Das Büro von Morgen
- Written by Redaktion
- font size decrease font size increase font size
Helmut Sattler im Interview.
(+) plus: Wie sieht das Büro der Zukunft aus?
Helmut Sattler: Durch die modernen Kommunikationsmöglichkeiten ist das Büro überall. Es ist nicht mehr notwendig, dass jeder einen fixen Arbeitsplatz hat. Dafür wird mehr in Qualität investiert. Internationale Studien haben gezeigt, dass durch bessere Büromöbellösungen – hinsichtlich Ergonomie, Akustik und Licht – die Performance um bis zu 36 % gesteigert werden kann. In den neuen Büros gibt es weniger Gänge, Türen und abgeschlossene Räume, stattdessen halb-offene, akustisch abgeschirmte Nischen, in die man sich zurückziehen und konzentriert arbeiten kann; daneben aber auch Bereiche, wo man sich mit anderen Leuten treffen und austauschen kann, um neue Ideen zu finden, kreativ zu sein. Miteinander zu reden erweckte früher den Anschein, dass man nichts arbeitet. Durch Kommunikation am Arbeitsplatz werden aber produktive Ideen entwickelt, das haben inzwischen auch viele Unternehmen erkannt.
(+) plus: Stimmt der Eindruck, dass Büros immer »wohnlicher« werden?
Sattler: Wir verbringen acht bis zwölf Stunden täglich am Arbeitsplatz, die meiste Zeit sitzen wir – das ist eine große Belastung für die Wirbelsäule. Die Qualität der Möbel ist deshalb entscheidend. Eine angenehme Umgebung bringt eine deutlich höhere Zufriedenheit bei den Mitarbeitern. Wir arbeiten derzeit intensiv an Rückzugsbereichen. Diese Zonen sind oft zentral platziert, je nach Wunsch nicht einsehbar oder transparent, durch Akustikelemente kann man aber trotzdem ganz ungestört sein. Auch Konferenzräume sind ein aktuelles Thema: Das Verbergen der Verkabelung, die Integration von neuen Medien und Techniken erfordert immer neue Lösungen.
(+) plus: Steigen auch die Ansprüche hinsichtlich Funktionalität und Flexibilität der Möbel?
Sattler: Wir haben allein bei den Sesseln 180 Modelle im Programm, da ist eine sehr gute Beratung erforderlich. Die Kunden sind oft überrascht, wie viele Verstellmöglichkeiten es gibt. Wenn Sie sich eine Matratze kaufen, werden Sie auch probeliegen. Letztlich geht es darum, eine gesunde Sitzhaltung zu haben. Weil Ergonomie so wichtig ist, arbeiten wir eng mit Physiotherapeuten zusammen. Wir forcieren Tischkombinationen, die man auch zum Stehen verwenden kann, beispielsweise ein elektrisch verstellbarer Tisch und ein mitwachsender Sessel. Damit kann man die Haltung immer wieder verändern. Die beste Sitzposition ist die nächste – man muss wechseln. In einem normalen Büroleben verbringen wir 55.000 Stunden im Sitzen, 6.500 Stunden im Gehen und nur 3.000 im Stehen. Laut einer britischen Umfrage fühlten sich 90 % der Personen, die zu einem Steh-Sitz-Arbeitsplatz gewechselt hatten, deutlich besser und brachten eine höhere Leistung. Fast zwei Drittel haben weniger Rückenprobleme.
(+) plus: Gibt es ähnlich wie bei Mode eigene Kollektionen?
Sattler: Es gibt ein großes Basissortiment, das über Jahre hinweg Gültigkeit hat. Dazu präsentieren wir jedes Jahr eine Kollektion mit neuen Dekors, Farben und Stoffen. Mit ein paar Details schafft man eine völlig andere Atmosphäre oder passt sich an die Farbwelt des Unternehmens an. Kombinationsmöglichkeiten gibt es unendlich viele. Die Möbel sind sehr langlebig – wir wollen Topqualität bieten und das wird auch so bleiben. Im Bürolebenszyklus schlagen sich die Kosten für Büromöbel mit 1–2 % zu Buche, die Personalkosten mit 80 %. Das heißt, mit einem sehr geringen Kostenanteil kann man die Performance deutlich beeinflussen. Es ist die zweitgrößte Schraube, an der man drehen kann.
(+) plus: Haben sich Großraumbüros bereits überholt?
Sattler: Sie werden zu intelligenten Open-Space-Lösungen. Heute wird nicht mehr einfach ein Schnitt gemacht, mit einem langen Gang in der Mitte, links und rechts die verschiedenen Abteilungen und hinten im Eck eine kleine Teeküche. Das wird ganz locker zerrissen: in der Mitte Rückzugszonen, daneben intensive Konzentrationsarbeitsplätze, ein transparenter Konferenzraum, ein paar Doppel- oder Vierfacharbeitsplätze – und zwar nicht mehr stur nach der Geometrie.
>> Zur Firma:
Neudoerfler Office Systems feierte im Vorjahr das 65-jährige Firmenjubiläum und stieg im Geschäftsjahr 2011/12 hinter Bene zur Nummer zwei auf dem Büromöbelmarkt auf. Zum Unternehmen gehören zwei Tochterfirmen in Ungarn und Tschechien sowie eine Außenstelle in München. 2010 stieg der Umsatz um 8 % auf 30,5 Millionen Euro, 2011 lagen die Zuwachsraten nach eigenen Angaben über 20 %.