Vom Manager zum Dienstleister
- Written by Redaktion_Report
- font size decrease font size increase font size
Jahrelang haben sich externe Serviceanbieter als echte Facility Manager gesehen. Doch dieser Status wackelt. Denn FM im eigentlichen Sinn muss intern angesiedelt sein. Dafür mausern sich die FM-Dienstleister immer mehr zu professionellen Partnern, die das Kerngeschäft ihrer Kunden sinnvoll ergänzen.
Facility Management – ein Begriff, dehnbar und unpräzise. Noch immer ist nicht restlos geklärt, was darunter zu verstehen und zu subsumieren ist. Unstrittig ist: Es gibt jede Menge Anbieter mit einem völlig unterschiedlichen Portfolio und Selbstverständnis. Da wird über technisches, infrastrukturelles und kaufmännisches Facility Management gesprochen, FM zu einer Teildisziplin von Facility Services degradiert oder überhaupt nur zwischen strategischem und operativem FM unterschieden. Kurz: Die Verwirrung ist groß, wenn es um die Definition und das Leistungsangebot von FM geht.
Noch einen Schritt weiter geht Alexander Redlein, Professor für Facility Management an der TU Wien und Leiter des Zentrums für Informations- und Facility Management IFM. Er spricht den externen Serviceanbietern einen nicht unwichtigen Teil ihres Betätigungsfeldes gleich komplett ab. »Ständig behaupten Dienstleistungsanbieter, sie seien Facility Manager. Das ist falsch, das sind sie nicht«, sagt Redlein energisch. Seit Jahren kämpft er für etwas mehr Sorgfalt im Umgang mit Begrifflichkeiten und folgt dabei dem angelsächsischen Vorbild. Weil Management immer auch etwas mit der strategischen Ausrichtung eines Unternehmens zu tun habe, sei es gar nicht möglich, Facility Management im eigentlichen Sinne an externe Dienstleister auszulagern. Echtes Facility Management kann nur intern stattfinden, dafür braucht es eine zentrale Ansprechperson. »Es geht darum, dass der zweitgrößte Ausgabenblock eines Unternehmens aktiv gemanagt wird. Das ist Facility Management«, sagt Redlein. Der Facility Manager neuer Schule muss aus den Kernprozessen ableiten, was ein Unternehmen braucht. Ein Beispiel: »Stellt sich etwa für eine Universität die Frage, im bestehenden Gebäude im Stadtzentrum zu bleiben oder auf der grünen Wiese neu zu bauen, dann ist das Facility Management. Wenn die von der Geschäftsführung mit dem Facility Manager ausgearbeitete strategische Vorgabe ›Studentenuniversität‹ lautet, dann wird man im Zentrum bleiben müssen. Diese Fragen kann kein externer Anbieter beantworten.«
Es sind vor allem die großen Unternehmen, die diese Anforderungen erkannt haben und sich neu aufstellen. Eine Studie der Technischen Universität Wien zeigt, dass die Anzahl interner FM-Verantwortlicher stetig steigt. Während 2005 nur 66 Prozent über einen eigenen FM-Verantwortlichen verfügten, waren es 2009 schon 85 Prozent. Die Dienstleistungen werden ausgelagert, die strategischen Entscheidungen verbleiben im Unternehmen.
Während die Neuorientierung bei Großunternehmen also schon auf Schiene ist, zeigen sich die KMU aktuell noch weitgehend veränderungsresistent. Dabei ist die Notwendigkeit eines internen Facility Managers im Redlein’schen Sinn völlig unabhängig von der Unternehmensgröße. Jedes Unternehmen hat eine strategische Ausrichtung und muss seine Bedürfnisse kennen. Allerdings wurde den KMU jahrelang eingeredet, sie sollen doch eine externe Firma beauftragen, die sich um alles kümmert. Und daran halten die KMU vorerst einmal fest.
Gefahr im Verzug
Für die Serviceanbieter sind Redleins Forderungen und Ansichten starker Tobak. Selten ist jemand so rasch vom Manager zum reinen Dienstleister degradiert worden. Und doch sehen einzelne Vertreter auch Positives in Redleins Forderungen, zumal Redlein die Professionalisierung der Serviceanbieter auch explizit hervorstreicht.
Gerhard Schenk, Geschäftsführer von HSG Zander Österreich, freut sich »über jedes qualifizierte Gegenüber beim Kunden«. Das sei äußerst begrüßenswert, aber nicht die Regel, vor allem nicht bei Fondsauträgen. Für Schenk solle die interne FM vor allem Kontrollfunktionen ausüben, Verantwortung und Ausführung müssen aber in einer Hand liegen.
