Trojanisches Pferd
- Written by Redaktion_Report
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Inhaltlich weise der vorliegende Entwurf der EU-Richtlinie aber nach wie vor \"enormen änderungsbedarf“ auf - etwa beim Thema Kostenersatz. Zwar habe die Kommission bereits erkannt, dass die neuen Verpflichtungen nicht zu Lasten der Betreiber des öffentlichen Kommunikationsnetzes und der Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste gehen können. Aber: \"Es gibt nach wie vor keine eigene Kostenschätzung der Kommission. Keine Behörde traut sich offen zu sagen, welche Kostenlast den Betreibern auferlegt wird.“ Singer fordert jedenfalls den Ersatz der gesamten Kosten, die Telekom- und IT-Unternehmen durch die Vorratsdatenspeicherung entstehen, durch die öffentliche Hand. \"Den Unternehmen erwächst ja kein Vorteil aus den zusätzlich gesammelten Daten.“
Auch der im Entwurf vorgesehene Umfang der Daten stößt auf wenig Gegenliebe - Singer dazu: \"Nach wie vor ist die Speicherung von Datenarten vorgesehen, die bei den Betreibern derzeit nicht anfallen und die daher erst neu generiert werden müssten. Das ist unverhältnismäßig.“
Massive Kritik äußert die österreichische IT- und Telekomwirtschaft auch am Vorhaben, die Datenarten in einem so genannten Komitologie-Verfahren im Nachhinein durch einen Ausschuss aus Vertretern der Mitgliedstaaten unter Vorsitz der Kommission zu erweitern. \"Der Entwurf entpuppt sich als trojanisches Pferd, als Mogelpackung, durch die die Zustimmung des Europäischen Parlaments im offiziellen Rechtssetzungsverfahren erkauft wird. Die unkontrollierte Erweiterung ohne jegliche Anhörungsrechte Dritter kann später ungeahnte Folgen für die IT- und Telekomwirtschaft haben“, behauptet Singer. Die Entscheidung, welche Daten gespeichert werden, müsse den politisch Verantwortlichen vorbehalten bleiben.
überbordend sei der Entwurf weiters im Bezug auf die Speicherfristen: Zwar sei es begrüßenswert, dass von völlig unverhältnismäßigen Plänen für Fristen von bis zu vier Jahren abgegangen werde. Die allgemeine Speicherverpflichtung von einem Jahr sei aber vor dem Hintergrund, dass sich der entscheidende Teil der Behördenanfragen maximal auf drei Monate alte Daten richte, nach wie vor zu lang. Eine weitere Reduktion würde den praktischen Abläufen viel eher gerecht werden.
Daneben bleiben allgemeine datenschutzrechtliche Bedenken aufrecht: \"Es muss sichergestellt werden, dass nur staatliche Behörden zum Zwecke der Strafverfolgung auf richterlichen Befehl Zugang zu den Daten erlangen können. Stellt man jetzt nicht sicher, dass die Ergebnisse der Datenspeicherung nur in engen Grenzen verwertet werden dürfen, leidet das Vertrauen der Bürger in neue Technologien“, befürchtet Singer.