»Wir lassen uns nicht verheizen«
- Written by Redaktion_Report
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Die Lage ist dramatisch. Die Dämmstoffindustrie wartet dringend auf Impulse und fordert unisono eine Zwischenlösung für die thermische Sanierung. Doch die bleibt bislang aus.
Eine Förderaktion namens »Sanierungsscheck«, von der Regierung Mitte letzten Jahres zur Konjunkturbelebung gestartet, erwies sich prompt als voller Erfolg. Ursprünglich bis Ende 2010 vorgesehen, war der für den privaten Wohnbau reservierte Fördertopf für thermische Sanierungsmaßnahmen bereits knapp drei Monate nach Start ausgeschöpft. Von April bis Juni 2009 wurden insgesamt 15.300 Anträge bei den Bausparkassen eingereicht, die die Aktion kostenlos abwickelten. Vom Bund wurden 61 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Der regen Nachfrage wegen wurden 11 Mio. Euro vom betrieblichen Förderkontingent auf private Objekte umgeschichtet. Es war eine Erfolgsgeschichte sondergleichen, die in einem wirtschaftlich ohnehin schwierigen Jahr für Aufträge und Beschäftigung sorgte. Und heuer?
»Der große Erfolg dieser Aktion legt den Schluss nahe, dass ein Wiederaufleben des Sanierungsschecks die beste und wirksamste Maßnahme zur Ankurbelung der thermischen Sanierung wäre«, meint Erich Rainbacher, Generaldirektor der Raiffeisen Bausparkasse. Unter der Annahme, dass spätestens 2011 die Bundesregierung ein ähnliches Förderpaket verabschieden wird, spricht sich Rainbacher für eine kurzfristige Zwischenlösung für das zweite Halbjahr 2010 aus. Konkret plädiert der Banker für ein Modell, das einen zweiprozentigen Zinsenzuschuss für die ersten beiden Jahre einer Bausparfinanzierung vorsieht. Dabei sollten die gleichen Kriterien wie beim Sanierungsscheck 2009 zur Anwendung kommen.
Zwischenlösung 2010
»Der österreichische Wirtschaftsmotor läuft langsamer an als erhofft. Es gibt einige Anzeichen, dass der Motor stottert: Die Bautätigkeit lässt zum wiederholten Mal stark nach und die Wohnbaukosten steigen weiter an«, warnt auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl anlässlich der Fachveranstaltung »Schritte in die Zukunft« in Wien. Die Bundesregierung hätte auf die Krise mit richtigen Maßnahmen wie Konjunkturpaketen reagiert. Doch das Wachstum ist nach wie vor fragil, fürchtet Leitl. Weitere »konjunkturstützende und beschäftigungsschaffende Maßnahmen« müssten »möglichst rasch umgesetzt werden«.
Die Dämmstoffbranche, Sozialpartner, Industriellenvereinigung, die Gewerkschaft, allen voran der Wirtschaftskammerpräsident – sie begrüßen die geplanten Zuschüsse für die thermische Sanierung ab 2011 mit 100 Mio. Euro. Laut Energiestrategie sollen diese 100 Mio. jährlich bis 2020 fließen. Dennoch ist eine Zwischenlösung für heuer notwendig. »Es müssen jetzt Impulse gesetzt werden, die bereits in dieser Bausaison greifen, um den Wirtschaftsmotor nicht abzuwürgen«, so der allgemeine Tenor. Österreich habe kriegsbedingt einen hohen Anteil von Nachkriegsbauten, die dringend sanierungsbedürftig sind. Leitl rechnet vor: Auf die Gebäudejahrgänge 1945 bis 1980 entfallen 30 Prozent des heimischen Gebäudebestandes, sie verbrauchen mehr als 50 Prozent der Energie aller Gebäude. Die Sanierungsrate derzeit liegt bei einem traurigen Prozent pro Jahr.
Die Vorteile der thermischen Sanierung
- Die Wirtschaft profitiert durch das Auslösen von Investitionen mit hoher inländischer Wertschöpfung. So werden bestehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen.
