Menu
A+ A A-

Eine Nummer größer

Nach Blech und Applikationen folgen nun die Prozesse. In diesen kurzen Worten könnte man die Entwicklung des Outsourcingmarktes zusammenfassen. Ging es in den ersten Jahren mit der übernahme der IT-Infrastruktur um die Beschleunigung der Prozesse beim Outsourcingkunden, wurden die Prozesse dann mit Phase zwei, der Auslagerung der Applikationsschicht, bereits optimiert. Anwendungsbereiche wie etwa SAP-Betriebswirtschaftssoftware wurden mit dem Support und Service durch den IT-Dienstleister auf neue, bessere Beine gestellt. Mit der vorläufig letzten, serviceintensivsten Phase beschränkt sich die Auslagerung nun aber nicht mehr nur auf Teilfunktionen. Business-Process-Outsourcing (BPO) erfasst den ganzen, komplexen Geschäftsprozess. Aus Beschleunigung und Optimierung wird nun die Komplettübernahme des Kundenprozesses. Dennoch ist BPO kein Allheilmittel, wissen die IT-Dienstleister. »Kosteneinsparungen sind von der Dynamik des Geschäfts des Kunden abhängig«, sagt Gerald Rehling, Vice President IT & BPO für die Region CEE bei T-Systems. Dennoch: »Der Outsourcingmarkt bleibt Wachstumstreiber im österreichischen IKT-Geschäft«, bekennt sich T-Systems-Boss Rudolf Kemler zur Jagd auf potenzielle Outsourcingkundschaft. »Unternehmen, die bisher alle Stufen der Wertschöpfung abdecken, werden künftig zunehmend Leistungen, die nicht zum ureigenen Kerngeschäft gehören, spezialisierten Dienstleistern überlassen«, ist er überzeugt.

Dennoch geben sich die IT-Dienstleis­ter in der Kommunikation nach außen mitunter auch vorsichtig. »Outsourcing ist kein Geschäft von der Stange - es ist eine Vertrauenssache«, beschreibt Kemler, der seit kurzem die Konzernschwes­ter T-Mobile österreich mit Document Management Services beglückt. Der Mobilfunker verlagert das Management seiner monatlich 650.000 Rechnungen und Mahnungen zu T-Systems. Der IKT-Dienstleister übernimmt Druck, Versand und Archivierung der Dokumente. Für T-Mobile bedeutet die Verlagerung eine Reduktion der Prozess- sowie Portokosten und einen verbesserten Kundenservice. »Outsourcing ist die Chance, dem raschen und dynamischen Technologiewandel folgen zu können. Als Outsourcing-Dienstleister sind wir immer auf dem letzten Stand der Technik und verfügen in jedem Fachgebiet über eigene Expertenteams, die sich permanent weiterbilden, was aufgrund der zunehmenden Komplexität für viele Unternehmen selbst nur mehr schwer zu bewerkstelligen ist«, sagt Kemler.

Riesenpotenzial. Das Geschäft mit dem Verlagern und Transformieren ganzer Geschäftsprozesse kommt freilich gerade erst aus den Kinderschuhen heraus. Zumindest außerhalb der Automobilbranche. Bei Mercedes und Co sind langfristige und partnerschaftliche Beziehungen schon längst Realität. Gefördert wurde die BPO-Entwicklung im Automotivebereich in den vergangenen Jahren durch den immer höheren Anteil von Elektronikkomponenten im Automobilbau. Viele Entwicklungen sind keine herstellerspezifischen Themen, sondern werden in adaptierter Form von jedem Hersteller eingesetzt. Für den einzelnen Autokonzern würde es wirtschaftlich wenig Sinn machen, jeden Bestandteil in Eigenregie zu entwickeln. Durch den Zugriff auf spezialisierte Hardware- und Softwareentwicklungsunternehmen werden nicht nur die Kos­ten verringert, sondern es wird gleichzeitig auch die Marktreife der Produkte beschleunigt. Was VW und Audi recht ist, kann auch anderen Wirtschaftszweigen genügen. »Outsourcing ist und bleibt ein Mega­trend für alle Wirtschaftszweige und die öffentliche Verwaltung«, heißt es in der Branche. Immer mehr Unternehmen werden in Zukunft nur noch die Aufgaben selbst erledigen, die sie nicht günstiger einkaufen können.

Trendwende. »Prozesskosten, die als sogenannter Overhead nicht zum Kerngeschäft gerechnet werden, gelten heute vor allem bei großen Unternehmen als größte brachliegende Produktivitätsreserve«, beschreibt Kemler die derzeit zu beobachtende Trendwende. »Vorstände durchforsten ihre Betriebe nach Tätigkeiten, die spezialisierte Dienstleister effizienter und kostengünstiger erledigen können. In dieser Ebene wird nicht über Informationstechnologie alleine geredet, sondern wie man ein Prozessproblem lösen oder einen Prozess optimieren kann.« Bei T-Mobile ist man mit dem neuen Partner mehr als glücklich: »Vom Ende der Rechnungsperiode bis zum Versand der Rechnungen vergehen bei T-Mobile gerade einmal drei bis vier Tage. Dies ist nicht sehr viel Zeit, wenn man bedenkt, welche Prozesse hier inbegriffen sind«, beschreibt T-Mobile-Manager Bernhard Albrecht - er verantwortet die Endkundenabrechungen. »Wir sehen nun die Stabilisierung dieses komplexen Prozesses mit seinen Bereichen wie Papiereinkauf, Druckkosten, Porto und Versand.« Zwar könne auch er mit einer Druckerei über Servicekonditionen und Papierkosten verhandeln, »doch ist das nicht meine Kernkompetenz«.

back to top