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In luftigen Höhen

\"Alles ist Commodity sagen nur die, die schon seit Jahren technisch hinten nach sind“, heißt es bei dem Storagekonzern EMC. Eine Industrie, die sich rühmt, ihre Produktlösungen in wenigen Jahren komplett vervirtualisiert zu haben, richtet nun die Schweinwerfer auf Wesentliches: die Komplexität der Kundenbedürfnisse. Dass die Virtualisierung von Speichersystemen, also das zentrale Management und die Nutzung verteilter Speicherressourcen auf einer einzigen Konsole, alles andere als simpel ist, ist seit langem klar. Die Storageunternehmen wehren sich aber zunehmend gegen die Unsitte am Markt, dass in den Ausschreibungen zu neuen Speichersystemen vom Kunden lediglich \"Eisen“ gefordert wird. Die zentralen Faktoren in modernen Speicherlösungen sollten dagegen nicht \"Festplatten, sondern Service-Level-Agreements sein“, rät EMC-österreichchef Martin Rajsp. Andernfalls käme das Resultat mitunter teurer als eine Implementierung, die von Grund auf durchgehende Konzepte verfolgt und \"nicht nur die Büchsen zählt“, so Rajsp.

Zwar ist EMC im Vergleich zu HP und IBM mit seinen 13 Jahren am Markt ein relativ junger Player im Storage-Business, doch kennt man seine Kunden. \"Jeder IT-Manager ist mit einem bodenlosen Wachstum an Daten bei gleichzeitig minimiertem Budget konfrontiert“, sorgt sich EMC-Chef Joe Tucci um die weltweit angespannte wirtschaftliche Situation der Unternehmen. Dem eigenen Portfolio wird deshalb nun abverlangt, Storagebedürfnissen auf ganz neuen Ebenen zu begegnen. Der EMC-Chef ist dabei, sein Unternehmen massiver in den Softwareteil der Storagezukunft zu hieven. 37 Prozent der gesamten Umsätze wurden im letzten Quartal bereits mit Softwarelösungen generiert. \"Software wird ein immer größeres Stück vom Kuchen bekommen“, prognostiziert Tucci. Um dies den Kunden von Angesicht zu Angesicht zu vermitteln, startete EMC nun eine unternehmenseigene Consulting-Sparte. Man wolle damit den Wettbewerbsvorsprung gegenüber der Konkurrenz in Sachen intelligenter Datenverwaltung erhöhen, sagt Derrell James, Vice President Technology Solutions EMC. Die Marke \"EMC Consulting“ soll dabei dezidiert Storage-Know-how nach außen tragen - Partnerschaften mit anderen Beratern wie Accenture oder Getronics bleiben vorerst aufrecht. Völlig neu ist die Consulting-Idee freilich nicht: Der Speicherexperte kann auf die Expertise seiner weltweit mehr als 4000 Beratungspexperten zurückgreifen, die seit rund drei Jahren unter anderem in mehr als 600 Projekten aktiv waren.

Neues Management. Die neue formierte Beratungstruppe soll dem Schlachtplan aus dem Hauptquartier in Massachussets zufolge das Archivierungskonzept \"Information Lifecycle Management (ILM)“ konzertiert am Markt vorantreiben. Dank ILM könnten etwa E-Mails in einem Exchange-System so gelagert werden, dass sie wie gewohnt schnell verfügbar sind - mit zunehmendem Alter aber neue Archivierungslevels zugeteilt bekommen. Heißt: Daten, auf die unter Umständen nur noch spärlich zugegriffen wird, lagern dann an einem kostengünstigeren Speicherort. \"Delete it“, heißt es dann dank ILM nach rund einem weiteren halben Jahr. Plakativ dargestellt: Das Betätigen der Löschtaste wird automatisiert und sichert so Unternehmen wertvolle Ressourcen. Enorm wichtig dabei: Ein regelbasiertes Management der Unternehmensdaten sorgt für die Klassifizierung der Daten in wertvolle und weniger wertvolle Assets. Denn das ist Information geworden: ein Asset.