- Für die Bewohner verbessert sich die Wohnqualität und die Betriebs- und Energiekosten werden nachhaltig gesenkt.
- Die Umwelt wird durch einen verminderten CO2-Ausstoß entlastet. Dies schafft einen unverzichtbaren Beitrag zur Erfüllung der klimapolitischen Verpflichtungen: Österreich muss bis 2020 die CO2-Emissionen um 16 Prozent senken.
- Die Forcierung der thermischen Sanierung schafft eine Win-win-Situation für Wirtschaft, Beschäftigung, Umwelt und Bewohner, ohne die angespannte Budgetlage zu strapazieren.
Der volkswirtschaftliche Nutzen der thermischen Sanierung ist laut Wirtschaftskammer enorm: Mit einem jährlichen Fördervolumen von 300 Mio. Euro für die thermische Sanierung werde ein Investitionsvolumen von circa zwei Milliarden Euro ausgelöst. Auch das WIFO bestätigt, dass jeder Euro zur Förderung der thermischen Sanierung zwei Euro an Rückflüssen ins Budget des Finanzministers nach sich zieht. »Lassen wir uns nicht verheizen«, sagt Franz Böhs, Geschäftsführer des Dämmstoff-Herstellers Rockwool und weiß um die Notwendigkeit zusätzlicher Kommunikationsmaßnahmen. Oberste Priorität sei nun, das Thema der thermischen Sanierung der gesamten Bevölkerung bewusst zu machen. Die Branche gibt sich kämpferisch: »Wer dämmt, gewinnt.«
Die Statements aus der Branche
Kehrseite der Medaille
»2009 war für Sto ein durchaus zufriedenstellendes Jahr. Besonders erfreulich ist, dass es in breiten Bevölkerungskreisen ein starkes Bewusstsein für das Thema thermische Sanierung gibt. Allerdings wird sich das nicht automatisch positiv auf das Geschäftsfeld der Wärmedämmverbund-Systeme auswirken. Denn – und das ist die Kehrseite der Medaille – die Politik hat sich zwar bei der Kommunikation des Themas sehr weit aus dem Fenster gelehnt, zieht sich jetzt bei der Umsetzung aber ebenso weit zurück. Wir brauchen mehr Förderungen, damit es Anreize für den Einzelnen gibt. Der Weg führt nur über konsequente Innovation: So arbeitet Sto bereits jetzt an der Fassade der nächsten Generation und setzt damit weiterhin aktuelle Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte um.«
Walter Wiedenbauer, Geschäftsführung Sto Österreich
Gesamtquote zu gering
»Für 2010 erwarten wir ein schwieriges Jahr für die gesamte Branche. Der Rückgang im Hochbau wird sich 2010 fortsetzen und damit den Preisdruck noch verstärken. Die positive Entwicklung im Bereich der thermischen Sanierung wird zwar auch 2010 über den einen oder anderen Mengenverlust in anderen Bereichen hinweghelfen – die Gesamtquote der Sanierung ist jedoch noch zu gering, um das Problem zu kompensieren. Aktuell gibt es wenige Anzeichen dafür, dass sich 2010 die allgemeine Ertragssituation in der Branche verbessern wird. Zwischenfinanzierungen sind schwierig zu bekommen, der Preiskampf ist trotz steigender Kosten ungebrochen, das Ausfallsrisiko wird immer höher und dennoch kann man beobachten, dass nicht lukrative Aufträge aufgrund der unsicheren Situation angenommen werden. Die konsequente Einführung des Energieausweises, die Neuauflage einer zusätzlichen Bundesförderung für die thermische Sanierung sowie die qualifizierte Aufklärung über thermische Sanierungsmaßnahmen sehen wir als wichtige notwendige Schritte, um die geforderten CO2-Ziele wenigstens annähernd zu erreichen und den Markt anzukurbeln.
