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Haut(e) Design

\"DieLebewesen sind an ein von der Natur vorgegebenes Körperkleid gebunden. Gebäudefassaden dagegen sind flexibel wie Kleidungsstücke.

Von Karin Legat

In der modernen Fassadenwelt gleicht kaum eine Gebäudehülle der anderen. Das architektonische Design ist dabei ebenso vielfältig wie die eingesetzten Materialien und die Anforderungen. »Die Wünsche der Architekten sind breit gefächert. Die Gratwanderung zwischen kreativer Architektur mit daraus entstehenden höheren Kosten und technischer Umsetzbarkeit ist eine tägliche Herausforderung«, stellt Ewald Müller, Geschäftsführer von Alukönigstahl, fest. Während die Tragkonstruktion, gleichgültig, ob es sich um Stahlbeton, Ziegelmauerwerk oder Stahlskelettbau handelt, eine Lebensdauer von etwa einem Jahrhundert erwarten lässt, ist die Gebäudehülle zahlreichen Anpassungen ausgesetzt.

Neben der Erfüllung und Lösbarkeit architektonischer Ansprüche müssen moderne Fassaden vor allem den Energiehaushalt eines Gebäudes regulieren und Sicherheitsbedürfnisse erfüllen. »Nutzer erwarten multifunktionale Elemente wie Lichtdurchlässigkeit, Sonnenschutz, Energieeinsparung, Bedienungskomfort und einfaches Handling, Langlebigkeit und Wartungsarmut, anspruchsvolles Design und geprüfte Sicherheit.

Bauherren suchen nachhaltige Lösungen, die die Vermietbarkeit des Objektes sichern, höhere Verkaufspreise ermöglichen und den Immobilienwert nachhaltig positiv beeinflussen. Der Energieverbrauch einer Immobilie über ihren gesamten Lebenszyklus bildet hierbei das Schlüsselkriterium«, berichtet Müller. In diesem Zusammenhang spielen Nachhaltigkeitszertifikate für Gebäude wie das TQB der ÖGNB, ÖGNI (auf Basis des deutschen DGNB) oder LEED eine entscheidende Rolle.

Persönliche Visitenkarte

»Das wahre Geheimnis der Welt liegt im Sichtbaren, nicht im Unsichtbaren«, lautet ein Zitat von Oscar Wilde. Fassaden und Gebäudehüllen spielen in der Architektur eine zunehmend wichtigere Rolle. Sie dienen als weit sichtbares Markenzeichen eines Gebäudes und schaffen eine Verbindung zwischen Außen- und Innenraum. »Das Eigenheim bedeutet die persönliche Visitenkarte nach außen«, weist Sto-Produktmanager Ewald Rauter der Fassade eine hohe optische Bedeutung zu. »Neben dem Anspruch, raumbildend zu wirken, müssen Fassaden ganzheitliche aktive Gebäudehüllen darstellen«, informiert Johann Sischka, Vorstand der Waagner-Biro Stahlbau AG. Hierzu zählen bauphysikalische Aufgaben wie Lichtdurchlässigkeit, natürliche Belüftungssysteme, aktive und passive Energiegewinnung genauso wie der Lärm- und Wärmeschutz. »Letztere verstehen sich bereits als Grundcharakteristika moderner Gebäudehüllen.« Das bestätigt auch Baumeister Josef Wieder von der Alfred Trepka GmbH. »Die optische Wahrnehmung zählt ebenso wie die Harmonie, Ästhetik und Witterungsbeständigkeit des Objektes.« Rauter verbindet Fassaden zudem mit Gebäudeflair. »Die Hell-Dunkel-Wirkung von Gestaltungselementen kann die Architektur eines Gebäudes betonen oder unterdrücken. Ein deutlicher Kontrast verursacht eine starke grafische Wirkung, ein geringer lässt Gestaltungselemente verflachen, die Architektur tritt zurück. Farbkontraste können den Ausdruck eines Baukörpers polar verändern. So kann ein Bauwerk dynamisch oder statisch, leicht oder schwer, kompakt oder transparent wirken«, erklärt er.

