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Wo niemand zuvor gewesen ist

Report: Sie wurden im vergangen Jahr vomBeratungsunternehmen Ernst & Young als »Entrepreneursof the Year« ausgezeichnet, vomWall Street Journal gab´s den Technologieinnovationspreis,dazu noch den renommierten RedHerring Award. Was bedeuten Ihnen diese Auszeichnungen?
Schröter: Ich sehe diese Preise als Auszeichnungvon dritter Seite für unsere Pionierarbeitin einem neuen Technologiefeld.

Report: Was kann sich der Laie unter diesemneuen Technologiefeld vorstellen?
Schröter: Nanoident ist im Bereich der gedrucktenHalbleitertechnologie tätig. Wir arbeitenmit flüssigen Kunststoffen, die über ähnlicheEigenschaften verfügen wie Silizium. Allerdingsmit dem großen Vorteil, dass man mit dieserTechnologie die Halbleiter wie Farben druckenkann. Wir beschäftigen uns ausschließlich mitder optoelektronischen Sensorik. Dabei handeltes sich um Bauelemente, die Licht in elektrischeSignale umwandeln. Einfachstes Beispielsind Lichtschranken, wie sie etwa bei Aufzügenzum Einsatz kommen, um zu verhindern, dassjemand eingeklemmt wird. Was wir machen, ist,diese lichtempfindlichen Bauteile auf Folien oderGlas zu drucken.

Report: Welche Vorteile bietet diese Technologieim Vergleich zur herkömmlichen Methode?
Schröter: Der größte Vorteil ist die Flexibilität.Wir können sehr großflächig drucken beisehr geringem Gewicht. Zudem lässt sich dieSpektralempfindlichkeit der Detektoren für jedeAnwendung über die Materialien einstellen, dasheißt, wir brauchen keine optischen Filter.

Report: In welchen Bereichen istder Kunde mit Nanoident-Technologie konfrontiert?
Schröter: Wir haben in den letzten vierJahren daran gearbeitet, die Technologieproduktionsreif zu machen. Wir sind auchdie Ersten, die das geschafft haben. Wir habenin Linz eine Fabrik aufgebaut, die seitMärz 2007 in Betrieb ist. Dort können wiroptoelektronische Sensoren auf Kunststoffoder Glas drucken.

Report: Welche Anwendungsbeispielegibt es für diese Technologie?
Schröter: Ein klassisches Anwendungsbeispiel,mit dem wir auch demnächst inden Markt gehen werden, ist das »Lab-ona-chip«. Dabei handelt es sich um ein vollausgerüstetes Labor in Scheckkartengröße,das für Wassertests oder medizinischeTests eingesetzt werden kann. Das »Labon-a-chip« ist ein Wegwerfteil, das nurwenige Euro kostet. Damit adressieren wirein Segment im Diagnostikmarkt, das ausKostengründe bislang kaum bedient werdenkonnte - den »Point-of-care«-Markt.So muss etwa der Hausarzt Blutprobennicht mehr ins Labor schicken, sondernerhält das Ergebnis vor Ort innerhalb vonwenigen Minuten. Für diese Entwicklunghaben wir von Frost & Sullivan auch den»Enabling Technology of the Year«-Awarderhalten.

Report: Wie viel wurde in die Entwicklungdes »Lab-on-a-chip« investiert?
Schröter: Sie werden sicher verstehen,dass ich nicht ins Detail gehen kann, aber eshandelt sich um einen zweistelligen Millionenbetrag.

Report: Welche anderen Anwendungsgebietegibt es für die Nanoident-Technologie?
Schröter: Neben dem »Lab-on-a-chip«setzen wir vor allem auf biometrische Erkennungssysteme.Mit unserer Technologiekönnen wir Fingerabdrücke oder Gewebeeigenschaften,die unter der Haut liegen,detektieren. Unser Hauptaugenmerk liegtdabei eindeutig am Handy- und Smart-Card-Markt.

