Hemmer statt Hämmer
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Das Sparpaket liegt am Tisch. Endlich, könnte man fast aufatmen. Gefühlterweise dauerten die Verhandlungen schon eine halbe Ewigkeit. Das Gefühl der Zeitdehnung mag auch damit zusammenhängen, dass die Regierung die Legislaturperiode mit dem Aktivitätspegel eines Siebenschläfers absolviert hat. Kein Wunder, dass ein Zittern durch die Republik ging, als der Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer ausgerechnet in der Endphase auf Urlaub ging. Der gelernte Österreicher musste befürchten, dass Neugebauer – der Mann hat Steherqualitäten wie Rocky VIII – mit einem Njet aus der Ferne die Verhandlungen noch im letzten Moment zum Scheitern bringt. Aber es ist geschafft, auch wenn die von Vizekanzler Michael Spindelegger angekündigten »Hämmer« vor allem bei echten Strukturreformen ausgeblieben sind. Für die Bau- und Immobilienbranche bringt das Sparpaket eine ganze Reihe von einschneidenden Maßnahmen (siehe Kasten). Kräftig gekürzt wird etwa bei der Bausparförderung. Mit der Halbierung der staatlichen Zuschüsse sollen jährlich rund 76 Millionen Euro eingespart werden. Bei den Vermögenszuwachssteuern wiederum fällt die zehnjährige Spekulationsfrist auf Immoverkäufe, künftig wird ein einheitlicher Steuersatz von 25 % auf Veräußerungsgewinne aus Immo-Geschäften fällig. Ebenfalls in den Bereich Vermögenszuwachssteuer fällt die heiß diskutierte Umwidmungsabgabe. Gewinne durch Umwidmung von Grünland in Bauland unterliegen künftig ebenfalls dem einheitlichen Steuersatz.
Bei der Vorsteuer möchte die Regierung Umgehungskonstruktionen eindämmen. Bislang konnten nicht vorsteuerberechtigte Körperschaften ihre Bauvorhaben an vorsteuerberechtigte Firmen ausgliedern und wieder rückmieten. Künftig entfällt der Vorsteuerabzug, wenn nicht bereits der Mieter selbst vorsteuerberechtigt ist. Besonders harte Einschnitte gibt es bei Verkehrsinfrastruktur. Seit den 90ern feierten alle Verkehrsminister die Ausweitung von ÖBB-Rahmenplänen wie das Umsatzplus einer Quartalsbilanz. ÖBB oder Asfinag waren auch ein probates Mittel zur Steuerung der Konjunktur. Der ÖBB-Gewerkschafter Roman Hebenstreit bezeichnete die Bahn als »Mischmaschine der Nation«. Die Mischmaschinen drehen ohnehin schon seit einiger Zeit langsamer, jetzt steigt die Regierung mit der »Redimensionierung von Bauprojekten« noch einmal auf die Bremse. Für den Tiefbau sind die beschlossenen Kürzungen und Verschiebungen von Verkehrsprojekten allerdings harter Tobak. Etwa drei Viertel der Einsparungen von 920 Millionen Euro entfallen auf Großprojekte wie Brenner, Semmering oder Koralm. Was die Bau- und Immobranche vom Sparpaket insgesamt hält, ist nicht leicht über einen Kamm zu scheren. Die Reaktionen reichen von vergleichsweise harter Kritik bis hin zu Wohlwollen für Einzelmaßnahmen.
Horror bleibt aus, Kritik nicht
Von einem ausdrücklichen Horrorpaket will in der Bau- und Immobranche niemand sprechen. Aber der WKO-Fachverband Steine-Keramik zählt etwa zu den härteren Kritikern. Durch die Halbierung der Bausparprämie wird ein massiver Rückgang der Spareinlagen und die damit verbundene Finanzierungsleistung von 3,5 Milliarden Euro befürchtet. Noch kritischer sieht Fachverbands-Geschäftsführer Andreas Pfeiler die Kürzungen beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. »Damit fehlt nicht nur eine antizyklische Konjunkturmaßnahme, man schwächt auch die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Österreich«, so Pfeiler. Im Vergleich zum Verband Steine-Keramik sieht die CA Immo das Sparpaket entspannt und fürchtet keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Geschäft.
