Mit einem Wort: pfiffig
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Nicht für jeden bedeutet Smart Building Hightech. Aber jeder verbindet damit Lebensqualität und Nachhaltigkeit.
Von Karin Legat
Den Hausverstand nicht durch Technologien zu ersetzen, sondern ihn zu unterstützen, das bedeutet der Begriff »smart« für Harald Sauer, Leiter der Architektur commercial bei GriffnerHaus. Mit dieser technikfernen Definition steht er nicht allein. »Für mich ist ein Smart Building ein Haus, in dem ich mich wohlfühle, das mit möglichst wenig Haustechnik auskommt und mit geringer Instandhaltung betrieben werden kann«, definiert auch Georg Bursik, Geschäftsführer von Baumit Wopfinger, den aktuellen Trend im Wohnbau. Es sei nicht erstrebenswert, laufend Steuerbefehle über schicke Oberflächen einzugeben, damit das Gebäude das macht, was sich der/die Bewohner/in vorstellt. Ein smartes Gebäude muss von jemandem konzipiert sein, der sich in der Planung genau die Nutzungsprozesse der Bewohner angesehen hat. Natürlich sind elektronische Steuerelemente wichtig. »Aber es stellt sich immer die Frage der Sinnhaftigkeit, etwa bei einem Bus-System, an dem der Kühlschrank hängt und das mir sagt, ob der Schrank voll oder leer ist – jedoch nur dann, wenn ich meine Einkäufe und Entnahmen vorher eingegeben habe. Ich möchte einen Haushalt, der nach dem Konzept KISS aufgebaut ist – keep it small and simple«, betont Prof. Helmut Floegl, Leiter des Zentrums für Facility Management und Sicherheit an der Donau-Universität Krems. »Das ist smart. Die allumfassende technologische elektronische Unterstützung ist die falsche Vision. Wenn ich alles unterstütze, muss ich die Aktualität der dafür erforderlichen Daten gewährleisten. Das ist sehr aufwendig und nicht smart.«
Smart einmal anders
Mit dem Einsatz von natürlichen Baustoffen lässt sich bereits viel an Haus- und Gebäudetechnik sparen. »Durch die Verwendung von massiven Wandaufbauten und offenporigen Klimaputzen, die Wärme und Feuchtigkeit in den Innenräumen speichern und wieder abgeben, kann kontrollierte Wohnraumbelüftung kleiner und kostengünstiger dimensioniert oder sogar eingespart werden«, stellt Bursik in den Raum. Ein Massivbau hilft aufgrund seiner Speicherfunktion, die Betriebsdauer der im Sommer notwendigen Klimaanlage zu reduzieren. Der Klassiker: Mit einer guten Wärmedämmung lässt sich der Heizwärmebedarf so reduzieren, dass eine weitaus kleiner dimensionierte Heizanlage ausreicht. Was diese Bauelemente gemeinsam haben? »Sie sparen entscheidend an Wartung und Instandhaltungskosten, ein aus meiner Sicht oft zu wenig beachteter Punkt bei der Planung eines Hauses«, betont er.
Smart privat
Im privaten Umfeld befindet sich die smarte Generation noch in den Kinderschuhen, denn hier sind die positiven Effekte wenig spürbar. Untertags sind die Bewohner nicht zu Hause, automatisch wird weniger Energie verbraucht. Stromfresser wie leistungsstarke Kühlgeräte sind im privaten Haushalt selten. Aber Teile der smarten Systeme werden für Österreichs E-Wirtschaft auch hier nach und nach in unser Leben treten. Energiedienstleistungen werden, ergänzt durch Smart Meter, in den kommenden Jahren ein wachsender Geschäftszweig. 3M bietet unter dem Oberbegriff Universal Home bereits Produktlösungen für das Wohnen der Zukunft, wie Energieeffizienz, Interfaces, Ambient Intelligence und Infotainment.
Smart Business
In der Wirtschaftswelt hat smart einen anderen Stellenwert, denn hier sind die Effekte größer. Automatisierung spart Geld. Mitarbeiter sind nicht ständig am Platz, mittags sind die meisten Büros unbesetzt. Die bislang durchgängige Beleuchtung kann smart geregelt werden. Auch Sonnenschutz, Heizung und Kühlung sind bedarfsgerecht anpassbar. Das führt zu komplett neuen Produkten und Angeboten. Der Handlungsspielraum reicht von kabel- und batterielosen Funksystemen über Interfacesteuerungssysteme und Komfortregelungen, die Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik sowie Beleuchtung und Beschattung integrieren, bis zu komplexen Gebäudeautomationslösungen. Aktuell bestehen noch Vorbehalte, Dritten die Steuerung des Gebäudes oder von täglich genutzten Geräten zu überlassen. Sobald aber der direkte Nutzen erkannt wird, erfolgt die Umstellung rasch, ist sich Österreichs E-Wirtschaft sicher.