Wir konzentrieren uns 2010 auf die thermische Sanierung von Steildach, Flachdach und Fassade. Als Österreichs einziger Dämmstoff-Komplettanbieter können wir für alle Bereiche der Sanierung stets die beste Lösung aus einer Hand liefern. So gehen wir mit unserem innovativen Produktsortiment, umsichtiger Planung und nicht zuletzt mit den richtigen Partnern zuversichtlich ins Geschäftsjahr 2010.«
Klaus Untermoser, Vertriebsleiter Hochbau, Steinbacher Dämmstoffe
Richtige Reihenfolge
»Statt Millionen an Strafzahlungen für das Nichterreichen der EU-Kyoto-CO2-Ziele zu riskieren, sollten weitere zusätzliche Gelder für die Förderung der thermischen Sanierung des Einfamilienhausbestands in Österreich zur Verfügung gestellt werden. Dabei wäre wegen des notwendigen Klimaschutzes ein Zwang zur thermischen Sanierung, wie es ja auch beim Auto für den Katalysator der Fall ist, unbedingt angebracht und sollte von den Politikern daher aufgegriffen werden. Erhebungen zeigen, dass circa 70 % der Einfamilienhäuser in Österreich älter als 25 Jahre sind, und daher dringend thermisch verbessert werden müssten. Zur Erreichung der notwendigen Ziele benötigen wir laut Experten unbedingt eine Sanierungsrate von mind. 3 bis 5 %. Es ist daher der Beschluss unserer Bundesregierung für ein weiteres Konjunkturpaket in 2010 zur Förderung der thermischen Sanierung unbedingt notwendig. Ohne diese Maßnahmen wird es aufgrund der rückläufigen Bauvolumenentwicklung im Neubau zwangsläufig auch zu Rückgängen im Dämmstoffsegment in 2010 kommen. Erhebungen zeigen auch klar auf, dass eine deutliche Anzahl von Heizungsmodernisierungen durchgeführt wird, ohne gleichzeitig die Wärmedämmung zu verbessern und damit den Heizungsenergiebedarf zu senken. Das ist einfach die falsche Reihenfolge. Zuerst muss der Energiebedarf durch die thermische Sanierung reduziert werden, und dann soll eine effiziente und moderne Heizung, angepasst an den niedrigeren Heizwärmebedarf, eingebaut werden. Wir ziehen uns ja auch nicht zuerst die Schuhe und dann erst die Strümpfe an!«
Franz Böhs, Geschäftsführer Rockwool
Stürmische Zeiten
Die Zeiten werden immer stürmischer, nicht nur beim Wetter, sondern auch in der Wirtschaft: Aktienkurse und Euro befinden sich auf Berg- und Talfahrt, die Energiekosten steigen kontinuierlich an. Eine verlässliche Größe ist da hingegen die Energieeffizienz von Gebäuden. Mit einem vergleichsweise geringen Energieaufwand bei der Herstellung von Dämmstoffen wird über die Lebensdauer ein Vielfaches an Energie und Geld eingespart. Styropor findet dabei aufgrund seines hervorragenden Kosten-Nutzen-Verhältnisses hohe Akzeptanz, ist leicht und angenehm zu verarbeiten und behält auf Dauer seine Eigenschaften. Die Bauvorschriften für Neubauten haben sich mittlerweile in die richtige Richtung entwickelt – Stichwort »Zero Energy Buildings«. Anders bei Altbauten, wo ca. 1 Million Wohneinheiten in Österreich älter als 30 Jahre und schlecht bis gar nicht gedämmt sind. Hier muss jetzt das Augenmerk auf die Sanierung gelegt werden, denn in der thermischen Sanierung schlummert ein gewaltiges Einsparungspotenzial. Die Politik muss das noch viel mehr unterstützen!«
Clemens Demacsek, Geschäftsführer der Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum (G.P.H.)