Der Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigung steht der Widmungsabgabe sogar positiv gegenüber. »Im Vordergrund muss dabei allerdings die ursprüngliche Intention stehen. Nämlich deren baulandmobilisierende Wirksamkeit«, so Obmann Karl Wurm. Notwendig dafür sei, dass der Bund via Finanzausgleich die Mittel an die Länder weiterreicht, wo sie zweckgebunden für geförderten Wohnbau verwendet werden. Damit spricht Wurm einen wunden Punkt an. Vorerst ist das Sparpaket eine Willenserklärung auf Papier – und ein Verteilungsschlüssel zwischen Bund und Ländern für Gelder aus der Umwidmungsabgabe ist noch nicht ausgemacht. Der Gemeindebund, Wien oder Salzburg brachten sich schon Stellung. Nur eines prophezeite Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer bereits: Billiger werde Wohnen durch die Abgabe nicht. Spätestens wenn sich nach Gemeindebund, Wien und Salzburg auch noch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll einschaltet, stehen der Regierung noch harte Nachverhandlungen bevor.
Wer glimpflich davonkommt, wen es wirklich trifft
Ohne viel Aufhebens nimmt der Bauriese Strabag das Sparpaket zur Kenntnis. »Vermögenszuwachssteuer und Umwidmungsabgabe werden im Hochbau keine merkbare, direkte negative Auswirkungen zeigen«, so Pressesprecherin Diana Neumüller-Klein. Und den Kahlschlag bei der Verkehrsinfrastruktur kommentiert die Strabag fast schon lapidar: »Die Lage ist schon heute sehr angespannt, da öffentliche Investitionen ausbleiben. Wir haben uns darauf eingerichtet, indem wir bei internationalen Tunnelbauprojekten mitbieten«, so Neumüller-Klein. Mit einer Mischung aus Kritik und staatstragender Haltung reagiert die Bundesinnung Bau auf das Sparpaket. »Natürlich schmerzen die Kürzungen bei Bausparförderungen. Staatliche Prämien tragen maßgeblich zu einer Stimulierung der Wirtschaft bei«, so Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel. Auch die Vermögenszuwachssteuer auf Immobilien und die Redimensionierungen bei ÖBB-Bauprojekten seien Maßnahmen, die der Bauwirtschaft nicht wirklich weiterhelfen. »Aber in Zeiten wie diesen muss jeder seinen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten«, sagt Frömmel.
Wen das Sparpaket tatsächlich am härtesten trifft, ist nicht auszumachen. Breiterer Konsens besteht offensichtlich beim Thema Bausparen und Umwidmungsabgabe. Hier sind sich unterschiedliche Branchenvertreter weitgehend einig, dass diese Maßnahmen im Wesentlichen vor allem Private und Einzelpersonen betreffen werden – und weniger die Bauwirtschaft insgesamt. Selbst der Wegfall der Vorsteuerabzugsberechtigung könnte vor allem auf private Mieter Auswirkungen haben. Wie sehr Sparzwang und Budgetkürzungen auf die ohnehin nicht rasend gute Baukonjunktur drücken werden, ist offen. Beflügelt wird sie sicher nicht. Vieles hängt von Einzelmaßnahmen und Branchensituation ab. Während der gewerbliche und frei finanzierte Wohnbau aufgrund der Finanzkrise erhebliche Rückgänge verzeichnete, waren etwa die Gemeinnützigen ein Fels in der Brandung. 2010 gab es einen nur marginalen Rückgang in der Neubauleistung der Gemeinnützigen, 2011 dürfte nach vorläufigen Erhebungen sogar noch besser ausfallen – und ein seit dem Krisenjahr 2007 nicht mehr erreichtes Niveau ansteuern.
>> Was das Sparpaket für den Bau– und ImmoSektor bringt
- Bausparförderung. Kräftig gekürzt wird bei der Bausparförderung. Mit der Halbierung der staatlichen Zuschüsse sollen jährlich rund 76 Millionen Euro eingespart werden. Die Bausparkassen bezweifeln das Sparpotenzial und orten eine massive Störung des Mittelaufkommens und eine daraus resultierende Kreditklemme.