Einig sind sich beide Herren, dass die Branche der FM-Dienstleister aufpassen muss, nicht in ein gefährliches Fahrwasser zu geraten. Das Risiko, dass sich die Qualitäts- und Preisspirale weiter nach unten dreht, ist groß. Viele Unternehmen bieten immer mehr zu immer günstigeren Preisen an. Das kann auf Dauer nicht gutgehen. Hier müssen allerdings auch die Kunden in die Pflicht genommen werden. Statt sich über immer billigere Preise für immer umfangreichere Dienstleistungen zu freuen, sollte diese Konstellation mit unternehmerischer Sorgfalt hinterfragt werden. Gewisse Standards müssen eingehalten werden, schließlich geht es immer auch um Fragen der Haftung und mögliche Regressforderungen.
Was bleibt, ist das enorme Synergiepotenzial zwischen den Services. »Wir müssen endlich davon abgehen, die Dienstleister immer weiter im Preis zu drücken«, sagt Redlein. Viel sinnvoller sei es, die Dienstleistungen zu optimieren. Wenn ein Sicherheitsbeauftragter auch Routine-Haustechnikarbeiten durchführen kann, sinken die Kosten. Selbst dann, wenn das Sicherheitspersonal aufgrund der Zusatzqualifikation besser entlohnt wird.
Serviceanbieter, die für eine ordentliche Ausbildung ihrer Mitarbeiter sorgen, können höherwertige und interdisziplinäre Dienstleistungen anbieten, damit höhere Margen erzielen und dem ruinösen Preiskampf entgehen.
Auswirkungen der Krise
Die Krise ist natürlich auch an den FM-Dienstleistern nicht spurlos vorübergegangen. »Vor allem bei Kunden aus der Industrie machte sich das Krisenjahr bemerkbar«, erzählt Ralf Hempel, Geschäftsführer der Wisag Service Holding Austria. Das führte zu Auftragsrückgängen aus diesem Bereich. Außerdem hat sich die Zahlungsmoral vieler Kunden verschlechtert und Preiserhöhungen oder Tarifanpassungen waren nur schwer vermittelbar. Viele Kunden haben zudem bei Sonderleistungen den Rotstift angesetzt. In Summe ist der Wettbewerb noch einen Tick härter und der Preiskampf noch brutaler geworden.
Dieser Trend wird sich 2010 fortsetzen. Zander-Chef Schenk rechnet mit einer stagnierenden oder sogar rückläufigen Flächenproduktion und einem deutlichen Anstieg des Leerstandes. Besonders stark wird der Druck auf Anbieter, die sich in der Vergangenheit durch die Strategie des Auftragskaufs hervorgetan haben. Hier ist mit einer weiteren Konsolidierung zu rechnen. »Der Druck auf die Margen bleibt aber weiter aufrecht«, ist Schenk überzeugt. Sollte auch die Arbeitslosigkeit weiter steigen, würde sich dies negativ auf das Konsumverhalten auswirken. Damit wäre der Binnenhandel stärker als bisher von der Krise betroffen. Die Folgen wären Kurzarbeit, mögliche Entlassungen oder auch Insolvenzen. »In diesem Fall ist auch mit signifikanten Leistungsreduktionen im Dienstleistungssektor zu rechnen«, erklärt Hempel.
Dennoch hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die FM-Dienstleister zu den klassischen Krisengewinnlern zählen. Es wird davon ausgegangen, dass sich Unternehmen in der Krise verstärkt auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und Sekundärprozesse auslagern. »Diese Vermutung ist naheliegend, trifft aber nur in Einzelfällen zu«, sagt Schenk. Bei vielen Firmen sei zudem auch ein Trend zum Insourcing zu bemerken. Denn bevor die Unternehmen in Zeiten geringer Auftragsbestände ihre qualifizierten Mitarbeiter an den Markt verlieren, beschäftigen sie diese Mitarbeiter lieber in Bereichen, die zwar nicht zu ihren Kernkompetenzen zählen, die sie aber auch bewältigen können. Dafür werden dann Lieferanten gekündigt, damit man, wenn es dann wirtschaftlich wieder bergauf geht, auf diese gut ausgebildeten Mitarbeiter zurückgreifen kann.
Trotzdem kann die Branche beruhigt in die Zukunft blicken. Denn auch wenn die FM-Dienstleister nicht unmittelbar von der Krise profitieren, mittel- und langfristig betrachtet wird ihnen das wirtschaftliche Erdbeben sehr wohl zugutekommen. Der Grund liegt in der Flexibilisierung der Geschäftsmodelle der Kunden. Die Auftraggeber werden künftig mit einem viel kritischeren Blick als bisher prüfen, welche Unternehmensaufgaben in Eigenleistung erbracht werden müssen und welche Aufgaben ausgelagert werden können, ist Hempel überzeugt. »So werden durch die Wirtschaftskrise Outsourcing-Prozesse beschleunigt.« Damit verbunden verändern sich auch die Ansprüche an die Dienstleister. FM-Dienstleister werden zu Partnern, die es dem Kunden erlauben, flexibel auf Marktschwankungen wie Auftragsspitzen, aber auch Auftragseinbrüche zu reagieren. Diese neuen Anforderungen zu antizipieren, sich frühzeitig und mit dem nötigen Know-how am Markt aufzustellen, ist eine der großen Herausforderungen der Branche für die Zukunft. r