Niedrige Sanierungsrate
»Sorgen bereitet uns heuer auch der durch Überkapazitäten hervorgerufene Preiskampf um jedes noch so kleine Objekt. Wir hoffen, dass unter den Wettbewerbern bald wieder eine wirtschaftlich notwendige Vernunft in der Preispolitik Einkehr findet.Die Entwicklung des Vorjahres ist für Ytong sehr zufriedenstellend abgelaufen – wir konnten ein zweiprozentiges Umsatzplus verzeichnen und auch unseren Marktanteil erhöhen. Diesen erfolgreichen Kurs wollen wir auch 2010 weiter fortsetzen. So ist uns mit der Mineraldämmplatte Ytong Multipor ein erfolgreicher Einstieg in den Dämmstoffmarkt gelungen. Große Chancen und Potenziale sehen wir mit dieser Innovation auch für die thermische Sanierung historischer Gründerzeithäuser, deren Fassade bisher nicht gedämmt werden konnte. Mit Multipor ist nun eine Innendämmung ohne aufwändige Dampfsperre möglich.«
Claus Steiner, Geschäftsführer Xella Porenbeton Österreich
Auslastung der Gewerbetreibenden
»Seitens des Bundes wird eine über zehn Jahre angesetzte Förderung für thermische Sanierung von 1 Mrd. Euro angedacht. Eine Lösung für 2010 ist allerdings noch nicht in Sicht. Sie wäre aber allein schon wegen der psychologischen Wirkung dringend notwendig. Die Entwicklung im Bereich WDVS lässt sich durch die Auslastung der Gewerbetreibenden am besten beschreiben. Sie ist im ersten Halbjahr 2010 gut, wenngleich der Wettbewerbsdruck hier weiter ansteigt. Rationalisierungstendenzen seitens ausschreibender Stellen werden weiter fortgeführt. Das zweite Halbjahr wird generell etwas schlechter bewertet. Bei den Dämmstoffen steigen die energetischen Anforderungen weiter an und führen zu einer weiteren Spezialisierung. Klar ist auch eine Tendenz in Richtung dunkler Endbeschichtungen auf Dämmsysteme zu erkennen. Wir haben dieser Entwicklung mit unserem WDVS-Fassadenaufbau ›Dark Side‹ Rechnung getragen.«
Siegfried Glück, Vertriebsleiter Capatect Synthesa Gruppe
Finanzierungspaket gefordert
»Das Jahr 2009 war von sinkenden Dämmstoffpreisen geprägt, was einen stagnierenden Umsatz zur Folge hatte. Wir rechnen 2010 mit höheren Dämmstoff-Umsätzen, da derzeit die Polystyrol-Rohstoffpreise stark steigen und diese höheren Kosten sich in höheren Dämmstoffpreisen am Markt wiederfinden werden. Weiters steigen die Dämmstoffdicken. Trotzdem rechne ich – auch aufgrund des ausgelaufenen Förderpaketes für die thermische Sanierung – mit Rückgängen in der Menge im 3. und 4. Quartal. So wie von der Wirtschaftskammer gefordert, sollte so bald wie möglich ein neues Förderpaket für die thermische Sanierung mit einer drei- bis fünffach höheren Dotierung so schnell wie möglich beschlossen werden. Schließlich wird dabei die Schwarzarbeit eingedämmt, das Bau- und Nebengewerbe gefördert sowie CO2-Emissionen verringert. Jeder geförderte Euro kommt in die Staatskasse dadurch mindestens doppelt retour. Weiters zeichnet sich der Trend ab, dass der Endkunde noch mehr auf die Qualität der Dämmstoffe achtet. Beispielsweise werden Dämmstoffe mit besserer Dämmwirkung (Lambdawert) noch stärker nachgefragt. Wir haben mit unserer grauen Austrotherm EPS F-PLUS Fassadendämmplatte mit Protect-Beschichtung ein optimales Produkt dafür auf den Markt gebracht.«
Peter Schmid, Geschäftsführender Gesellschafter Austrotherm
Geringe Aufwendungen