- Vermögenszuwachssteuern. Die zehnjährige Spekulationsfrist auf Immoverkäufe fällt, künftig wird ein Steuersatz von 25 % auf Veräußerungsgewinne aus Immo-Geschäften fällig. Via Umwidmungsabgabe werden damit auch Gewinne aus Umwidmungen in Bauland erfasst. Ob Bund oder Länder davon maßgeblich profitieren, ist noch etwas unklar.
- Vorsteuer. Für den Bausektor relevante Änderungen gibt es auch bei der Vorsteuer. Bislang konnten nicht vorsteuerberechtigte Körperschaften ihre Bauvorhaben an vorsteuerberechtigte Firmen ausgliedern und wieder rückmieten. Künftig entfällt der Vorsteuerabzug, wenn nicht bereits der Mieter selbst vorsteuerberechtigt ist.
- Bremse für Großprojekte. Die Regierung nennt es etwas verschämt »Redimensionierung von Bauprojekten«. Für den Tiefbau sind die beschlossenen Kürzungen und Verschiebungen von Verkehrsprojekten allerdings harter Tobak. Etwa drei Viertel der Einsparungen von 920 Millionen Euro entfallen auf Großprojekte wie Semmering und Koralm.
>> O-Töne:
Was die Branche über das Sparpaket denkt.
- Kritisch. Dem Sparpaket wenig abgewinnen kann der WKO-Fachverband Steine-Keramik. Durch die Halbierung der Bausparprämie wird ein massiver Rückgang der Spareinlagen und der Finanzierungsleistung befürchtet. Noch kritischer sieht Fachverbandsbüro-GF Andreas Pfeiler die Kürzungen beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. »Damit fehlt nicht nur eine antizyklische Konjunkturmaßnahme, man schwächt auch die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts.«
- Entspannt. Vergleichsweise entspannt sieht die CA Immo das Sparpaket. »Wir sehen aus aktueller Sicht keine unmittelbaren Auswirkungen auf unser Geschäft«, so Florian Nowotny, Head of Investor Relations und Kapitalmarkt. Zukünftig eher eine Rolle spielen könnten möglicherweise die neuen Vorsteuerbestimmungen für Mieter.
- Wohlwollen. »Die Gemeinnützigen stehen der Widmungsabgabe sehr positiv gegenüber. Im Vordergrund muss dabei allerdings die ursprüngliche Intention stehen, nämlich deren baulandmobilisierende Wirksamkeit«, so Obmann Karl Wurm. Notwendig dafür sei, dass der Bund via Finanzausgleich die Mittel an die Länder weiterreicht, wo sie zweckgebunden für geförderten Wohnbau verwendet werden.
- Lapidar. Wenig Auswirkungen auf den Hochbau ortet der Bauriese Strabag. »Vermögenszuwachssteuer und Umwidmungsabgabe werden dort keine merkbare, direkte negative Auswirkungen zeigen«, so Pressesprecherin Diana Neumüller-Klein. Der Bausparaspekt spiele aufgrund des niedrigen Zinsniveaus auch keine Rolle. Den Kahlschlag im Tiefbau kommentiert die Strabag lapidar: »Die Lage ist schon heute sehr angespannt, da öffentliche Investitionen ausbleiben. Wir haben uns darauf eingerichtet, indem wir bei internationalen Tunnelbauprojekten mitbieten.«
- Sparwille. »Natürlich schmerzen die Kürzungen bei Bausparförderungen. Staatliche Prämien für den Wohnbau sind nicht nur ein wichtiger Beitrag zur privaten Vorsorge, sondern tragen maßgeblich zu einer Stimulierung der Wirtschaft bei. Auch die Vermögenszuwachssteuer und die Redimensionierungen bei ÖBB-Bauprojekten sind Maßnahmen, die der Bauwirtschaft nicht wirklich weiterhelfen«, so Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel. Aber in Zeiten wie diesen »müsse jeder seinen Beitrag leisten«.