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Satire am Limit

Foto: "Alles hat seine Grenzen in der Kunst, vor allem jene der Glaubwürdigkeit." Foto: "Alles hat seine Grenzen in der Kunst, vor allem jene der Glaubwürdigkeit." Foto: iStock

Die Realität der letzten Tage und Wochen macht es Satirikern fast unmöglich, ihre Arbeit anständig zu tun. Ein Lamento von Rainer Sigl.

Eh: Gesudert, das weiß man als gelernter Österreicher als eine der unverrückbar fundamentalen Wahrheiten der Realität anzuerkennen, wird immer, und zwar ganz ungeachtet dessen, ob Katastrophen, Business as usual, Langeweile oder Skandale im Land Thema sind. Womit allerdings schwerer umzugehen ist, ist eine Realität, die sich nicht mehr zweifelsfrei von grotesker Überzeichnung unterscheiden lässt.

Hätten spitzzüngige Satiriker und Kabarettisten etwa vor in der aktuellen Innenpolitik gewaltigen und beim besten Willen unüberblickbaren Zeiträumen wie, sagen wir, 48 Stunden irgendwann Mitte, Ende Mai, noch davon fantasiert, dass die beste und stabilste Reformregierung aller Zeiten mit fröhlichem Furzen und ähnlich elegant wie ein losgelassener und nicht zugebundener Luftballon ihre verbliebene warme Luft aushauchen würde, hätte die Leserschaft wohl mit Kopfschütteln von nur Chiropraktikern erfreuender Intensität reagiert.

Als professioneller Spaßmacher und Übertreiber hier noch seine Nische zu finden, ist sogar noch schwerer als in Zeiten, in denen einem das Lachen zur Magensäure versickert. Ich mein: Alles hat seine Grenzen in der Kunst, vor allem jene der Glaubwürdigkeit. Was hierzulande in letzter Zeit die Schlagzeilen füllt, ist so hanebüchen, dass sogar hartgesottene Telenovela-Junkies mit dem Augenrollen kaum mehr nachkämen. Falsche Oligarchencousinen, ein Vize-Kanzler samt Sidekick im Ruderleiberl, ein in Sekundenschnelle verlorener Blitzkrieg gegen den kleinformatigen Boulevard und herzzerreißende Abschiedsszenen, wenn hemmungslos weinende Parteikarrieristen aus den gerade erst warm gewordenen Polstersesseln der Macht ins grelle Licht internationaler Verblüffung gezerrt werden – wie, bitte, soll man das toppen?

Klar, die Nachwahlplakate – da hätte man es schon ahnen müssen! – haben schon kurz nach der Wende hin zum Ende 2017 in bester TV-Teaser-Manier vorahnungsvoll versprochen, dass »die Veränderung« bereits begonnen habe – doch wer konnte ahnen, dass dieses »Neue Regieren« gleich in einem derart absurd unterhaltsamen Feuerwerk spektakulärer Selbstsprengungen gipfeln würde? Dass die oftmals gepredigte »Message Control« ein Mid-Season-Finale lang vor Ende der ersten Staffel »Häusl of Cards« auf die Bildschirme rotzen würde, das selbst Tarantino zu wild, Fellini zu überdreht und Ulrich Seidl zu böse wäre? Das einen mit offenem Mund, sprachlos und im Minutentakt diverse Ticker refreshend zurücklassen würde?

Wie, bitte, soll man da als beruflich sanft die Realität persiflierender Satiriker noch mithalten, wenn sich Berufspolitiker vor versteckter und nicht versteckter Kamera in unfreiwilligen Thomas-Bernhard-Monologen als genau jenes Deix’sche Fiebertraumpersonal outen, das man seinen Lesern wegen Übertreibungsgefahr nie nicht zumuten würde? Wenn sich dann, Gipfel des Slapstick-Pointenfeuerwerks, aus rauchenden Trümmern trotzig ein dünnes »Jetzt erst recht!« erhebt?

Ich gebe es zu: Ich kann nicht mehr. Man kann nur hoffen, dass sich alles wieder beruhigt – hin zu jener glazialen Ereignisarmut, die dieses Land bislang geprägt hat. Wie sagte der Bundes-Sascha so schön: »So sind wir nicht!« Eh. Im Ernst: Wär auch zu stressig.

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