»Die Dämmung der Gebäudehülle und ein Fenstertausch bedeuten nicht automatisch eine Reduktion der Heizkosten. Wird ein Gebäude zur Verminderung von Transmissionsverlusten saniert, muss anschließend auch die Heizungsanlage optimiert werden, um die Effekte einer verbesserten Dämmung auch vollständig zu erreichen. Der Bauherr beziehungsweise der Immobilienverwalter beauftragt üblicherweise auch die erforderliche Nachrechnung der vorhandenen Heizungsinstallation und anschließend die Leistungsanpassung durch Reduktion und Neuverteilung der Heizungswassermengen im System. Die Aufwendungen der zumeist erforderlichen Nachrüstung und Einregulierung von Radiatorthermostatventilen und Strangregulierventilen in den Zentralheizungsanlagen ist verhältnismäßig gering zu den beträchtlichen Investitionen der Dämmung.«
Klaus-Dieter Fuhrmann, Leitung Anwendungstechnik & Produktmanagement HERZ Armaturen
»Der große Erfolg dieser Aktion legt den Schluss nahe, dass ein Wiederaufleben des Sanierungsschecks die beste und wirksamste Maßnahme zur Ankurbelung der thermischen Sanierung wäre«, meint Erich Rainbacher, Generaldirektor der Raiffeisen Bausparkasse. Unter der Annahme, dass spätestens 2011 die Bundesregierung ein ähnliches Förderpaket verabschieden wird, spricht sich Rainbacher für eine kurzfristige Zwischenlösung für das zweite Halbjahr 2010 aus. Konkret plädiert der Banker für ein Modell, das einen zweiprozentigen Zinsenzuschuss für die ersten beiden Jahre einer Bausparfinanzierung vorsieht. Dabei sollten die gleichen Kriterien wie beim Sanierungsscheck 2009 zur Anwendung kommen.
Zwischenlösung 2010
»Der österreichische Wirtschaftsmotor läuft langsamer an als erhofft. Es gibt einige Anzeichen, dass der Motor stottert: Die Bautätigkeit lässt zum wiederholten Mal stark nach und die Wohnbaukosten steigen weiter an«, warnt auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl anlässlich der Fachveranstaltung »Schritte in die Zukunft« in Wien. Die Bundesregierung hätte auf die Krise mit richtigen Maßnahmen wie Konjunkturpaketen reagiert. Doch das Wachstum ist nach wie vor fragil, fürchtet Leitl. Weitere »konjunkturstützende und beschäftigungsschaffende Maßnahmen« müssten »möglichst rasch umgesetzt werden«.
Die Dämmstoffbranche, Sozialpartner, Industriellenvereinigung, die Gewerkschaft, allen voran der Wirtschaftskammerpräsident – sie begrüßen die geplanten Zuschüsse für die thermische Sanierung ab 2011 mit 100 Mio. Euro. Laut Energiestrategie sollen diese 100 Mio. jährlich bis 2020 fließen. Dennoch ist eine Zwischenlösung für heuer notwendig. »Es müssen jetzt Impulse gesetzt werden, die bereits in dieser Bausaison greifen, um den Wirtschaftsmotor nicht abzuwürgen«, so der allgemeine Tenor. Österreich habe kriegsbedingt einen hohen Anteil von Nachkriegsbauten, die dringend sanierungsbedürftig sind. Leitl rechnet vor: Auf die Gebäudejahrgänge 1945 bis 1980 entfallen 30 Prozent des heimischen Gebäudebestandes, sie verbrauchen mehr als 50 Prozent der Energie aller Gebäude. Die Sanierungsrate derzeit liegt bei einem traurigen Prozent pro Jahr.
Die Vorteile der thermischen Sanierung
- Die Wirtschaft profitiert durch das Auslösen von Investitionen mit hoher inländischer Wertschöpfung. So werden bestehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen.
- Für die Bewohner verbessert sich die Wohnqualität und die Betriebs- und Energiekosten werden nachhaltig gesenkt.
- Die Umwelt wird durch einen verminderten CO2-Ausstoß entlastet. Dies schafft einen unverzichtbaren Beitrag zur Erfüllung der klimapolitischen Verpflichtungen: Österreich muss bis 2020 die CO2-Emissionen um 16 Prozent senken.
- Die Forcierung der thermischen Sanierung schafft eine Win-win-Situation für Wirtschaft, Beschäftigung, Umwelt und Bewohner, ohne die angespannte Budgetlage zu strapazieren.