Zusammenspiel

»Beschichtungen und Untergrund sind grundsätzlich aufeinander abzustimmen«, informiert Rauter. Zu den Untergrundmaterialien für Fassaden zählen Materialien wie Stahl, Aluminium, Beton, Holz und Glas. »Moderne Architektur verlangt kreative Baukonzepte und darauf abgestimmte Baustoffe, die funktional sind und die attraktive Formgebung unterstützen oder unterstreichen«, sagt Claudia Koch von der Holzforschung Austria. »Das Zusammenspiel mit anderen Bauteilen zur thermischen Optimierung des Bauwerkes sowohl beim Heizen als auch beim Kühlen ist heute eine der obersten Prioritäten. Nicht vernachlässigt werden darf aber auch die Dauerhaftigkeit aller Baukonstruktionsebenen«, ergänzt Gernot Brandweiner vom Verband österreichischer Beton- und Fertigteilwerke.

Fassadentechnologien

Die Zahl der Fassadentechnologien am Markt ist heute sehr umfangreich. »Diese reichen von herkömmlichen Pfosten-Riegel-Konstruktionen über Elementfassaden bis hin zu Sonderkonstruktionen in Stahl, Aluminium oder Ganzglasausführung«, nennt Sischka einige Beispiele. »Auch sogenannte Aufsatzkonstruktionen, welche auf Holz- oder Stahlprimärtragwerke aufgebracht werden, sind zunehmend im Einsatz. Darüber hinaus gelangen verstärkt Hybridbaustoffe wie Carbon oder glasfaserverstärkte Kunststoffe für Sonderprojekte zur Anwendung.« Dessen ungeachtet sieht er Fassaden aber immer als Kombination unterschiedlicher Technologien und Werkstoffe. Welches Baumaterial eingesetzt wird, entscheiden meist Gebäudeform und Objektnutzung. »Stahl-Glas-Konstruktionen können große Spannweiten bei filigraner Bauweise überbrücken.

Insbesondere für komplexe Geometrien und die damit einhergehenden Verschneidungen gestaltet sich das Fügen von Stahlprofilen wesentlich flexibler«, umreißt Sischka Aufgabenbereiche für sein Geschäftsfeld. Aluminium-Glas-Konstruktionen sind seiner Meinung nach dagegen eher für die Elementbauweise von Fassaden geeignet. »Hier spricht die Scharfkantigkeit der Profile sowie die elegante Oberflächenbeschaffenheit für das Produkt Aluminium.« Ewald Müller erkennt im Stahl weitere Eigenschaften, durch die das Material als Fassadenbaustoff besticht. »Hinsichtlich großer Rasterbreiten bietet Stahl großzügige Möglichkeiten für transparente Fassadengestaltung. Aluminium überzeugt dagegen durch Langlebigkeit, Wartungsarmut und ein besonders breites Spektrum an Gestaltungsmöglichkeiten. Durch die vielfältigen Oberflächengestaltungsmöglichkeiten wie Eloxal, Eisenglimmer-Lacke, das umfassende RAL-Farbensortiment für Pulverbeschichtungen, die Holzdekor-Optik u.v.m. ist es bei Investoren, Architekten und Nutzern gleichermaßen beliebt. Aluminium stellt zudem einen sehr leichten Werkstoff dar.« Eine Schwäche des Stahlbaus liegt wie bei allen Baukomponenten in der Verbindung der Bauelemente. In Zeiten geforderter Nachhaltigkeit gewinnt Holz an Bedeutung. »Die Materialvielfalt ist hier stark gewachsen. Der Markt bietet Bretter, Leisten, Schindeln und Holzwerkstoffplatten in den unterschiedlichsten Ausführungen. Nachteil von beschichtetem Holz ist der höhere Wartungsaufwand. Betonfassaden wiederum überzeugen durch ihre thermische Masse, ihre Wertbeständigkeit, die hohe Speichermasse und ihre lange Lebensdauer. In der Massivität ergänzt sich die massive Betonfassade mit einer extrem tragfähigen massiven Unterkonstruktion.«

