Flexibilität für den Bahnstrom
- Written by Redaktion
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Die ÖBB erteilen grünes Licht für den Bau des Pumpspeicherkraftwerks Tauernmoos für eine künftig stärkere eigenständige und nachhaltige Stromerzeugung.
Bereits in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurden die beiden Speicherseen Tauernmoos und Weißsee im hinteren Stubachtal, Gemeinde Uttendorf, im Nationalpark Hohe Tauern errichtet. Der Tauernmoossee wird seither mit dem Kraftwerk Enzingerboden zur Stromgewinnung mit einer Leistung von 80 MW genutzt. Der um 220 Meter höher gelegene Weißsee dient bis heute nur als Vorspeicher. Die Fallhöhe zwischen Weißsee und Tauernmoossee wird nicht genutzt. Durch das neue Pumpspeicherkraftwerk mit zwei 85-MW-Turbinen wird auch dieser Höhenunterschied der Speicher zur Stromgewinnung für den Betrieb von Zügen ab Ende 2025 verwendet werden können. Durch die bereits vorhandenen Stauseen kann der Bauaufwand und damit der Eingriff in die Natur minimiert werden.
Die aktuelle Spitzenlast im Bahnstromnetz der ÖBB beträgt etwa 500 MW. ÖBB-eigene Wasserkraftwerke können derzeit rund 300 MW produzieren, der Rest wird über Frequenzumformer zugekauft. Für die nächsten Jahre rechnet man mit einem weiteren Anstieg der Spitzenlast auf 620 bis 730 MW. Die Dynamik der Bahnstromlast wird durch den Systemfahrplan und die stetig steigende Anzahl von rückspeisefähigen Triebfahrzeugen wachsen.
Mit der Pumpspeicherung können hohe Leistungsspitzen im Bahnstromnetz optimiert abgedeckt werden. Beispielsweise kann bei geringer Nachfrage überschüssiger Strom genutzt werden, um Wasser in das höher gelegene Speicherbecken zu pumpen. Das gespeicherte Wasser wird dann bei erhöhter Nachfrage wieder abgelassen, um Leistungsspitzen abzudecken.
Beeindruckende Maßstäbe
Die Kaverne des geplanten Kraftwerks Tauernmoos wird in eine Maschinenkaverne und eine Trafokaverne unterteilt. Ein Hallenkran ermöglicht das Umsetzen von schweren Teilen der Anlage während Bau und Betrieb. Die Ausrüstung des Kraftwerks besteht aus reversiblen Francis-Pumpturbinen, Schaltanlagen, Transformatoren und Generatoren. Auch ein Leitstand, Werkstätten und ein Aufenthaltsraum sind in der Kaverne untergebracht. Die Höhe der Kaverne entspricht einem zwölfstöckigen Wohnhaus, die verschiedenen Ebenen sind durch einen Lift und ein Stiegenhaus erschlossen.
Der geplante Unterwasserstollen zwischen dem Kavernenkraftwerk Tauernmoos und dem Tauernmoossee ist rund 350 Meter lang. Er überwindet einen Höhenunterschied von 57 Metern, das Auslaufbauwerk befindet sich über der Turbinenebene. Der Unterwasserstollen ist permanent mit dem Wasserdruck des Tauernmoossees beaufschlagt. Dadurch ist sichergestellt, dass auch während der Betriebsart »Pumpen« kein unzulässiger Unterdruck die Funktion der Anlage beeinträchtigt.
Die bestehenden Kraftwerksanlagen und die zugehörigen Oberwasseranlagen sind derzeit durch Seilbahnen und Straßen erschlossen. Wetter und Schneelage behindern wiederkehrend die für die Instandhaltung erforderliche Zufahrt. Der geplante Erschließungstunnel Stubachtal wird auf einer Länge von 8.570 Metern wettersicher und leistungsfähig die Bestandsanlagen und in Zukunft auch das Kraftwerk Tauernmoos mit dem öffentlichen Straßennetz am Enzingerboden verbinden. Auch die Energieableitung des neuen Kavernenkraftwerks kann der Zufahrtstunnel aufnehmen.
Der Querschnitt des Tunnels ermöglicht die Anlieferung von Baustoffen, Bauteilen und Ersatzteilen per LKW und Sondertransporten. Geplant ist ein berechneter Ausbruch von insgesamt 310.000 m².
Daten & Fakten
Pumpspeicherkraftwerk
Investitionssumme: 300 Mio Euro
Leistung: 170 Megawatt (MW)
Produktion: 16 Gigawattstunden (GWh)/Jahr aus natürlichem Zufluss
Hohe Technik- und Umweltstandards
Baubeginn: ca. Mitte 2021
Inbetriebnahme: ca. Ende 2025