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Mit Energie ins neue Jahr

\"GilbertEin Kommentar von Gilbert Rukschcio.

Energie ist eines der wichtigsten Ressorts in der aktuellen EU-Kommission. Das liegt einerseits an der starken Präsenz des zuständigen Kommissars Oettinger, aber auch schlicht an der Relevanz des Themas für Europa. Auch wenn das Dritte Energiebinnenmarktpaket bereits große Baustellen abgearbeitet hat, die nächsten beiden Jahre stellen noch weitere Herausforderungen parat.

Viele Köpfe wurden geschüttelt, als Angela Merkel 2009 das Energieressort für den deutschen Kommissar beanspruchte. Tenor: Die großen Energiethemen sind gegessen, was soll man da noch holen. Doch es liegt nicht nur an Fukushima und der daraufhin eingeleiteten Energiewende in Deutschland, dass Energiepolitik trotz aller Unkenrufe eines der zentralen Ressorts in Brüssel ist. Die Vollendung des Energiebinnenmarkts, die Versorgungssicherheit Europas und die langfristige Ausrichtung der europäischen Energiepolitik nach 2020 stehen an.

Eines der brisantesten Projekte für das kommende Jahr hängt aber dann doch mit Fukushima zusammen. Nämlich wenn die Kommission auf folgende Fragen regulatorische Antworten sucht: Wie sicher sind Europas Atomkraftwerke? Und wer haftet für mögliche Unfälle à la Fukushima? Als unmittelbare Folge der Vorkommnisse in Japan verordnete die EU sogenannte Stress Tests an Europas AKW. Nun soll es ans Eingemachte gehen. Die Kommission will die Sicherheit von Atomreaktoren und die Haftungsfrage auf europäischer Ebene regulieren. Im Berlaymont-Gebäude, dem Sitz der EU-Kommission, rüstet man sich bereits jetzt für einen harten Kampf nicht nur mit der Atom-Lobby, sondern auch mit den Mitgliedstaaten.

>> Kommission greift ein <<

Apropos Mitgliedstaaten: Das Dritte Energiebinnenmarktpaket mag zwar schon längst beschlossen sein, die Umsetzung auf nationaler Ebene verläuft jedoch offensichtlich nicht ganz nach den Wünschen der Kommission. Deshalb will die Kommission in Zukunft härter und schneller eingreifen, wenn Verfehlungen bei der Umsetzung entdeckt werden. Unter anderem sieht Oettingers Team das Potenzial beim Anbieterwechsel noch nicht voll ausgeschöpft.

Ausgeschöpft jedoch ist bald das zeitliche Mandat der Kommission »Barroso II«. In fast genau zwei Jahren werden wir eine neue Kommission mit einem neuen Präsidenten haben, und das ist in »Brüssel-Zeit« gemessen quasi übermorgen. Denn aufgrund der EU-Wahl, die traditionell im Juni stattfindet, sind es tatsächlich nur noch 18 Monate. Davon kann man wiederum rund vier bis sechs Monate abziehen, in denen sicher keine große politische Initiative gestartet wird.

Klimaschutzkommissarin Hedegaard drängt daher auf ein rasches Handeln, um die Pflöcke für eine Klima- und Energiepolitik nach 2020 noch in dieser Periode einzuschlagen. Andere stehen auf der Bremse: Man kann nicht der neuen Kommission in einem solch wichtigen Dossier seinen politischen Willen aufdrängen. Trotzdem wird das Thema uns auch im kommenden Jahr beschäftigen. Denn die Grundsatzdiskussion über die zukünftige Klima- und Energiepolitik wird auch trotz des absehbaren Mandatsendes geführt. 

 

>> Zum Autor:

Gilbert Rukschcio studierte Politikwissenschaft in Wien und Aix-en-Provence. Seine berufliche Laufbahn startete er 2005 im Europäischen Parlament. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter von peritia communications und als Politikberater mit Tätigkeitsschwerpunkt in Brüssel  für verschiedene österreichische und internationale Unternehmen und Verbände tätig. In seiner Kolumne »Nachricht aus Brüssel« versorgt er die LeserInnen der Report-Fachmedien mit Hintergrundinfos zu europäischen Fragen.

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