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Bau-Puzzle

\"Für»Modulbau ermöglicht einfache und rasche Konstruktionen am Bau« versus »Modulbau bietet zu wenig Planungsfreiraum«: So sehen Befürworter und Kritiker den modularen Baustil. Was steckt dahinter?

Von Karin Legat

Bis zu 90 Prozent aller Arbeiten erfolgen beim modularen Bauen vorab im Werk. Je nach Abwicklung unterscheidet die Bauwirtschaft zwischen der Containerbauweise, bei der komplett ausgestattete Elemente mittels Baukran aufgestockt werden, und der Skelettbauweise. Hier wird die Außenwand vorgefertigt, die Raumausstattung erfolgt nach dem Baukastenprinzip individuell vor Ort. Beide Modulbauweisen überzeugen durch eine deutliche Verkürzung der Bauzeit vor Ort und damit verbunden durch eine signifikante Reduzierung der Bauemissionen wie Lärm und Staub, Kalkulationssicherheit, Kostenersparnis und -transparenz sowie langfristige Investitionssicherheit. »Ich selbst habe noch nie mit Modulen gearbeitet. Modulbau eignet sich meiner Meinung eher für den Neubau«, berichtet Baumeisterin Renate Scheidenberger vom Baumanagementunternehmen Baukultur, die mit ihrem Baubüro auf Sanierung und Altbau spezialisiert ist. »Ich beobachte diese Konstruktionsweise aber bei vielen Kollegen und von daher bewerte ich den Modulbau als sehr sinnvoll. Seine Vorteile liegen vor allem im Wegfall von Trocknungsphasen. Er sorgt außerdem für höhere Maßgenauigkeit und Qualität als bei der Produktion vor Ort.« Für Oberndorfer bildet die modulare Bauweise gerade für kleine Projekte eine klare Alternative zur konventionellen. Durch das fertige Baukastensystem könne fast jede gewünschte Gebäudevariante realisiert werden. Auch die Strabag setzt punktuell auf modulares Bauen. »Modulbau kommt z.B. bei Sanitärzellen im Pflegeheim- oder Hotelbereich zur Anwendung, wo sie vorinstalliert auf die Baustellen kommen. Im Strabag Technologiekompetenzzentrum »Zentrale Technik« wird deshalb mit 5D ein erweiterter Ansatz inklusive der Systematisierung der Planungs- und Bauabläufe verfolgt.

Auf ein Neues

»Modulares Bauen spielt für uns vor allem für den mehrgeschoßigen Wohnbau eine große Rolle, da mit Fertigteilen die Bauzeit verkürzt und die Kosten niedriger gehalten werden können«, betont Bruno Mauerkirchner, Geschäftsführer der Schöck GesmbH. »Außerdem ist die erzielte Qualität im Fertigteilwerk aufgrund verfahrenstechnischer Vorteile meist höher als bei Ortbetonlösungen«, unterstützt er Scheidenberger. Allerdings sei eine wesentlich genauere Planung nötig, weil kurzfristige Änderungen aufgrund der Vorlaufzeit der Ausführungspläne schwieriger sind. Versetzarbeiten erfordern eine wesentlich höhere Tragkraft des Kranes. »Der Trend zu Fertigteilen geht in der modernen Bauweise jedoch eindeutig weiter. Je kürzer die Bauphasen eines Projekts gestaltet werden, desto lukrativer ist das für den Investor«, betont Mauerkirchner. Der Fertigteilbau bietet laut Schöck zudem eine größere Flexibilität als ein Massivhausbau. »In den Niederlanden etwa wird hauptsächlich modular gebaut, dort allerdings im Hinblick auf die Möglichkeit, ein Bauwerk abzubauen und woanders neu zu errichten«. Spätere Anpassungen sollten im Idealfall schon bei der Planung mitberücksichtigt werden. Auch für Maba Fertigteilindustrie bedeutet Modulbau eine unschlagbar effiziente Bauweise im Hochbau. »Bauzeiten und verlässliche Kosten sind bei allen Auftraggebern vorrangig. Dabei geht es vor allem um die rasche Errichtung des Rohbaus. Die strikte Einhaltung des Bauzeitplans wie auch die Erreichung einer gleichmäßigen Qualität sind bei mehrgeschoßigen Wohnbauten für das ausführende Unternehmen häufig eine kritische Herausforderung«, gibt Bernhard Rabenreither, Geschäftsführer der Maba Fertigteilindustrie, Einblick in die module Baupraxis. Neben der wirtschaftlichen Errichtung spielt aber auch die energetische Betrachtung eine sehr große Rolle. »Im 22. Wiener Gemeindebezirk wird derzeit auf rund 6.000 Quadratmetern Grundfläche ein neuer Wohnpark in Modulbauweise errichtet.

