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Am Gastropf

Diversifizierung der Gasversorgung alleine wird die Abhängigkeit Europas von Importen nicht verringern. Auch die Nachfrage muss durch geeignete Maßnahmen kleiner werden, meinen die Energieexperten Mangott und Schleicher.

Die Abhängigkeit der EU von Gasimporten wird steigen – wie stark, hängt von der Nachfrage in den nächsten 20 Jahren ab, warnte Gerhard Mangott, Professor für internationale Politik an der Uni Innsbruck, anlässlich eines Vortrages im Club Niederösterreich. Von den derzeit 62 % Importanteil könne die Abhängigkeit Europas, auch aufgrund rückläufiger Binnenproduktion, auf bis zu 90 % steigen. Daher müsse Europa die Gasversorgung diversifizieren, um sich von den Hauptlieferanten Russland, Norwegen und Algerien unabhängiger zu machen. Aber auch bei den Versorgungsleitungen müsse sich die EU um Diversifizierung bemühen, betonte Mangott.

Unsichere Lieferanten für Nabucco
Die Gasleitungsprojekte, die als Alternative zu den bestehenden aus Russland projektiert sind, beurteilt Mangott allerdings skeptisch. Für die unter der Führung der OMV geplante Nabucco-Pipeline sei Ägypten als Lieferant nicht realistisch, der Irak zu volatil, Turkmenistan und Aserbeidschan seien aufgrund des Streites um die Gasfelder im kaspischen Meer unsicher. Diese beiden Länder seien darüber hinaus nicht in der Lage, die für eine langfristige Sicherstellung der Pipeline notwendigen Gasmengen zur Verfügung zu stellen, so Mangott.

Russland braucht Abnehmer EU
Allerdings sei Russland umgekehrt auch auf die EU als Abnehmer angewiesen, meint der Politikexperte. Der russische Konzern Gazprom liefert zu rund zwei Dritteln in die EU. Und solange Russ­land keine Kapazitäten für LNG (Flüssiggas) entwickelt, das per Schiff in andere Regionen transportiert werden kann, werde das so bleiben. Gleichzeitig verkauft Gazprom aufgrund der niedrigen Gaspreise im Inland einen Großteil des geförderten Erdgases am Binnenmarkt – heuer werden es laut Mangott 420 von 600 Milliarden Kubikmetern Erdgas sein. Russland habe zwei Möglichkeiten, diesem Dilemma zu entkommen: entweder eine Senkung des Binnenkonsums durch energiesparende Maßnahmen oder die Exploration neuer Erdgasfelder beziehungsweise der Zukauf von billigem Gas. Fazit Mangotts: Zwar müsse sich die EU von russischem Gas unabhängiger machen, derzeit sieht er allerdings Russland als den einzigen verlässlichen Partner für die Versorgung Europas mit Erdgas an.
Zumindest Ersterem stimmte der Energieexperte Stefan Schleicher zu: »Jede Reduktion der Abhängigkeit von Russ­land kann nur positiv sein!« Schleicher legt allerdings mehr Gewicht auf die Erhöhung der Versorgungssicherheit durch Nachfragemanagement. Konkret würde das die Rücknahme von Gas aus dem Niedertemperaturbereich bedeuten, sprich eine massive Erhöhung der thermischen Qualität von Gebäuden. Weiters sollte zur kombinierten Erzeugung von Wärme und Elektrizität übergegangen werden.
Der Vermutung Schleichers, dass Russ­land langfristige Gaslieferverträge nicht einhalten könne oder wolle, widersprach Mangott: Die derzeitige Leitungsstruktur in Russland lasse eine Abkehr nicht so einfach zu. Denn auch wenn sich das Land entschließen würde, in die LNG-Produktion einzusteigen, werden die derzeitigen Lieferverträge ausgelaufen sein, bevor Russland das Flüssiggas auf den Markt bringen kann, so Mangott.
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