang.

Klaus Hiller gehört zu jener Sorte Vollbluttechnikern, die ihr Fachwissen mit anschaulichen Vergleichen zu vermitteln wissen. Die Tätigkeit einer Rangierlokomotive erklärt er zum Beispiel so: »Stellen Sie sich einen Kleinwagen vor, der einen fünf Tonnen schweren Anhänger zieht – und zwar im zähflüssigen Stadtverkehr«, sagt der Leiter des Geschäftsbereichs Service und Lokomotiven bei Alstom Deutschland. Tatsächlich hat Rangieren auf Schienen gewisse Ähnlichkeit mit dem ungeliebten Stop-and-Go-Verkehr, den jeder Autofahrer kennt. Meist werden nur kurze Strecken von höchstens ein paar tausend Metern zurückgelegt, bei niedrigen Geschwindigkeiten bis etwa 15 Kilometer pro Stunde. Häufiges Abbremsen, Stoppen und Wiederanfahren sind die Regel. Eine Spezialanwendung des Eisenbahnwesens, für die sich ideal das noch junge Konzept des effektiven und damit energiesparenden Hybridantriebs eignet. Der französische Konzern Alstom hat auf der diesjährigen Branchenmesse Innotrans in Berlin eine neue Plattform für dreiachsige Rangierloks mit Hybridantrieb vorgestellt. Laut Unternehmen sparen die neuen Loks im besten Fall die Hälfte des bisher benötigten Treibstoffs ein.

>> Ausgereiftes Konzept <<

Beim Rangieren benötigt man kurzfristig hohe Leistungen, um den Reibwiderstand der Zuglast zu überwinden. Je nach Zuglast bis zu 1.000 Kilowatt, über den Tag gerechnet beträgt die durchschnittliche Leistung dagegen nur ein Zehntel bis Zwanzigstel davon. »In der Regel läuft eine Rangierlok bis zu 18 Stunden am Tag, 4.000 bis 5.000 Stunden pro Jahr«, sagt Hiller. Aus diesen Charakterisierungen erschließt man unschwer, dass ein Hybridantrieb hier Sinn machen könnte: Eine kräftige Batterie ergänzt den diesel­elektrischen Antriebsstrang. Sie ist so ausgelegt, dass sie genug elektrische Leistung für fast alle Betriebsarten vom Grundverbrauch im Stand bis zum Anfahren liefert. Nur bei extrem hohe Lasten und starker Beschleunigung schaltet sich der Generator ein und liefert die fehlende Energie. Zudem lädt der Generator die Batterie auf. »Wir haben die Hybridlok sechs Jahre getestet, das Konzept ist ausgereift«, betont Hiller. Mit der völlig neuen Lokomotiv-Plattform H3 bekommt der Hybridantrieb von den Alstom-Ingenieuren nun ein ganz neues maschinenbauliches und elektrotechnisches Zuhause.

>> Günstiger und effektiver <<

Alle H3-Züge haben eine Spitzengeschwindigkeit von 100 km/h, einen Kurvenradius von 60 Metern und bieten je nach Ausführung bis zu 1.000 Kilowatt Leistung. Gegenüber der aktuellen V100-Plattform wurde außerdem eine Achse eingespart. Drei Achsen reichen für die nötige Zugkraft aus, um so gut wie sämtliche in Europa üblichen Rangierlasten abzudecken. »Eine vierte Achse würde den Kaufpreis der Lok um rund 200.000 Euro erhöhen«, sagt Hiller. »Für einen Mehrwert, den nur eine Minderheit von Anwendern benötigt.« Gegenüber herkömmlichen Rangierlokomotiven derselben Leistungsklasse soll diese Technologie zwischen 30 und 50 % Diesel einsparen. Die Hybridvariante ist das Leitprodukt der neuen H3-Familie. Doch auch die anderen Antriebsvarianten sollen ihr Publikum finden. Da gibt es etwa die Dual-Engine: In dieser Version hat die Lok keine Batterie, dafür aber zwei Generatoren, die bis zu 700 Kilowatt im Dauerbetrieb leisten. Wird weniger Kraft benötigt, schaltet man einfach einen der beiden ab. Hier liegt die Treibstoffersparnis bei bis zu 25 %. »Die Hybrid-Lok ist halbstark, die Dual-Engine mittelstark«, bringt es Klaus Hiller auf den Punkt. »Wenn man richtig Power braucht, gibt es die Single-Engine-Variante.« Diese hat nur einen Motor an Bord, dafür einen, der mit 1.000 Kilowatt sowohl für den Rangierdienst als auch für leichten Streckendienst bis 100 Kilometer Fahrweg in Frage kommt.

>> Akku-Lokomotive <<

Die vierte und damit letzte Variante benötigt überhaupt keinen Dieseltreibstoff. Als sogenannte Akku-Lokomotive ist die H3 dabei mit zwei Nickel-Cadmium-Batteriepacks ausgerüstet. Die Spitzenleistung beträgt zwar die rangiertypischen 700 Kilowatt, dafür speichern die Akkus allerdings nur so viel Energie, wie man bräuchte, um eine 100-Watt-Glühbirne 2.000 Stunden lang leuchten zu lassen. Zwei bis drei Stunden lässt sich bei konstanter Geschwindigkeit arbeiten, dann muss die Lok an die Steckdose. Denkbar sind Anwendungen im städtischen U-Bahn-Bau oder für Unternehmen, die nur wenige Transporte mit konstanter Last auf unbehindertem Gelände zu erledigen haben. Auch für den Betrieb in Hallen, wo Verbrennungsmotoren wegen der Schadstoffentwicklung nicht erlaubt sind, kommt die Akku-Lok in Frage.

More in this category: « Danke, 1 %! Voneinander lernen »
back to top