Der volkswirtschaftliche Nutzen der thermischen Sanierung ist laut Wirtschaftskammer enorm: Mit einem jährlichen Fördervolumen von 300 Mio. Euro für die thermische Sanierung werde ein Investitionsvolumen von circa zwei Milliarden Euro ausgelöst. Auch das WIFO bestätigt, dass jeder Euro zur Förderung der thermischen Sanierung zwei Euro an Rückflüssen ins Budget des Finanzministers nach sich zieht. »Lassen wir uns nicht verheizen«, sagt Franz Böhs, Geschäftsführer des Dämmstoff-Herstellers Rockwool und weiß um die Notwendigkeit zusätzlicher Kommunikationsmaßnahmen. Oberste Priorität sei nun, das Thema der thermischen Sanierung der gesamten Bevölkerung bewusst zu machen. Die Branche gibt sich kämpferisch: »Wer dämmt, gewinnt.«
Die Statements aus der Branche
Kehrseite der Medaille
»2009 war für Sto ein durchaus zufriedenstellendes Jahr. Besonders erfreulich ist, dass es in breiten Bevölkerungskreisen ein starkes Bewusstsein für das Thema thermische Sanierung gibt. Allerdings wird sich das nicht automatisch positiv auf das Geschäftsfeld der Wärmedämmverbund-Systeme auswirken. Denn – und das ist die Kehrseite der Medaille – die Politik hat sich zwar bei der Kommunikation des Themas sehr weit aus dem Fenster gelehnt, zieht sich jetzt bei der Umsetzung aber ebenso weit zurück. Wir brauchen mehr Förderungen, damit es Anreize für den Einzelnen gibt. Der Weg führt nur über konsequente Innovation: So arbeitet Sto bereits jetzt an der Fassade der nächsten Generation und setzt damit weiterhin aktuelle Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte um.«
Walter Wiedenbauer, Geschäftsführung Sto Österreich
Gesamtquote zu gering
»Für 2010 erwarten wir ein schwieriges Jahr für die gesamte Branche. Der Rückgang im Hochbau wird sich 2010 fortsetzen und damit den Preisdruck noch verstärken. Die positive Entwicklung im Bereich der thermischen Sanierung wird zwar auch 2010 über den einen oder anderen Mengenverlust in anderen Bereichen hinweghelfen – die Gesamtquote der Sanierung ist jedoch noch zu gering, um das Problem zu kompensieren. Aktuell gibt es wenige Anzeichen dafür, dass sich 2010 die allgemeine Ertragssituation in der Branche verbessern wird. Zwischenfinanzierungen sind schwierig zu bekommen, der Preiskampf ist trotz steigender Kosten ungebrochen, das Ausfallsrisiko wird immer höher und dennoch kann man beobachten, dass nicht lukrative Aufträge aufgrund der unsicheren Situation angenommen werden. Die konsequente Einführung des Energieausweises, die Neuauflage einer zusätzlichen Bundesförderung für die thermische Sanierung sowie die qualifizierte Aufklärung über thermische Sanierungsmaßnahmen sehen wir als wichtige notwendige Schritte, um die geforderten CO2-Ziele wenigstens annähernd zu erreichen und den Markt anzukurbeln.