Smarte Hülle
Nicht außer Acht gelassen werden darf das Thema Außenwand und Fassade. »Derzeit beträgt die Wanddicke im Massivbau inkl zeitgemäßer Dämmung 45 bis 50 cm. Mit Leichtbaukonstruktionen kann derselbe Wärmeschutz mit 30 bis 35 cm erreicht werden. Und die Fassade erfüllt trotzdem die gleichen energetischen und architektonischen Anforderungen«, stellt AEE INTEC-Gebäudeprofi Karl Höfler fest. »Wir versuchen derzeit in Forschungsprojekten, vorgefertigte Fassadensysteme für Sanierungsobjekte zu finden, die nachhaltig sind – leicht recyclebar, zerleg- und demontierbar – und die Integration von Sonnenschutzeinrichtungen ebenso erlauben wie die von aktiven energieerzeugenden Elementen wie PV oder Solarkollektoren. Die Dicken der Dämmung müssen künftig bei gleicher Wärmedämmwirkung geringer werden. Das ist die Verbindung zur smarten Fassade.« Baumit Wopfinger bietet hier mit der Baumit Open Reflect eine Klimafassade mit optimaler Wärmedämmung, geringen Dämmstärken und dem nachhaltigen BaumitNanoporPutz.
Smart Meter
»Natürlich kann ich ein Haus elektronisch so gestalten wie einen Luxus-PKW. Nur stellt sich dabei für mich die Frage der Sinnhaftigkeit, denn die ganze Technik muss auch beherrscht und instandgehalten werden«, meint Bursik. »Ich stelle außerdem zur Diskussion, ob es wirklich der Wunsch eines Hausbesitzers ist, von möglichst viel Elektronik umgeben zu sein.« Prof. Helmut Floegl kann dem nur zustimmen. »Das Smart Building sollte den/die BewohnerIn in der Nutzung unterstützen.« Heizen, Reinigen und Betreiben des Gebäudes muss ohne viel Kopfzerbrechen möglich sein. Was alle Experten befürworten, ist die Installation von Smart Metern, d.h. von elektronischen Zählern, die aktuelle Verbrauchswerte liefern, aber auch Tarifinformationen empfangen, analysieren und verwerten. »Das unmittelbare Messen des Energieverbrauchs ist ein wichtiges Thema«, betont Floegl. »Egal ob privat oder kommerziell, es gibt bislang keine Rückkoppelung zum Energieverhalten. Die Jahresabrechnung bietet keine unmittelbare Interaktion. Smart Meter dagegen informieren über versteckte Stromfresser und sinnlosen Stromverbrauch. Daher erforschen wir vor allem die Potenziale des bedarfsorientierten Energieverbrauchs.«
be smart
Die Technologien für smart sind im Prinzip alle vorhanden, es gibt bereits einige Vorzeigeprojekte für die smarte Umsetzung am österreichischen Baumarkt wie beispielsweise die Kooperation zwischen Kelag und Hanlo. Der Kärntner Energieversorger stattet jedes Hanlo Haus mit Energieeffizienzprodukten aus, d.h. mit einem Grundpaket an SmartHome-Produkten und Ladetechnik für Elektrofahrzeuge. Unter SmartHome werden alle Maßnahmen zur Optimierung des Strom- und Wärmebedarfs im Haushalt verstanden, d.h. in den Bereichen Heizung, Lüftung, Elektrogeräte und Beleuchtung. Das Paket kann via Smartphone gesteuert werden. Als Praxisbeispiele nennt Österreich Energie den Power Tower der Energie AG in Linz, das E-Office der Energie Steiermark, die Siemens City Vienna oder das Illwerke Zentrum Montafon, das kommendes Jahr eröffnet wird. Als Referenz aus dem privaten Bereich ist z.B. das Future Evolution House von Zukunfts- und Trendforscher Matthias Horx zu nennen, bei dem über ein Online-Portal jederzeit der Energiestatus abgelesen werden kann. Das Gebäude deckt 80 % seines Energiebedarfs selbst. Die Hauselektrik und
-elektronik lässt sich über ein Smartphone steuern. Technik und Vernetzung bilden ein wesentliches Thema für Nachhaltigkeit und Energieeinsparung, nur: Wie gehe ich damit um? Wie weit gehe ich? Was schalte ich im Bus alles zusammen?
smart research
»Die technische Entwicklung ist im Fluss, an der Haustechnik wird noch intensiv geforscht. Für Bewohner werden smarte Systeme sicher günstiger, aber dafür braucht es noch viel Innovation«, stellt Stefan Vötter, Geschäftsführer von der Leichtbauinteressensvertretung Bau Genial, fest. Forschungsarbeit braucht es auch noch im überregionalen Kontext. In Regionen gibt es mehr Aspekte zu beachten als im einzelnen Objekt. »Im Gebäude zählen nur Raum und Nutzer, in der Region kommen lokale Faktoren wie Mobilität, Wirtschaft, Verkehr, Versorgung, Freizeitgestaltung und Siedlungsstrukturen dazu. Smarte Komponenten regional umzusetzen ist eine besondere Herausforderung«, zeigt Ursula Mollay vom österreichischen Institut für Raumplanung auf. »Meiner Meinung nach ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis sich das Thema smart in allen Städten und Regionen durchsetzt.« Denn Energiekosten treffen jede/n einzelne/n Bewohner/in und jedes Unternehmen – und damit wird jede Region früher oder später aktiv.