Speicherhersteller wie EMC haben evolutionär einen Schritt nach vorne gemacht: \"Vor drei Jahren haben wir unseren Kunden noch Speicherequipment verkauft“, berichtet Finanzvorstand Bill Teuber, \"jetzt informieren wir sie über die weitere Entwicklung von Informationsmanagement.“ Man setzt dabei auf eine Kundenstrategie, nicht Herstellerstrategie, betont EMC. Generell sieht sich Tuccis Mannschaft mit dem Lineal bewaffnet, um die IT-Infrastruktur beim Kunden mit Business Values zu \"unterstreichen“. Um rund 60 Prozent wächst die Informationsmenge in den Netzwerken jährlich. Daten in jeglicher strukturierter, unstrukturierter und teilstrukturierter Form - \"so ziemlich alles in digitalem Format“, sagt EMC - würden auf zunehmende Komplexität, Sicherheitsbedürfnisse und Geschäftsanforderungen treffen. Man will den Schlüssel zu all diesen Problemen in ILM gefunden haben.

Als Rezept für die Implementierung derartiger Informationslösungen passiert in der Regel folgendes: in einem ersten Schritt gilt es unterschiedliche Infrastrukturebenen zu definieren. Dabei werden kostenintensiven, schnellen Storagebereichen jene Unternehmensdaten zugewiesen, die brandaktuelle Relevanz aufweisen. Information, die es bestenfalls wert sind, gleich archiviert zu werden, platziert das Informationsmanagement dann in die günstigeren Ecken der Speicherlandschaft. All dies soll bald auch für den Mittelstand gelten, so Prognosen. \"Die meisten Unternehmen können in dieser Phase bereits 20 Prozent ihres Storagebudgets sparen“, sagt David Goulden, Executive Vice President Customer Operations. Und Phase zwei? Hier wagt sich die Branche bereits in den Applikationsbereich. Dabei findet das Ablegen anwendungsbasierter Information in die jeweils passende Schublade statt. Etwa bei E-Mail-Systemen. Goulden weist dabei auch gleich auf eine dritte, vorläufig letzte Phase des ILM hin. über die Applikationen hinaus werden in Zukunft Daten in einem absolut durchgehenden Enterprise-Content-Management gespeichert und verwaltet werden. Dieses Konzept entspricht ein bisschen der IP-Wolke in den Netzwerken, die anwenderspezifisch jeweils dem aktuellen Bedürfnis nach durchschritten wird. Daten in einer solchen Speicherwolke sind mit Metainformation versehen, die Unternehmen den entscheidenden Schritt zu mehr \"Business Value“ ermöglichen. Solcherart abgelegte Datensätze könnten bei entsprechend vernünftigem Addieren neue Erkenntnisse ergeben, die entscheidend im Wettbewerb sind.

Die Roadmap. Die Visionen rund um den Intelligenzschub der Speicherwelt sind in der Praxis freilich noch Zukunftsmusik. Die Speicherbranche hat nach dem enormen Preisverfall in 2001 und 2002 nun mit jährlichen Preisabschlägen von 25 bis 30 Prozent zu leben gelernt. Dennoch wird EMC in diesem Jahr eine sagenhafte Summe von einer Mrd. Dollar in Forschung und Entwicklung investieren. \"Wir sind kein Speicherhersteller - wir sind ein Technologieunternehmen“, sagt Entwicklungschef Mark Lewis. Für Lewis ist das Potenzial der Produktivitätsteigerung in den Netzen bereits vorhanden. Man müsse es nur noch heben. Die Kunst sei aber nun, dies Unternehmen einfachst zu ermöglichen. \"We have to add simplicity“, ist mittlerweile ein Bekenntnis, das längst branchenübergreifend greift. Und es geht weiter: Webservices werden zahlreiche Funktionen direkt aus den Speichersystemen heraus darstellen können, offene Standards künftig noch mehr Hersteller einbinden. Dass EMC proprietären Storageumgebungen verhaftet sei, weist Lewis energisch zurück. Mitbewerber wie IBM oder Hitachi Data Systems würden EMC \"absichtlich aussperren“. \"Nehmen Sie einmal Hitachis Virtualisierungsstrategie: die läuft nur auf dem eigenen TagmaStore“, so Lewis. \"EMC ist das einzige Unternehmen, dessen Lösungen auf wirklich vielen Plattformen laufen.“

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