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High Tech Hilfen

Globalisierung ohne Nebenwirkungen - ist das überhaupt noch möglich? Oder ist es schon ein Naturgesetz, dass Unternehmen von Analysten, Shareholdern und geldgeilen Managern vor sich her getrieben werden? Kann man noch in Dekaden statt Quartalen denken und trotzdem Weltmarktführer sein? Aber vielleicht wird man gerade deswegen Marktleader und bleibt das dann auch. Sicher, mit anspruchsloser Massenproduktion wie T-Shirts gewinnen die Europäer kein Leiberl mehr. Werden hier die Chinesen zu teuer, dann finden sich notfalls im Bergland von Laos neue Kindersklaven, die um einen Bettel schuften. Bei Hightech sieht die Lage anders aus. Otto Bock ist so ein Unternehmen, das fast schon unzeitgemäß anmutet, ein Familienbetrieb wie von einem anderen Stern. Tragödien und Triumphe lagen immer nahe beieinander. Bereits 1919 gründete der deutsche Orthopädiemechaniker und Namensgeber Otto Bock seine Berliner Firma, um die zahllosen Kriegsversehrten mit Prothesen zu versorgen - und war der Erste, der statt auf Handwerk auf industrielle Serienfertigung und neue Vertriebswege setzte. Zyniker können der Meinung sein, dass man basierend auf dem Elend der Invaliden ein kleines Imperium geschaffen hat, oder das Unternehmen gar als Kriegsgewinnler abstempeln. Die Betroffenen könnten das freilich anders gesehen haben. Die Verfügbarkeit von preiswerten und trotzdem hochwertigen Prothesen dürfte so manchen Neuanfang wenn schon nicht ermöglicht, so doch zumindest unterstützt haben. Bock war immer ein rastloser Forscher, immer auf der Suche nach neuen, besseren Materialien und Produktionstechniken. Als Erster führte er beispielsweise Aluminium als leichtes und trotzdem stabiles Ausgangsmaterial ein, später Kunststoffe.
Drei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg traf das Unternehmen ein harter Schlag. Das gesamte Privatvermögen der Familie und die Fabrik wurden entschädigungslos enteignet. Der Neubeginn in Nachkriegsdeutschland fand in Niedersachsen statt. Hier hatte Otto Bocks Schwiegersohn Max Näder seit 1946 eine neue Fertigungsstätte aufgebaut. Trotz schwieriger Verhältnisse startete bald nach dem Krieg die weltweite Expansion. In den Fünfzigerjahren setzte man zum Sprung in die USA an, Ende der Sechziger folgte österreich. Zuerst ist Bock in Salzburg aktiv, später in Wien. Die Bundeshauptstadt bietet für das Unternehmen vor allem durch ihre Nähe zu universitären Forschungseinrichtungen und Kliniken optimale Strukturen. Wien wird in den folgenden Jahrzehnten daher schnell zu einem der wichtigsten Standorte für Forschung und Entwicklung, die im Technologiezentrum Kaiserstraße im siebten Bezirk angesiedelt ist. Produktion, Vertrieb oder Schulungen werden in Wien Simmering abgewickelt. Ein Blick auf die wirtschaftlichen Eckdaten zeigt die zentrale Bedeutung der österreichischen Tochter. In Wien sind 110 Mitarbeiter im Bereich F&E tätig, beinahe die Hälfte aller weltweiten Otto-Bock-Forscher. Der Umsatz 2007 lag bei rund 66 Mio. Euro, das sind deutlich über zehn Prozent des Gesamtumsatzes. Die heimische Handelsbilanz wird ebenfalls kräftig aufpoliert: Der Exportanteil liegt jenseits der knackigen 90-Prozent-Marke. Da Otto Bock in mehrfacher Hinsicht ein ungewöhnliches Unternehmen ist, werden die weltweiten Vertriebsaktivitäten nicht wie eher üblich über eine Matrixorganisation gesteuert, sondern über regionale Vetriebspräsidenten. Das führt dann dazu, dass der Vertrieb für Westeuropa in österreich sitzt, der für Osteuropa hingegen in Deutschland.
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