Wir konzentrieren uns 2010 auf die thermische Sanierung von Steildach, Flachdach und Fassade. Als Österreichs einziger Dämmstoff-Komplettanbieter können wir für alle Bereiche der Sanierung stets die beste Lösung aus einer Hand liefern. So gehen wir mit unserem innovativen Produktsortiment, umsichtiger Planung und nicht zuletzt mit den richtigen Partnern zuversichtlich ins Geschäftsjahr 2010.«
Klaus Untermoser, Vertriebsleiter Hochbau, Steinbacher Dämmstoffe
Richtige Reihenfolge
»Statt Millionen an Strafzahlungen für das Nichterreichen der EU-Kyoto-CO2-Ziele zu riskieren, sollten weitere zusätzliche Gelder für die Förderung der thermischen Sanierung des Einfamilienhausbestands in Österreich zur Verfügung gestellt werden. Dabei wäre wegen des notwendigen Klimaschutzes ein Zwang zur thermischen Sanierung, wie es ja auch beim Auto für den Katalysator der Fall ist, unbedingt angebracht und sollte von den Politikern daher aufgegriffen werden. Erhebungen zeigen, dass circa 70 % der Einfamilienhäuser in Österreich älter als 25 Jahre sind, und daher dringend thermisch verbessert werden müssten. Zur Erreichung der notwendigen Ziele benötigen wir laut Experten unbedingt eine Sanierungsrate von mind. 3 bis 5 %. Es ist daher der Beschluss unserer Bundesregierung für ein weiteres Konjunkturpaket in 2010 zur Förderung der thermischen Sanierung unbedingt notwendig. Ohne diese Maßnahmen wird es aufgrund der rückläufigen Bauvolumenentwicklung im Neubau zwangsläufig auch zu Rückgängen im Dämmstoffsegment in 2010 kommen. Erhebungen zeigen auch klar auf, dass eine deutliche Anzahl von Heizungsmodernisierungen durchgeführt wird, ohne gleichzeitig die Wärmedämmung zu verbessern und damit den Heizungsenergiebedarf zu senken. Das ist einfach die falsche Reihenfolge. Zuerst muss der Energiebedarf durch die thermische Sanierung reduziert werden, und dann soll eine effiziente und moderne Heizung, angepasst an den niedrigeren Heizwärmebedarf, eingebaut werden. Wir ziehen uns ja auch nicht zuerst die Schuhe und dann erst die Strümpfe an!«
Franz Böhs, Geschäftsführer Rockwool
Stürmische Zeiten
Die Zeiten werden immer stürmischer, nicht nur beim Wetter, sondern auch in der Wirtschaft: Aktienkurse und Euro befinden sich auf Berg- und Talfahrt, die Energiekosten steigen kontinuierlich an. Eine verlässliche Größe ist da hingegen die Energieeffizienz von Gebäuden. Mit einem vergleichsweise geringen Energieaufwand bei der Herstellung von Dämmstoffen wird über die Lebensdauer ein Vielfaches an Energie und Geld eingespart. Styropor findet dabei aufgrund seines hervorragenden Kosten-Nutzen-Verhältnisses hohe Akzeptanz, ist leicht und angenehm zu verarbeiten und behält auf Dauer seine Eigenschaften. Die Bauvorschriften für Neubauten haben sich mittlerweile in die richtige Richtung entwickelt – Stichwort »Zero Energy Buildings«. Anders bei Altbauten, wo ca. 1 Million Wohneinheiten in Österreich älter als 30 Jahre und schlecht bis gar nicht gedämmt sind. Hier muss jetzt das Augenmerk auf die Sanierung gelegt werden, denn in der thermischen Sanierung schlummert ein gewaltiges Einsparungspotenzial. Die Politik muss das noch viel mehr unterstützen!«
Clemens Demacsek, Geschäftsführer der Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum (G.P.H.)