Durch die hohe Vorfertigung und die große Maßhaltigkeit können die Fertigteile rasch und sicher versetzt werden. Der Einsatz eines Turmdrehkranes und die damit verbundenen Kosten können durch die kurze Einsatzzeit eines Mobilkranes reduziert werden«, berichtet Rabenreither von der Baustelle. Des Weiteren wird der Feuchtehaushalt des Gesamtobjektes durch die werkseitige Fertigung mit technischer Betontrocknung positiv beeinflusst. Auch das Caritas Haus Noah in Wien wurde modular errichtet. Zum Einsatz kamen Stahlbetonwände, Treppen, Liftschächte und Hohldielendecken aus Betonfertigteilen sowie Wohnbauwände aus Ziegelit. »Die Massivwände wurden in Stahlschalungen hergestellt, was eine sehr gute und gleichmäßige Oberflächenqualität erzielt.« Der Beton-Fertigteilbau als wirtschaftlicher Problemlöser deckt heute bereits den überwiegenden Anteil am konstruktiven Industriebau.

Im Vergleich mit Holz- oder Stahlbausystemen punktet der Beton-Fertigteilbau durch seine hohe Belastbarkeit, Lebensdauer und Wartungsfreiheit. In Modulbauweise lassen sich auch Gebäudelastenträger errichten. Nahe dem Innsbrucker Hauptbahnhof entsteht derzeit auf rund 3.300 Quadratmetern ein multifunktionaler Gebäudekomplex. »Eine einzige dieser Schleuderbetonstützen hat eine Tragkraft von rund 500 Mittelklasse-PKWs«, informiert Rabenreither. Maba Fertigteilindustrie ist mit den sechs Kernbereichen Treppen, Wohnbausystemlösungen, Schleuderbetonprodukte, Verkehrswege/Straßenbauprojekte, Tiefbau/Groß- und Standardprojekten sowie Fishpass das größte österreichische Fertigteilunternehmen in diesem Marktsegment. Für den mehrgeschoßigen Wohnbau ist das Unternehmen der einzige österreichische Anbieter von System-Komplettlösungen.