Report: Wann werden Sie mit der Auslieferungdieser Systeme beginnen?
Schröter: Die ersten biometrischen Systemesollen in zwei bis drei Jahren auf denMarkt kommen. Man darf nicht vergessen,dass unsere Sensortechnik kein Standardproduktist, sondern auf Kundenwünschezugeschnitten wird. Es gibt bei Nanoidentnur kundenspezifische Entwicklungen.

Report: Reichen die derzeitigen Kapazitätenvon Nanoident, um diese schnellwachsenden Märkte zu bedienen?
Schröter: Wir werden noch in diesem Jahrenorm aufstocken. Bislang hat sich die Anzahlder Mitarbeiter jedes Jahr verdreifacht.Dieses Wachstum wird auch heuer fortgesetzt.Nicht nur am Standort Linz. Ich gehedavon aus, dass wir Ende des Jahres weitüber 100 Mitarbeiter haben werden.

Report: Sie unterhalten Tochterunternehmenin den USA, in Frankreich und inDeutschland. Ist eine Expansion in weitereLänder geplant?
Schröter: Wir werden im Laufe des Jahressicher in Asien aktiv werden, vor allemim Bereich Marketing und Vertrieb. Das istabsolut notwendig, weil viele potenziellePartner wie Handy- oder PC-Hersteller inAsien sitzen.

Report: Sie sind Weltmarktführer imBereich optoelektronischer Sensoren. Wasmacht Nanoident besser als der Mitbewerb?
Schröter: Wir waren die Ersten, die imMarkt der Halbleiterelektronik den BereichSensorik durchleuchtet haben. Wir habenAnwendungen entwickelt, an die bislangschlicht und einfach keiner gedacht hat. Niemandhätte geglaubt, dass man gedruckteSensoren für »Lab-on-a-chip«-Systeme verwendenkann. Damit haben wir uns an dieSpitze gesetzt. Und weil wir eine Vielzahl anPatenten angemeldet haben, sollte das aucheine Weile so bleiben.

Report: Lassen Sie uns ein paar Jahrezurückgehen. Wie ist es eigentlich zur Gründungvon Nanoident gekommen?
Schröter: Ich hatte im Jahr 2003 die Idee,einen Fingerprintsensor für Chipkarten zuentwickeln. Auf der Suche nach einer kostengünstigenund flexiblen Halbleitertechnologiebin ich durch Zufall in Linz gelandet.Professor Sariciftci hat mir Herrn Padingervorgestellt, der damals noch Technologievorstandbei einem Spin-off-Unternehmender Linzer Uni war.Wir haben dann relativ rasch beschlossen,ein neues Unternehmen zu gründen undAnfang 2004 war es so weit. Die ursprünglicheProduktidee wurde weiterverfolgt, essind aber bald neue Ideen dazugekommen.Die Grundidee zum »Lab-on-a-chip« istzufällig bei einem Cocktailempfang entstanden.

Report: Zufälle scheinen bei Nanoidenteine große Rolle zu spielen?
Padinger: Es geht einfach darum, zur richtigenZeit am richtigen Ort zu sein.
Schröter: Auf jeden Fall bin ich bei dieserParty auf die Technologie der Biochips aufmerksamgemacht worden. Ich habe erfahren,dass man zum Auslesen dieser Biochips riesige Messgeräte braucht, die biszu 500.000 Dollar kosten. Deshalbsind diese Geräte auch hauptsächlichbei großen Pharmafirmen imEinsatz. Bei uns ist die Idee gereift,ein Molekulardiagnostikverfahrenzu entwickeln, das auch fürden »Point-of-care«-Markt geeignetist.

Report: Nanoident ist derzeitnoch nicht am Markt präsent. Woherkommt das Geld für Ihre Entwicklungsarbeit?
Schröter: Wir sind ausschließlichüber private Geldgeber finanziert,das heißt Privatpersonen undprivate Beteiligungsgesellschaften.Auch die Raiffeisen Landesbankist ein wichtiger Partner für uns.Gerade haben wir eine Finanzierungsrundemit einer substantiellenKapitalerhöhung abgeschlossen.Das war vermutlich auch dieletzte Finanzierungsrunde vordem Börsegang.