Energie-Fassade

Der Aufgabenbereich für Fassaden ist vielfältiger geworden. Laut Alukönigstahl beschäftigen sich Systemhausentwickler seit etwa zwölf Jahren mit der Integration von Lüftungs- und Licht­lenkungstechnologien und geprüften Systemlösungen, die den verschärften Energieverbrauchsauflagen gerecht werden. Die Fassade steht als trennende Hülle zur Außenwelt seit 25 Jahren im Brennpunkt der Verbesserung der Wärmedämmung. Aufgrund des Klimawandels und des wachsenden Energiebedarfs stehen sowohl für Waagner Biro als auch für Kreuzroither Metallbau Fassaden zunehmend in Kontext mit erneuerbaren Energien. Zur Energiekomponente kommt laut Gernot Brandweiner zudem die Funktion des Luftreinigers hinzu. »Titandioxid im Zement kann diese Funktion bereits heute übernehmen.« Für viele Menschen bedeutet die Hausfassade nicht mehr allein das raumabschließende Element, sondern auch weitestgehenden Schutz vor Kälte, Hitze, Hagel, Algen und Elektrosmog. »Wir bemerken ein erhöhtes Schutzbedürfnis der Menschen in ihren eigenen vier Wänden«, bestätigt Claudia Pritz von Sto. »Aus Sicht der Technik ist sehr vieles möglich. Es liegt am Architekten und an den architektonischen Trends, wie die Fassaden der Zukunft aussehen.«

Fassadenformen im XL- Wohnbau

Für Alukönigstahl liegt die Fassadenzukunft im mehrgeschoßigen Wohnbau in der Lochfenster-Elemente-Technologie. »Auch werden die Möglichkeiten in den Bereichen Reduktion von Wartungsintervallen, recyclingfähigen Grundmaterialien und Wiederverwertbarkeit nach der  Lebensdauer in die Konzeption mit einbezogen«, betont Müller. »Für lichtdurchflutete Bereiche wie Stiegenhäuser und Sozialräume werden Glasfassaden, Wintergärten und Lichtdachkonstruktionen eingesetzt.« Sto-Produktmanager Ewald Rauter setzt auch auf das Gestaltungspotenzial der Fassadenoberfläche. »Die Kombination von glatten und rauen Oberflächen und unterschiedlichen Materialien wird von den Architekten bewusst an der Fassade als Gestaltungsmittel eingesetzt«, ist er überzeugt.

Fassaden-Zukunft

Durch ihren Aufbau unterstützen Fassaden den sorgsamen Umgang mit Energie. Sie können aber auch sinnvoll für die Energie-, Strom- und Warmwassererzeugung genutzt werden. »Der Trend zu multifunktionalen Isoliergläsern und Dreifachverglasungen ergibt sich aus den erhöhten Anforderungen des Klimaschutzes an die Wärmedämmung der Gebäudehüllen«, stellt Winfried Semling, Geschäftsführer von Eckelt Glas, einem Glasproduzenten für Architekturprojekte mit besonderen technischen Anforderungen, fest.

»Erst intelligente Verglasungslösungen ermöglichen eine sinnvolle Passivhausarchitektur, bei der das Glas mehr Wärme­energie aus der Sonneneinstrahlung gewinnt, als durch die Scheibe verlorengeht.« Die Kombination aus Glas, Wärmeschutzbeschichtung und Edelgasfüllungen erreicht laut Semling U-Werte bis zu 0,4 W/m2 K und entspricht damit nahezu dem Wert einer Außenwand. Die neue Generation von Energiespargläsern bringt für ihn neue Freiheiten in der Dimensionierung und Positionierung von Fassadenteilen nach Transparenz, Belichtung und Außenbezug – bei gleichzeitig höchster Energieeffizienz. »Durch das Zusammenwirken aller Komponenten in der Gebäudehülle können intelligente Fassaden von heute bereits mehr Energie erzeugen, als im Gebäude verbraucht wird. Viele Funktionen werden energetisch autark realisiert. Die Aufgabe der nächsten Jahre wird es sein, verschiedene Bauteile so miteinander zu vernetzen, dass bei möglichst geringem Energieverbrauch der geforderte Komfort realisiert wird«, blickt der Alukönigstahl-Geschäftsführer in die Zukunft. Sto-Manager Rauter sieht die weitere Entwicklung auch Richtung Hochleistungsdämmstoffe, Energiegewinnung und –versorgung sowie Lichtlenkung und Verschattung.

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