Menu
A+ A A-

Mehr Transparenz

Report: Eine allgemeine Frage zum Einstieg. Wie geht es der forschenden pharmazeutischen Industrie in österreich?
Sauermann: Lassen Sie mich ebenso allgemein antworten. Das Gesundheitssystem in österreich ist gut. Aber wir stehen an der Kippe und haben mit dem Problem zu kämpfen, dass innovative Medikamente im Vergleich zur EU in österreich auf zahlreiche Markthemmnisse treffen. Es gibt zu wenig Initiativen, um Innovationen zu fördern.

Welche Hemmnisse sprechen Sie konkret an?
Wir haben mit mehreren Problemen zu kämpfen. Das ist zum einen die Monopolstellung der österreichischen Krankenkassen, die es für innovative Unternehmen und neue Medikamente sehr schwierig macht, ins System aufgenommen zu werden. Und zum anderen gibt es immer noch restriktive Maßnahmen gegen Unternehmen, die an innovativen Medikamenten forschen.

Welche Restriktionen sind das?
Etwa das Boxenmodell. Seit es das Boxenmodell in österreich gibt, sind in der grünen Box, die die frei verschreibbaren Präparate enthält, hauptsächlich Generika zu finden. Innovative Medikamente befinden sich hingegen meist in der gelben Box und sind damit chefarztpflichtig.

Stichwort Generika. Generika werden immer wieder als entscheidender Sparfaktor im Gesundheitssystem gesehen. Wie sehen Sie diese Diskussion und welche Vor- und Nachteile haben Generika?
Hier gilt es genau zu unterscheiden. Die Diskussion läuft teilweise auf einer sehr polemischen Art und Weise ab. Wenn man bedenkt, dass Arzneimittel nur rund zwölf Prozent der gesamten Gesundheitskosten ausmachen, dann ist es offensichtlich, dass der Einsatz von Generika die Probleme im Gesundheitswesen nicht lösen wird. Aber ich möchte auch festhalten, dass Generika sicher eine Alternative darstellen. Durch den sinnvollen Einsatz von Generika kann Geld gespart werden. Geld, das wiederum für die Forschung eingesetzt werden kann.

Was sind Ihre Forderungen?
Wir wollen ganz einfach mehr Transparenz im österreichischen Gesundheitswesen. Dazu zähle ich auch das Bewusstsein, dass innovative Medikamente eine positive Auswirkung auf Folge- und Therapiekosten haben. Neue, innovative Medikamente helfen durch eine Verkürzung der Therapiedauer und eine raschere Genesung, Geld zu sparen. Wenn ich einen Euro in die Pneumokokkenimpfung investiere, spare ich zwei Euro bei Folge- und Therapiekosten.

Wo liegt das Problem?
Das größte Problem ist das gedeckelte Budget. Im österreichischen Gesundheitssystem gibt es zwei Kostensilos. Wenn neue, innovative Arzneimittel hohe Kosten verursachen, bedeutet das Kosten für die Krankenkassen. Die Krankenkassen haben aber nur einen geringen Benefit, wenn auf Grund dieser Arzneimittel weniger Leute ins Spital müssen. Das ist das Problem: Wir brauchen in österreich eine Gesamtbetrachtung des Gesundheitssystems. Das heißt auch, dass die bereits begonnene Gesundheitsreform auf jeden Fall weitergeführt werden muss.

Im Innovationswettbewerb mit den USA und Asien hat Europa einen schweren Stand...
Europa hat nicht nur einen schweren Stand, sondern wir sind sogar deutlich im Hintertreffen. Deshalb unterstützen wir auch die Forschungserweiterung der Europäischen Kommission im Gesundheitsbereich. Dabei darf es aber nicht nur um die Unterstützung des Forschungsstandortes gehen, sondern auch um eine Forcierung des Marktplatzes Europa. Denn geforscht wird nur dort, wo es für das Forschungsergebnis auch einen Markt gibt. Und auch nur dorthin werden in Zukunft Forschungsgelder fließen. Es muss einen Raum für innovative Arzneimittel geben und auch einen Zugang zu diesen Innovationen.

Die Pharmaindustrie hat in der öffentlichkeit immer wieder mit Imageproblemen zu kämpfen. Worauf führen Sie das zurück?
Wir haben es verabsäumt, das Bild in der öffentlichkeit zu Recht zu rücken. Die Pharmazie ist ja eine Branche, die mit keiner anderen zu vergleichen ist. Ein Medikament muss zu 100 Prozent wirken und soll dabei am besten auch noch gratis sein. Wenn man ein Auto kauft und es macht Probleme, dann bringt man es in die Werkstatt. In unserer Branche ist das anders. Da muss einfach immer alles passen. Was wir brauchen, ist ein realistischeres Bild in der öffentlichkeit.

Wie sieht dieses realistische Bild aus?
Wir forschen, wir entwickeln und wir verkaufen. Damit verdienen wir natürlich auch Geld. Dieses Geld können wir wiederum in die Forschung investieren. Die Pharmazie ist eine sehr wettbewerbsintensive und risikoreiche Industrie. Der Weg zur Marktreife ist lang und teuer. Die tief hängenden Trauben in der Pharmazie wurden bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gepflückt. Es ist also logisch, dass die Kosten jetzt steigen. Nach zehn Jahren verfügt ein Unternehmen im Schnitt über lediglich zwei innovative Medikamente, die noch dazu mit hohen Kosten verbunden sind. Natürlich gibt es einen Patentschutz, aber dieser Patentschutz ist ja kein Wettbewerbsschutz. Das beste Patent kann nicht verhindern, dass verschiedene Unternehmen an ähnlichen Wirkstoffen forschen. Um dieses Bild geht es mir: Wir sind eine sehr risikoreiche, aber eben auch sehr innovationsträchtige Branche. Das heißt, auch in Zukunft muss der Fokus auf innovativen Medikamenten liegen, aber dafür müssen eben auch die Rahmenbedingungen stimmen.

Herr Sauermann, vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Mag. Christoph Sauermann ist Geschäftsführer von Wyeth Austria. Zuvor bekleidete er verschiedene leitende Positionen im Produktmanagement und Marketing, unter anderem auch mit Zuständigkeit für Osteuropa. Seit September 2005 ist Sauermann Vizepräsident des Forums der Forschenden Pharmazeutischen Industrie, einem Zusammenschluss von forschungsorientierten internationalen Unternehmen der Pharmabranche in österreich. Seine Hauptaufgabe sieht er darin, den Nutzen innovativer Arzneimittel für jeden betroffenen Patienten, aber auch für das Gesundheitswesen insgesamt transparent zu machen.

back to top