Menu
A+ A A-

Voices into IP-Heaven

Rückblickend wird das Jahr 2005 offensichtlich tatsächlich so etwas wie das Jahr der Voice-over-IP gewesen sein. Nach vielen Monaten unermüdlicher Promotionstouren der IT-Industrie, um die neuen, sexy Möglichkeiten der IP-Telefonie zu preisen, sind mehr und mehr Projekte bereits umgesetzt. Das Fazit vorweg: Die VoIP-Player in österreich haben sich zu einer erfrischenden und pulsierend-innovativen Szene gemausert. Sorgt etwa das Wiener IT-Urgestein Kapsch mit seiner Hosted-IP-PBX-Lösung (Codename »Missi-SIP-pi«) für erstaunte Gesichter auf den Branchenmessen weltweit, folgen in seinem Kielwasser weitere Innovatoren mit Eigenentwicklungen zur IP-Welt. Die Wiener Kollegen von Silver Server etwa, die kurz vor dem Roll-out einer virtuellen Telefonanlage stehen. An der Selbstentwicklung, einem Serverdienst auf Basis von Open-Source-Software, wird seit Monaten mit einer eigenen VoIP-Taskforce gebastelt. Und bei dem Alcatel-Spin-off NextiraOne kursieren mittlerweile seitenlange Excel-Listen, die ein umgesetztes VoIP-Projekt nach dem anderen beschreiben. Weiters: Der Telekomkonzern T-Systems stellte nun eine IP-Telefonie-Lösung vor, die Datenkommunikation, Festnetz- und Mobiltelefonie für Unternehmen generell in nur noch einem einzigen Netz zusammenfassen will. »Damit lassen sich bis zu 20 Prozent Gesprächskosten einsparen«, heißt es aus dem T-Center, österreichs bislang größtem Standort, der durchgehend mit IP-Telefonie verkabelt worden ist. Verantwortlich dafür: wiederum NextiraOne, die einen weiteren großen Fisch an Land gezogen haben - für das Außenministerium wurde das gesamte Netzwerk erneuert und eine IP-Telefonie-Lösung implementiert. In den nächsten Monaten sollen die 111 weltweit verteilten Außenstellen (sprich: Botschaften) IP-getrieben ans hauseigene WAN angeschlossen werden. IP-Spezialisten reiben sich bei solchen Aufträgen vergnügt die Hände. Keine Frage - 2005 war es wirklich so weit.

Bunte IP-Welt. »Das Interessante an IP-basierenden Lösungen ist, dass sie je nach Kundenanforderungen beliebig angepasst werden können«, weiß Telekom-Austria-Mann Edmund Haberbusch, Leiter Produktmanagement. Wären zuvor Callcenterlösungen erst ab einem Investitionsvolumen von 500.000 bis 700.000 Euro zu haben gewesen, würde man diese nun schon um wenige tausend Euro bekommen. »Letztendlich hängt das allerdings von den Implementierungskosten ab«, sagt der IKT-Experte folgerichtig und wendet sich wieder der Applikationsentwicklung von IP-Lösungen zu. Der Incumbent reüssiert noch immer (und immer öfter) mit seiner favorisierten IP-Lösung Cisco Call-Manager und erweitert unermüdlich das Anwendungsportfolio für das VoIP-Universum.Die Kostenreduktion durch eine einzige Leitung, die den Sprach- und Datenverkehr transportiert, ist bekanntlich nur eines der beiden Argumente für VoIP. (übrigens, passend zum Thema: Stellen Sie sich einmal vor, Sie haben dank IP plötzlich reduzierte Leitungskosten bei 230.000 Nebenstellen. EDS hat dies in einem Monsterprojekt für die Bank of America bewerkstelligt. Hierzulande hat der Systemintegrator aber noch keine VoIP-Aufträge laufen.)

Der andere Vorteil, den die IP-Telefonie willigen Unternehmen bringt, ist gleich ein ganzes Bündel, ein hübscher Blumenstrauß an Gimmicks. T-Systems-Managerin Tina Reisenbichler etwa sieht bereits in jedem IP-Telefon den potenziellen kleinen Computer für Adressbücher, Zeiterfassung und Informationsdienste zu Börsenkursen, Bestellungen und vielem mehr. Ihr Kollege Michael Bicsik möchte am liebsten Bürolampen und Jalousien mit seinem IP-Phone ein- und ausschalten, auf- und niederfahren. Andere bekreuzigen sich an diesem Punkt: Das applikationsverseuchte Telefon ist für Siemens-Communications-Manager Josef Jarosch »sicher nicht der Weisheit letzter Schluss«. Er plädiert für eine »vernünftige Abdeckung der Bedürfnisse«. Und Hutchison-Managerin Alexandra Reich (damals noch bei der UTA) sprach anlässlich der Integration der virtuellen Kapsch-Telefonanlage ins UTA-Produktportfolio gar von etwas »Haptischem«. Die VoIP-Szene ist bunt - und das ist gut so. Denn nichts liegt dieser neuen Disziplin ferner, als ihrer Kundschaft Standardlösungen über den Kopf zu ziehen.

Labors geschlossen. »Im Umgang mit Steuergeldern sind keine Experimente zulässig«, stellt Wolfgang Loibl, Leiter der Infrastruktursektion VI im neu vernetzten Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten jegliche budgetäre Abenteuerlust in Abrede. Man habe aber eines erkannt: IP-Telefonie ist ausgereift. (NextiraOne und alle anderen Integratoren danken.) Und sie führen vor, welche Projekte realisiert, welche Branchen beglückt, welche IP-Anwendungen nachgefragt werden. Denn all dies zeigt schließlich: 2006 wird definitiv das Jahr der VoIP.

back to top