Im Großen und im Kleinen
- Written by Redaktion
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Fünf Marken, die an einem einzigen Standort produziert werden; 5,5 Millionen Fahrzeuge in 28 Jahren; der größte private Arbeitgeber mit 14.800 Beschäftigten trotz des hohen Automatisierungsgrads in den Fabriken: VW sprengt mit Hilfe von Siemens in der Slowakei Rekorde auf allen Ebenen.
Die Slowakei hat ebenso wie Tschechien eine lange Geschichte der Automobilindustrie. Noch heute haben beide Staaten den im Vergleich zur Bevölkerungsgröße höchsten Output an produzierten Fahrzeugen. Die Rate in der Slowakei mit jährlich 198 produzierten Fahrzeugen pro 1.000 Einwohnern ist Weltrekord.
Seit 1991 produziert VW in Österreichs Nachbarland. Das größte Werk in der Slowakei befindet sich nur wenige Kilometer von der Staatsgrenze in Bratislava. Wurden anfangs, vor 28 Jahren, noch 15 Fahrzeuge des Modells VW Passat täglich gefertigt – immerhin in zwei verschiedenen Farben –, werden heute rund 2.400 Autos der Marken Volkswagen, Audi, Porsche, Skoda und Seat am Standort, der auch über eine eigene Teststrecke verfügt, produziert. Allein die Fertigungslinie für den Porsche Cayenne ist eindrucksvoll: insgesamt 540 Meter lang und rund um die Uhr in Betrieb. Die maximale Kapazität dieser einen von insgesamt neun Hallen beträgt 470 Modelle – jeden Tag.
Siemens ist in nahezu allen Ländern weltweit in Partnerschaften mit der Automobilindustrie tätig. Die Branche bildet das größte Segment im Industrieportfolio des Herstellers. VW als größter Fahrzeugproduzent ist auch größter Automotive-Kunde von Siemens, das ein breites Technologieportfolio für die Produktions- und Assemblierungsbereiche – die mächtigen Maschinen im »Press Shop« sowie hunderte Komponenten für den »Body Shop« und »Paint Shop« – liefert. Die enge Zusammenarbeit reicht bis zu den Maschinenservices an den programmierten Industrierobotern und Wartungsarbeiten vor Ort, die von Siemens-MitarbeiterInnen durchgeführt werden.
Standard für die Fertigung
Maschinen von gut 30 größeren und 50 kleineren Herstellern sind auch in den Produktionshallen in Bratislava zu finden. Um den bunten Maschinenpark zu verbinden, setzt VW auf gängige Industriestandards – wie etwa mit dem Simatic S7-1500 Advanced Control System von Siemens, das über Profinet-Anbindung für die nötige Schnelligkeit in der Automatisierung mit einer Befehlsverarbeitungszeit von bis zu einer Nanosekunde sorgt. Die schnelle Steuerung ist ebenso wie unterschiedlichste Motoren- und Schaltkomponenten und die Absicherung aller Teile mit einem ausgeklügelten Sicherheitskonzept zum De-facto-Standard bei VW in neuen Werken geworden.
In der Automobilfertigung sind Carrier-Systeme essenziell – sie transportieren Fahrzeugteile verlässlich entlang der Fertigungslinien. Hunderte automatisierte Fördertechniksysteme werden im Werk in Bratislava eingesetzt. Die Anlagensteuerung Simatic EMS600S übernimmt den Transport von Lasten in Hängebahnen ohne Bodenkontakt – EMS steht für »Electrified Monorail System«. Auch hier werden die logischen Abläufe und auch Safety-Aufgaben für die Personensicherheit über zentrale Steuerungen sichergestellt.
»Automatic Guides Vehicles« wiederum sorgen für den Transport von Komponenten zwischen unterschiedlichen Produktionsbereichen. Sie werden ebenfalls von Siemens bereitgestellt und haben in Bratislava – kein Vehikel wird hier ausgelassen – ein VW-Logo auf der Frontseite angebracht. Die automatisierten Prozesse im Werk laufen hochpräzise im Kleinen ab, ebenso wie im Großen. So werden Pressen, die Stahl- und Aluminiumplatten auf die gewünschte Gestalt formen, mit 500-kW-Motoren betreiben. Ungeplante Servicearbeiten würden Stillstände bedeuten, die bei einem Motortausch sogar Tage dauern können. Mit einem Condition Monitoring System vom Siemens werden daher Messergebnisse direkt auf der Maschine, etwa am Getriebe, gesammelt und ausgewertet. Ein Ampelsystem zeigt vorausschauend nötige Wartungsarbeiten an – die dann zu einem unkritischen Zeitpunkt durchgeführt werden können.
Partnerschaft für die Wolke
Im März haben Volkswagen und Siemens eine tiefgehende Partnerschaft für die »Volkswagen Industrial Cloud« betont, um Maschinen und Anlagen unterschiedlicher Hersteller in den 122 Volkswagen-Fabriken effizient miteinander zu vernetzen. Durch die Datentransparenz und -analytik sollen die technologischen Voraussetzungen für weitere Produktivitätssteigerungen in den Werken von Volkswagen geschaffen werden. Darüber hinaus machen Siemens und weitere Maschinen- und Anlagenlieferanten Anwendungen und Apps aus dem Internet-of-Things-System MindSphere in der industriellen Cloud-Plattform verfügbar. »Wir freuen uns, Volkswagen beim Aufbau seiner neuen Industrial Cloud mit unserer offenen IoT-Plattform MindSphere zu unterstützen. Hierfür werden wir die Maschinen, Produktionssysteme und Anlagen durch MindSphere sowie mit unseren Automatisierungsplattformen stärker vernetzen. Damit können Volkswagen, Zulieferer und Maschinenbauer das Potenzial von Produktionsdaten noch besser nutzen. Dadurch lassen sich Effizienz und Flexibilität in der Produktion sowie die Produktqualität weiter steigern«, sagt Klaus Helmrich, Mitglied des Vorstands der Siemens AG.
Mit der Volkswagen Industrial Cloud, die Volkswagen gemeinsam mit Volkswagen Amazon Web Services aufbaut, schafft der Konzern die Grundlage für die durchgängige Digitalisierung seiner Produktion und Logistik. Langfristig geht es auch um die Integration der globalen Lieferkette von Volkswagen mit über 30.000 Standorten von mehr als 1.500 Zulieferern und Partnerunternehmen. Die Plattform steht auch weiteren Partnern offen.