Report: Steht der Termin fürden Börsegang schon fest?
Schröter: Nein, wir haben keinenfixen Termin. Theoretisch könntenwir nächstes Jahr an die Börse gehen.Die Frage ist, ob es Sinn macht.Wir werden einen Zeitpunkt wählen,von dem wir glauben, dass derMarkt aufnahmefähig ist. Die Frageist auch, wo das Unternehmenzu dem Zeitpunkt eines möglichenBörsegangs steht. Einen Börsegangauf Biegen und Brechen wird es sichernicht geben. Wir sind in derkomfortablen Position, dass wirdie Börse zur Finanzierung nichtbrauchen. Wir können den bestenZeitpunkt abwarten.

Report: Die Unternehmensfinanzierungist in österreich einheikles Thema, vor allem durchdas fehlende Risikokapital. Wiesehen die Erfahrungen von Nanoidentaus?
Schröter: Wir können uns eigentlich nichtbeklagen, denn mit Ausnahme der gerade abgeschlossenenFinanzierung sind alle anderen Finanzierungenbislang ausschließlich über österreichischePartner gelaufen.
Padinger: Außerdem investieren auch internationaleInvestoren gerne in österreich. Bei dergerade abgeschlossenen Finanzierungsrundewar erstmals ein Geldgeber dabei, der nicht ausösterreich kommt.

Report: Welche Rolle spielt die österreichischeForschungsförderung für ein Start-up-Unternehmen wie Nanoident?
Padinger: Vor allem in der Startphase war dieForschungsförderungsgesellschaft FFG sehr hilfreich.Mit zunehmenden Wachstum ist es aberimmer schwieriger geworden. Wir haben Projekteeingereicht, die uns internationale Auszeichnungeneinbrachten, der FFG aber nichtinnovativ genug waren. Das ist demotivierend,vor allem, wenn in die Förderanträge viel Zeitund Arbeit fließt.

Report: Ein Top-Thema der vergangenenWochen ist der Facharbeitermangel in österreich.Ein Thema, das auch Nanoident betrifft?
Padinger: Das ist stark von der jeweiligenBranche abhängig. Im Bereich der Halbleiterphysikoder der organischen Halbleitermaterialiensind wir mit der Linzer Uni sehr gut ausgestattet.Dann gibt es aber auch Problemfelder,etwa in der Elektronik. Da gibt es genau nichts.Wir haben zwei Jahre lang Stellen ausgeschriebenund nicht einmal Bewerbungen bekommen.

Report: Was macht man in so einer Situation?
Padinger: Es bleibt nichts anderes übrig, als insAusland abzuwandern. Wir sind mit unseremChip-Design-Center nach Grenoble gegangen,weil dort das Personal verfügbar ist.

Report: Das heißt im Umkehrschluss, Siewären mit Ihrem Chip-Design-Center in Linzgeblieben, wenn Sie genügend Mitarbeiter gefundenhätten?
Padinger: Völlig richtig, wir wären sicher inLinz geblieben. Nachdem es aber nicht möglichwar, auch nur einen qualifizierten Mitarbeiter zufinden, geschweige denn Dutzende, mussten wirdorthin gehen, wo das Know-how ist.

Report: Wie reagiert die Politik auf dieseAbwanderung?
Padinger: Wir sind mit der Politik in engemKontakt, vor allem auf Landesebene. Die Landespolitik kann hier aber nur wenigmachen. Man versucht zwar mittlerweile,verstärkt auf die Bedürfnisse der Industrieeinzugehen, aber das braucht seine Zeit.Kurzfristig ist dieses Problem nicht zu lösen.Wir haben aber den Vorteil, dass wir inFachkreisen auch international einen hohenBekanntheitsgrad haben und deshalb einerelativ hohe Anzahl an internationalen Initiativbewerbungenbekommen.

