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Gute Mitarbeiter werden rastlos

 

 

\"MarionMarion Weber im Interview.

Die Partnerin bei Kienbaum Consultants über klare Ziele, Goldfischteiche und die Frage nach dem übernächsten Schritt.

(+) plus: Welche Eigenschaften begünstigen eine Blitzkarriere?

Marion Weber: Zunächst ist es wichtig, ein konkretes Ziel zu haben, zu wissen: Da will ich hin. Kreativität kann nicht schaden, aber das Ziel klar vermitteln zu können, ist eine Grundvoraussetzung, um Banken oder Geschäftspartner zu überzeugen. Dann braucht es die Kraft, Energie und Dynamik für die Umsetzung und die Hartnäckigkeit, dran zu bleiben. Der dritte Faktor ist ein gutes Gefühl für Menschen. Viele Gründer waren erfolgreich, weil sie die richtigen Leute ins Unternehmen geholt haben. Das ist ein schwieriger Schritt: ein Team aufzustellen und diese Leute auch zu halten. Ich kann noch so genial sein – wenn ich in meinem Umfeld alle vor den Kopf stoße, wird es weniger wahrscheinlich, diesen Erfolg umsetzen zu können.

(+) plus: Wie wichtig ist die Ausbildung?

Weber: Als Personalberaterin würde ich natürlich sagen, eine Grundausbildung ist wichtig. Man sieht aber, dass einige sehr erfolgreiche Gründer irgendwann aus dem Bildungssystem ausgestiegen sind, um diesen unternehmerischen Zug zu leben. Gute Ausbildung hilft eher bei einer klassischen Konzernkarriere. Die Rahmenbedingungen können den Erfolg begünstigen: Das kann eine gute Ausbildung oder ein Netzwerk sein, aber auch ein familiärer Background, der die erste Stufe auf der Trittleiter erleichtert. Und manchmal kommt auch ein Quäntchen Glück dazu.

(+) plus:
Spielt Charisma auch eine Rolle?

Weber: Charisma kann man nicht lernen. Es hilft, wenn man es hat. Aber ich glaube nicht, dass jeder eine charismatische Führungspersönlichkeit sein muss. Davon gibt es auch wenige.

(+) plus: Wie entdecken Sie Talente?

Weber: Wir suchen ein möglichst komplettes Bild des Marktes, und zwar auf unterschiedlichen Wegen. Einerseits ist es der strukturierte Suchprozess, der natürlich nach Qualifikationen geht. Dazu lasse ich ein Anforderungsprofil über unser Researchteam abtesten. Außerdem spreche ich mit den zehn wichtigsten Leuten im Markt und frage nach Empfehlungen. Wenn ich nur nach dem Lebenslauf gehe, würde das eine oder andere potenzielle Talent herausfallen. Deshalb brauche ich andere Quellen. Viele Kandidaten aus der Internetszene haben keine abgeschlossene Ausbildung oder häufig die Firma gewechselt, eigene Unternehmen gegründet, aus denen teilweise nichts geworden ist, und daher auch Mut zum Scheitern bewiesen. Sie haben aber eben nicht den schönen, geradlinigen Lebenslauf, der in manchen Konzernen noch immer gefragt ist.

(+) plus: Gibt es geradlinige Karriereverläufe überhaupt noch?

Weber: In der klassischen Konzernkarriere schon noch. Es weicht sich aber ein wenig auf. Im Zuge der Internet-Bubbles um das Jahr 2000/2001 haben viele Leute, die heute um die 40 sind, eigene Firmen gegründet. Das war die erste Generation, die einen Karrierebruch in Kauf genommen hat. Die Führungskräfte, die jetzt Kandidaten einstellen, haben noch ein anderes Karrierebild vor Augen: Man kommt in einem Unternehmen unter und bleibt dort 30 Jahre bis zur Pension. Die jüngere Generation sieht das nicht mehr so. Die honoriert durchaus, dass jemand auch eine Gründungserfahrung oder einmal ein Sabbatical gemacht hat.
Trotzdem sollte man ein sehr klares Ziel verfolgen. Beim nächsten Schritt muss man immer den übernächsten mitdenken. Wir Personalberater fragen immer »Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?«. Das macht schon Sinn: Wenn sich jemand in sieben Jahren als Vorstand in einem Konzern sieht, würde ich stark davon abraten, sich jetzt selbstständig zu machen oder in ein kleines Unternehmen zu gehen.

(+) plus: Wie können Unternehmen begabte Leute in den eigenen Reihen identifizieren und fördern?

Weber: In einem guten Personalentwicklungsprozess werden regelmäßig Mitarbeiterbeurteilungen erstellt und gemeinsam mit den Mitarbeitern Karrieremodelle definiert. Einige Konzerne machen auch in größeren Abständen Developmentcenter, für die intern Mitarbeiter nominiert werden. High-Potential-Pools, die berühmten »Goldfischteiche«, sind eine sehr gute Methode, um Talente zu erkennen und weiterzuentwickeln. Ich persönlich halte auch viel von Mentoring-Systemen. Gerade gute Mitarbeiter werden nach einigen Jahren im Unternehmen rastlos. Üblicherweise sind das Leute, die nicht die nächsten 15 Jahre denselben Job machen wollen, sondern eine Erweiterung ihrer Aufgaben anstreben. Wenn sich im Unternehmen keine weiteren Karriereschritte abzeichnen, landen sie bei uns.

(+) plus: Sind das tendenziell eher Männer?

Weber: Frauen sind meist schon zwischen 30 und 40 aus dem klassischen Karrieremodell herausgekippt. Das sind Frauen mit toller Persönlichkeit, sehr gut ausgebildet und für Führungspositionen durchaus geeignet – aber sie gehen bewusst in eine Position, die sie komfortabler mit den Kindern vereinbaren können. Das ist sehr schade, denn die Unternehmen verzichten dadurch auf 50 Prozent ihres Potenzials. Einige Unternehmen beginnen langsam umzudenken und entwickeln Strategien, um diese Frauen zu halten. Aber ich kenne keines, das dieses Problem schon zufriedenstellend gelöst hat.

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