Niedrige Sanierungsrate
»Sorgen bereitet uns heuer auch der durch Überkapazitäten hervorgerufene Preiskampf um jedes noch so kleine Objekt. Wir hoffen, dass unter den Wettbewerbern bald wieder eine wirtschaftlich notwendige Vernunft in der Preispolitik Einkehr findet.Die Entwicklung des Vorjahres ist für Ytong sehr zufriedenstellend abgelaufen – wir konnten ein zweiprozentiges Umsatzplus verzeichnen und auch unseren Marktanteil erhöhen. Diesen erfolgreichen Kurs wollen wir auch 2010 weiter fortsetzen. So ist uns mit der Mineraldämmplatte Ytong Multipor ein erfolgreicher Einstieg in den Dämmstoffmarkt gelungen. Große Chancen und Potenziale sehen wir mit dieser Innovation auch für die thermische Sanierung historischer Gründerzeithäuser, deren Fassade bisher nicht gedämmt werden konnte. Mit Multipor ist nun eine Innendämmung ohne aufwändige Dampfsperre möglich.«
Claus Steiner, Geschäftsführer Xella Porenbeton Österreich
Auslastung der Gewerbetreibenden
»Seitens des Bundes wird eine über zehn Jahre angesetzte Förderung für thermische Sanierung von 1 Mrd. Euro angedacht. Eine Lösung für 2010 ist allerdings noch nicht in Sicht. Sie wäre aber allein schon wegen der psychologischen Wirkung dringend notwendig. Die Entwicklung im Bereich WDVS lässt sich durch die Auslastung der Gewerbetreibenden am besten beschreiben. Sie ist im ersten Halbjahr 2010 gut, wenngleich der Wettbewerbsdruck hier weiter ansteigt. Rationalisierungstendenzen seitens ausschreibender Stellen werden weiter fortgeführt. Das zweite Halbjahr wird generell etwas schlechter bewertet. Bei den Dämmstoffen steigen die energetischen Anforderungen weiter an und führen zu einer weiteren Spezialisierung. Klar ist auch eine Tendenz in Richtung dunkler Endbeschichtungen auf Dämmsysteme zu erkennen. Wir haben dieser Entwicklung mit unserem WDVS-Fassadenaufbau ›Dark Side‹ Rechnung getragen.«
Siegfried Glück, Vertriebsleiter Capatect Synthesa Gruppe
Finanzierungspaket gefordert
»Das Jahr 2009 war von sinkenden Dämmstoffpreisen geprägt, was einen stagnierenden Umsatz zur Folge hatte. Wir rechnen 2010 mit höheren Dämmstoff-Umsätzen, da derzeit die Polystyrol-Rohstoffpreise stark steigen und diese höheren Kosten sich in höheren Dämmstoffpreisen am Markt wiederfinden werden. Weiters steigen die Dämmstoffdicken. Trotzdem rechne ich – auch aufgrund des ausgelaufenen Förderpaketes für die thermische Sanierung – mit Rückgängen in der Menge im 3. und 4. Quartal. So wie von der Wirtschaftskammer gefordert, sollte so bald wie möglich ein neues Förderpaket für die thermische Sanierung mit einer drei- bis fünffach höheren Dotierung so schnell wie möglich beschlossen werden. Schließlich wird dabei die Schwarzarbeit eingedämmt, das Bau- und Nebengewerbe gefördert sowie CO2-Emissionen verringert. Jeder geförderte Euro kommt in die Staatskasse dadurch mindestens doppelt retour. Weiters zeichnet sich der Trend ab, dass der Endkunde noch mehr auf die Qualität der Dämmstoffe achtet. Beispielsweise werden Dämmstoffe mit besserer Dämmwirkung (Lambdawert) noch stärker nachgefragt. Wir haben mit unserer grauen Austrotherm EPS F-PLUS Fassadendämmplatte mit Protect-Beschichtung ein optimales Produkt dafür auf den Markt gebracht.«
Peter Schmid, Geschäftsführender Gesellschafter Austrotherm
Geringe Aufwendungen
»Die Dämmung der Gebäudehülle und ein Fenstertausch bedeuten nicht automatisch eine Reduktion der Heizkosten. Wird ein Gebäude zur Verminderung von Transmissionsverlusten saniert, muss anschließend auch die Heizungsanlage optimiert werden, um die Effekte einer verbesserten Dämmung auch vollständig zu erreichen. Der Bauherr beziehungsweise der Immobilienverwalter beauftragt üblicherweise auch die erforderliche Nachrechnung der vorhandenen Heizungsinstallation und anschließend die Leistungsanpassung durch Reduktion und Neuverteilung der Heizungswassermengen im System. Die Aufwendungen der zumeist erforderlichen Nachrüstung und Einregulierung von Radiatorthermostatventilen und Strangregulierventilen in den Zentralheizungsanlagen ist verhältnismäßig gering zu den beträchtlichen Investitionen der Dämmung.«
Klaus-Dieter Fuhrmann, Leitung Anwendungstechnik & Produktmanagement HERZ Armaturen