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Schwere Geburt

Das neue Antikorruptionsgesetz bringt Verbesserungen, ein großer Wurf ist es nicht. Dagegen sprechen schon »typisch österreichische« Befindlichkeiten.

Ein bisschen zehren die Österreicher immer noch von ihrem K.-u.-k-Image. In Deutschland oder der Schweiz gilt man fast schon automatisch als charmant. Und als ein bisschen schlampig. Etwas charmant und schlampig dürfte auch der heimische Umgang mit Korruption und Transparenz sein. Zumindest, wenn man die Wahrnehmung im Ausland betrachtet. Bittere Pillen verabreichte etwa ein Europarat-Bericht 2008. In Politik, Bauwirtschaft und Verwaltung sei Korruption an der Tagesordnung, urteilte ein Sprecher harsch. Das Land befinde sich in einem »frühen Stadium des Kampfes gegen die Korruption«, Problembewusstsein sei kaum vorhanden. Die angesehene »Neue Züricher Zeitung« nannte die heimische Ausprägung einmal »Korruption mit Schlagobers«. Dass das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 zu massiven Änderungen für die Wirtschaft führt, berichtete der Report Plus unmittelbar nach Gesetzeswerdung. Wenige Monate später schwappte die Welle der Empörung in die breite Öffentlichkeit über. Argumentiert wurde spezifisch austriakisch. Ludwig Scharinger, General der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, meinte etwa, das Gesetz widerspräche der »österreichischen Gemütlichkeit« und müsse korrigiert werden. Eine »Kriminalisierung der Gastfreundschaft« ortete auch Helga Rabl-Stadler. Die Salzburger Festspielpräsidentin befürchtete ein Versiegen der Kultursponsoring-Aktivitäten. WK-Wien Präsidentin Brigitte Jank sorgte dass »sozial adäquates Verhalten« kriminalisiert werde – und sah die Gastro-Umsätze bedroht. Wenn es um kleine Nettigkeiten geht, hat sogar der Finanzwissenschaftler Friedrich Schneider ein Einsehen.
Der Linzer gilt als zwar unbarmherziger Kritiker von Korruption. Sich erkenntlich zu zeigen – im Rahmen natürlich – hält er für »einen Teil unserer Kultur«. Schneider beziffert den jährlichen Schaden durch Korruption auf rund 24 Milliarden Euro. Kein Wunder also, dass auch bei der jüngsten Novelle des »Antikorruptionsgesetzes« wieder heftig gestritten wurde. SP-Justizsprecher Hannes Jarolim kämpfte für die Regierung bis zur letzten Minute dafür, dass die Bestechung von Mandataren weiterhin straffrei bleibt. Und scheiterte an der harschen Kritik und der verheerenden Optik, die eine solche Regelung erzeugt hätte. Die Opposition schäumte sowieso, auch die breiten Publikumsmedien schossen sich auf die Sonderwurscht der Politiker ein. Der Entwurf der Novelle wurde von Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler noch als »Bedienungsanleitung zur Korruption« abgekanzelt. Die finale Fassung stimmte Fiedler schon etwas milder, Details bringen ihn aber immer noch in Rage (siehe Kasten). Und er muss sich prompt von Jarolim vorwerfen lassen, mit Fehlinterpretationen für Verwirrung über die Inhalte des neues Gesetztes zu sorgen. Aber für die ist ohnehin schon gesorgt. Bereits beim Änderungsgesetz 2008 war es breiter Expertenkonsens, dass viele Details erst ausjudiziert werden müssen. Die Neufassung des Antikorruptionsgesetzes hält Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zwar für eine »Präzisierung«, was aber erst die Praxis erweisen wird. Bis dahin darf das Gesetz als typisch österreichisch gelten. Als gewitzt und charmant, aber auch als ein bisschen augenzwinkernd.
 

Exkurs: \"Goldene\" Regeln und \"Totes Recht\"
Eigentlich sollte schon mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008 alles besser werden. Seit 1. Jänner 2008 wird die Geschenkannahme durch »Bedienstete und Beauftragte« oder die Bestechung derselben mit mehrjährigen Haftstrafen geahndet. Aber bereits damals war das Gesetz so unscharf formuliert, dass viele Details wohl in der Praxis ausjudiziert werden müssen. Die jüngste Novelle des »Antikorruptionsgesetztes« legt noch eins drauf. So kritisiert Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler die jetzt entschärften Regeln für das »Anfüttern« als »totes Recht«. Was für wen gilt, ist schwer zu sagen. ÖBBler oder Postler gelten etwa nicht mehr als »Amtsträger« und sind von verschärften Bestimmungen ausgenommen. Auch Arzt ist nicht gleich Arzt. In öffentlichen Spitälern gilt für sie das Antikorruptionsgesetz, das niedergelassene Kollegen jedoch getrost vergessen können. Für letztere gilt nur ein Verhaltenskodex der Ärztekammer. Was also tun, um nicht in die Mühlen des Gesetztes zu kommen? Im Zweifelsfall gilt die goldene Regel der »drei Ks«: Kugelschreiber, Kalender und Klumpert sind als Geschenke unverdächtig.

 

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