5D: Vom Modulbau hin zur Systematisierung des Bauablaufes

Der Modulbau hat eine lange Tradition: Die Firma Digitales Bauen aus Karlsruhe hat das Thema modulares Bauen mit Professor Hovestadt in den 1960er-Jahren sehr stark verfolgt. Prinzipiell eignet sich die Modulbauweise vor allem für Hallen und Standardbüros, dennoch hält der Modulbau einen sehr geringen Anteil, da ihm der hohe architektonische Anspruch fehlt. Im planerischen Bereich wird modulares Bauen eher zurückhaltend eingesetzt, weil die planerische Flexibilität fehlt. Der Architekt hat gewisse Vorstellungen seines Gebäudes und will sich nicht, wie Strabag in der überwiegenden Zahl der Fälle festgestellt hat, auf einige wenige Module beschränken. Er möchte Planungsfreiheit für seinen Entwurf erhalten. Daher begann in der Zentralen Technik der Strabag vor etwa acht Jahren die Entwicklung von 5D. Es wurden wiederkehrende Abläufe und Bauteile im Projekt identifiziert und modelliert, um Informationsbrüche zwischen den ersten Ideen, der Planungsphase, der Ausschreibung, der Vergabephase und der Ausführung zu vermeiden. Aus diesem Ansatz heraus hat Strabag einen durchgängigen Bauprozess etabliert und gemeinsam mit anderen Marktteilnehmern den Begriff 5D geprägt. Erste Entwicklungen wurden im Rohbau mit der Schaffung von Produktfamilien wie Bodenplatten, Stützen und Wandscheiben durchgeführt. Es ist der Ansatz, die ganze Prozesskette planerisch, ausführungstechnisch und betriebstechnisch zu hinterleuchten und zu optimieren. Damit bietet 5D eine größere Spannweite als der Modulbau. Den Vorteil sieht Strabag im Systemansatz. Im Hochbau wird 5D über den Rohbau hinaus auch beim Ausbau und der Fassade entwickelt. Entsprechende Ansätze gibt es auch im Tiefbau im Zusammenhang mit der Planung von Tunneln in Tübbingbauweise. Für Peter Greußing, Geschäftsführer der Rhomberg Bau GmbH und Leiter des Geschäftsfeldes Systembau bei Rhomberg, bietet die Modulbauweise vor allem im Hochbau große Vorteile: »Für Gebäude, die eher gleichartig und in dem Sinne wenig individualisiert sind, also z.B. für Wohn- und Industrieanlagen, ist die Systembauweise von erheblichem Vorteil – gerade auf der Kosten- und Terminseite. Für gewerbliche Systembauten gibt es Standardformen, die dem Kunden eine rasche und kostengünstige Umsetzung bei trotzdem relativ hoher Flexibilität ermöglichen.« Greußing macht einen Unterschied zwischen System- und Modulbau: »Module haben nach unserem Verständnis immer eine räumliche Komponente, während es im Systembau um die Planung und den Bau mit Einzel- und Fertigteilen geht.« Auch im Systembau spiele der Vorfertigungsgrad demnach eine große Rolle. Der Systembau ist bei Rhomberg sehr ausgeprägt und wird laufend weiterentwickelt – gerade auch im gewerblichen Systembau in der deutsch-österreichischen Partnerschaft Goldbeck-Rhomberg. Cree, ein Tochterunternehmen von Rhomberg, setzt bereits moderne Holz-Hybrid-Häuser in Systembauweise um: Ein erster »Life Cycle Tower« entsteht derzeit am Standort Dornbirn.

 

>> Vor- /Nachteile

Modulares Bauen wird als multifunktionales und flexibles High-Tech-Bausystem beschrieben. Welche Vorteile bietet modulares Bauen im Hochbau (mehrgeschoßiger Wohnbau, Büro- und Gewerbebau) und im Tiefbau (Tunnel, Straße) und gibt es Nachteile?

+ Termintreue, rasche Bauzeit
+ wirtschaftliches Bauen, niedere Baukosten
+ gute Voraussetzungen für spätere Expansionen  und Umgestaltungen
– Höheres Risiko für planerische Ungereimtheiten
– Notwendigkeit sorgfältiger Planung
– Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit

 

\"Im>> I3CON:

Das EU-Forschungsprojekt I3CON beschäftigte sich mit innovativen industriell gefertigten Gebäuden und Systemen, integrierten Bau-und Geschäftsprozessen sowie Gebäudesystemen mit verteilten Steuerungssystemen mit eingebauten Sensoren, drahtlosen Verbindungen, Umgebungs-Benutzeroberflächen und autonomen Steuerungen. I3CON wurde von 2006 bis 2010 als gemeinsames Forschungsprojekt von 26 Partnern aus 14 Ländern Europas durchgeführt.

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