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Die Verrückten kommen

\"''Das… so könnte man meinen – als Unternehmer oder Manager.

Denn sie sind anders - positiv gesehen. Kolumnist Michael Bartz erläutert die Spezies der Digital Natives und warum wir sie verstehen sollten.

Digital Natives sind heute typischerweise um die 30 Jahre alt. Studien variieren hier. Was aber nicht variiert: Digital Natives machen in Unternehmen durchschnittlich schon fast ein Drittel der Belegschaft aus. Das ist ein Drittel der Belegschaft, das sich grundlegend anders verhält, agiert und denkt als die ältere Mitarbeitergeneration im Unternehmen.

Nur ein Datenpunkt: Ich bin 1967 geboren, in die Internetwelt hineingewachsen und für meine Generation ist typisch: 70 % meiner Kommunikation in meiner Firma wickle ich über E-Mail ab und empfinde das Warten auf Antwort durchschnittlich als unproblematisch (aber nur durchschnittlich). Asynchrone Kommunikation liegt mir. Digital Natives hingegen verhalten sich genau entgegengesetzt. 70 % der Kommunikation in Unternehmen läuft über Chat. Asynchrones E-Mail-Kommunizieren ist out, mega out. Diese Generation ist nicht damit aufgewachsen zu warten. Ich hingegen schon. Als Bub, wenn ich am Schulweg telefonieren musste, habe ich noch eine Telefonzelle gesucht. Wenn ich eine Wissensfrage hatte, bin ich erst nach Haus gegangen und habe zum Brockhaus-Lexikon gegriffen (mein Gott waren die Bände schwer im Verhältnis zu einem iPad heute). Das prägt. Umgekehrt prägt die Ubiquität von Information, Wissen und Kommunikation die Digital Natives: Gibt es etwas abzuklären, dann wird zum Handy gegriffen, wo immer man steht und geht. Und es wird geklärt. Kommen Fragen auf, dann wird das im Social Network geklärt. Und im Zweifel haben Wikipedia, Google, etc. immer eine Antwort bereit. Und am schicken Smartphone macht es inzwischen sogar einigermassen Spaß zu Surfen. Das heisst: Digital Natives sind zu einer Sache nicht bereit, und das ist Warten. Weiters prägt diese Generation: Lösungen finden ist etwas, was kollektiv im persönlichen Netzwerk passiert. Und Lösungen finden heisst auch, smart durch Online Ressourcen navigieren, Wissen zu selektieren und in Lösungen und fertige Ergebnisse ummünzen.

Auswirkungen auf die Unternehmen

Wenn wir das auf das Agieren in der Arbeitswelt ummünzen, dann wird klar: Digital Natives kommen mit ganz eigenen, neuartigen Anforderungen in Unternehmen hinein. Fordern dort die Möglichkeiten ein, zu kommunizieren, zu kollaborieren und Wissensressourcen zu nutzen, die sie bereits in den ersten 20 oder 30 Jahre ihres Lebens gewohnt sind. Das hat Implikationen für Unternehmen, Unternehmer und Manager: Unternehmen, die diese Möglichkeiten technisch nicht anbieten, entwickeln ein Problem. Denn welche Arbeitgeber werden junge High-Potentials wohl eher wählen? Unternehmen, die diese Möglichkeit technisch hätten, aber blocken, entwickeln genau das selbe Problem. Kurzfristig gibt es so etwas wie Kontrolle. Langfristig ist der Schaden groß. Und schließlich sind Unternehmer und Manager und Managerinnen gefordert neue Führungskompetenzen zu entwickeln, denn der grundsätzlichen Andersartigkeit der Digital Natives kommen auch neue Ansprüche an Arbeitsweisen (Remote Management) und Führungsstil (Management by Objectives statt Kontrollführungsstil) in die Unternehmen.

Umgekehrt gedacht, bietet das Arbeiten mit Digital Natives ganz neue unternehmerische Möglichkeiten. Der sicher mehr unabhängige Arbeitsstil der Digital Natives gibt herkömmlichen Produktionsfaktoren, wie Standort und Büro weniger Gewicht. Dieses Faktum eröffnet großen und kleinen Unternehmen die Möglichkeit, Standort- und Bürokonzepte zu überdenken. Ausserdem zeigen Studien, dass die Einführung neuer Arbeitsformen, die den Bedürfnissen der Digital Natives entsprechen, insgesamt zu hoher Produktivität im Unternehmen führen und zur Steigerung der Unternehmensperformance beitragen können. Das sind nur einige der vielen Gründe, einmal genauer auf die »neuen Verrückten« zu schauen mit dem Ziel, den bisher bewährten unternehmerischen Ansatz zu überdenken. Der von mir sehr geschätzte Johannes Gutmann, Eigentümer der Firma Sonnentor, brachte es für mich auf den Punkt: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Ein wichtiger Schlüssel für eine proaktives unternehmsstrategisch orientiertes Gehen mit der Zeit liegt sicher in den Digital Natives. Sozusagen als Starthilfe zum »Unternehmen der nächsten Generation«.

>> Michael Bartz
ist Professor an der IMC University of Applied Sciences Krems und Unternehmensberater für die Themen Zukunft der Arbeit und Produktivität. Er verfügt über 16 Jahre internationale Industrie- und Managementerfahrung. Mehr zum Unternehmen der nächsten Generation und zur neuen Welt der Arbeit unter www.newworldofwork.wordpress.com

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