Report: Stichwort internationale Bewerbungen:Viele Unternehmen beklagendas restriktive Fremdenrecht in österreich,das die Beschäftigung internationaler Fachkräftedeutlich erschwert.
Padinger: Alles, was nicht EU ist, ist tatsächlichganz schwierig. Wir haben vielegute Leute nicht bekommen, weil es bis zueinem halben Jahr dauert, bis die bürokratischenHürden genommen sind. Und wennder Bewerber in einem anderen Land früherzum Zug kommt, dann geht er eben dorthinund nicht nach österreich.

Report: Werfen wir einen kurzen Blickin die Kristallkugel. Wo sehen Sie Nanoidentin fünf Jahren?
Schröter: Ich gehe davon aus, dass wirnicht nur im Bereich der gedruckten Sensorikfederführend sein werden, sondern auchneue Anwendungsgebiete erschließen undverschiedene Technologien kombinierenwerden, etwa im Bereich des Mobilfunks.Ein Handy besteht aus einem Display, Sensoren,Batterien und Transistoren. DieseKomponenten lassen sich alle bereits heuteauch drucken. Es wird in Zukunft möglichsein, die gesamte Hardware für ein Handyzu Hause auf einer Folie auszudrucken. DieFolie wird in ein passendes Gehäuse gestecktund schon hat man ein neues iPhone.

Report: Damit würden Sie die gesamteWertschöpfungskette ordentlich beuteln.
Schröter: Das ist richtig. Aus unserer Sichtwird sich die Wertschöpfungskette in derElektronikindustrie radikal ändern. Undzwar aus dem Grund, weil man fast alles, wasman braucht, auf Folien drucken kann.

Report: Das klingt doch etwas nach Science-Fiction?
Schröter: Das mag sein, aber das ist allesheute schon machbar.
Padinger: Vergleichen Sie nur die klassischenBiochips mit unserem »Lab-on-a-chip«. Wir sind in der Messung um den Faktor500 genauer. Das hätte auch keiner geglaubt.Unser Vorteil ist die deutlich höhereEmpfindlichkeit durch eine viel kürzere Distanz.Wir brauchen keine Kamera und wirhaben kein Streulicht. Wir messen direkt ander Probe. Unsere OEM-Partner sind auchimmer sehr skeptisch, bis wir ihnen unsereTechnologie vorführen. Dann sind sie beeindruckt.Soviel zum Thema Science-Fiction.

Report: Sie verändern die Wertschöpfungskette,Sie haben auf dem Gebiet derMesstechnik eine deutlich höhere Genauigkeit.Das dürfte vielen Unternehmen nichtgefallen. Wie viele Feinde schaffen Sie sichjeden Tag aufs Neue?
Schröter: Bis heute haben das anscheinendnur wenige begriffen. Es ist aber auchnicht zwangsläufig so, dass wir etablierteUnternehmen aus dem Markt drängen,sondern wir schaffen vielmehr einen neuenMarkt. Mit unserem »Lab-on-a-chip«können wir ein »Point-of-care«-Marktsegmenterschließen, das es bislang noch nichtgegeben hat.

Report: Aber wenn jeder Arzt sein eigenesChiplabor hat, bekommen die großenLabore Probleme. Da wird es sehr wohl zueinem Verdrängungswettbewerb kommen.
Schröter: Natürlich wird es diesen Wettbewerbgeben. Wie intensiv er ist, hängt auchstark von der Einführungsstrategie ab. Wirwollen zu Beginn nur Chips für eine spezielleMessaufgabe anbieten. Da ist die Verdrängungnicht sehr stark. Am Anfang gehtes vielmehr darum, neue Messungen zu ermöglichenund neue Märkte zu erschließen.Das kann sich im Laufe der Zeit natürlichändern.

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