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Die Segel setzen

Auch auf hoher See ist die Energiewende ein Thema. Moderne Segelfrachtschiffe könnten den globalen Transport  grüner machen.

Diese Süßigkeit ist ein wahres Luxusprodukt: Etwa zwölf Euro kostet eine Tafel Tres-Hombres-Schokolade mit leichten 70 Gramm Gewicht. Trotzdem ist der Preis nachvollziehbar: Der Kakao für das Bioprodukt stammt nicht nur selbstverständlich von fair bezahlten, nach biologischen Prinzipien anbauenden Plantagen aus der Dominikanischen Republik, sondern er wurde auch völlig ohne CO2-Emissionen aus der Karibik in die Niederlande zur Verarbeitung gebracht – per Segelschiff. Die »Tres Hombres« ist ein 32 Meter langer Schoner, der seit 2009 im Auftrag der holländischen Firma Fair Transports mit 35 Tonnen Fracht den Atlantik überquert. An Bord: karibischer Rum, Tee, Kaffee und Kakao – für eine betuchte europäische Klientel, die bereit ist, für den umweltfreundlichen Transport tiefer in die Tasche zu greifen.

Noch ist Frachttransport ganz ohne fossile Energieverbrennung eine spleenige Luxuswahl für die, die es sich leisten wollen, doch das könnte sich ändern. 90 % aller Exportgüter werden per Schiff in die Welt geschickt - die globale Emissionsbelastung durch die schweren Frachter mit ihren Containerlasten sind beträchtlich. Betankt werden sie großteils mit Schweröl, einem Abfallprodukt aus der Diesel- und Benzinherstellung, und der gesamte Schiffsverkehr weltweit verbraucht rund 140 Millionen Tonnen Brennstoff im Jahr. Die Frachtschifffahrt allein bläst so jährlich eine Milliarde Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre. Neben der Tres Hombres kreuzen nun zunehmend andere Frachter fast ohne Dieselgestank ihren Zielen entgegen – und das nicht nur mit der bewährten Technik der nautischen Vergangenheit, sondern durchaus futuristisch.

Andreas Lackner, einer der Gründer von Fair Transports, denkt weiter. Er berät den holländischen Schiffsbauer Dykstra beim Bau eines gewaltigen Projekts: Der »Ecoliner« soll 8000 Tonnen Fracht transportieren können, und das auch mithilfe riesiger, automatischer Segel und durch satellitengestützte optimierte Navigation. Eine ganze Flotte dieser Riesen soll so mit viel weniger fossilen Brennstoffen die Weltmeere durchqueren. Auch der US-amerikanische Industriegigant Cargill will sich im umweltfreundlichen Schiffsfrachtwesen engagieren. 500 Frachtschiffe hat das riesige Familienunternehmen für seine globalen Exporte gechartert. Zukünftig sollen deren Frachten sauberer an ihr Ziel gelangen.

Gemeinsam mit dem Hamburger Innovator SkySails arbeitet man an der Weiterentwicklung von dessen Projekt, Frachtschiffe durch riesige, hoch fliegende Lenkdrachen umweltfreundlicher voranzubringen. Dass durch Weltwirtschaftskrise und fallende Ölpreise diese visionären Modernisierungsprojekte teurer werden, ist für Cargill kein Grund zum Umkehren: »Nachhaltigkeit ist wichtig für unsere Kunden, also ist sie auch wichtig für unser Geschäft«, meint John McCluckie, Sales- und Marketingchef des Konzerns.

Doch Windkraft bedeutet nicht (nur) Segel in allen Formen und Größen: Das norwegische Projekt »Vindskip« verzichtet auf Segel – es ist selbst eines. Hoch aus dem Wasser aufragend, soll die gesamte Oberfläche des Schiffes wie eine Flugzeugtragfläche den Wind als Antrieb nutzen – dank modernster GPS-Navigation und satellitengestützter Wetteranalysen braucht das Gefährt dann nur bei Flaute oder komplizierten Manövern die zusätzliche Unterstützung von Verbrennungsmotoren. Bis 2019 wollen die Norweger vom Stapel laufen und so zu einer umweltfreundlichen Zukunft der Hochseeschifffahrt beitragen.

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