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Keine Revolution

Der Lissabon-Vertrag wird sich auf die Umwelt- und Energiepolitik der Europäischen Union eher moderat auswirken, so das Fazit einer Studie der Wirtschaftskammer. Letztlich zählt der politische Wille der Mitgliedsstaaten mehr als Vertragstexte.

Die Europäische Kommission kann aufatmen. Mit der Unterschrift des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus kann der Lissabon-Vertrag endlich in Kraft treten. Er bringt zahlreiche Änderungen in der politischen und rechtlichen Struktur der Europäischen Union. Doch was bedeutet der Vertrag für die zukünftige Umwelt- und Energiepolitik der EU? Daniel Köster von der EU-Stabsabteilung der Wirtschaftskammer Österreich hat sich den Vertrag genauer angesehen und in seinem im Dezember erscheinenden Buch »Die Auswirkungen des Lissabon-Vertrags auf Umwelt- und Energiepolitik« untersucht.  Auf einen Nenner gebracht: Insgesamt stellt der Vertrag keine grundlegende »Systemrevolution« dar, sondern eher eine Modernisierung und Anpassung bestehenden Rechts. Die wichtigsten Änderungen würden nicht in erster Linie in der Schaffung neuer Kompetenzen liegen, sondern in der neuen politischen Dynamik, die durch mehr Mitspracherechte des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente entsteht. Köster zeigt sich zuversichtlich, dass die europäische Energie- und Klimapolitik als Gewinner des Lissabon-Vertrags zu sehen sind. Für die EU werde es einfacher, Maßnahmen zur Energieversorgungssicherheit zu treffen. Auch die wichtige Rechtssicherheit für europäische Projekte in diesem Bereich werde gestärkt.

Umweltpolitik allein bei der EU
Folgen haben werde die Tatsache, dass die EU aufgrund des in Kraft tretenden Vertrages von Lissabon ausschließlich für die Wettbewerbsregeln zuständig sein wird, glaubt Köster. So würden bestimmte umweltpolitische Maßnahmen, deren Zuständigkeit bisher sowohl bei der EU als auch bei den Mitgliedsstaaten lag, jetzt erstmals in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der EU wandern. Damit werde es für die Kommission einfacher, zu begründen, diesen Bereich nicht mehr wie bisher durch Richtlinien, sondern vorwiegend durch Verordnungen zu regulieren. Damit würden zumindest in diesem Bereich divergierende nationalstaatliche Umsetzungen weitgehend wegfallen, so der Studienautor.
Andererseits könne die Tatsache, dass durch den Lissabon-Vertrag der Einfluss der verschiedenen Akteure in der Gesetzgebung steigt, den schon jetzt vorhandenen »Chaosfaktor« in der europäischen Umwelt- und Energiepolitik noch verstärken, glaubt Köster. Etwa durch das Europäische Parlament (EP), das seine Entscheidungen im Vergleich zum EU-Rat dynamischer und tagespolitischer motiviert trifft. Die bisher sehr aktive Rolle des Parlaments im Umweltbereich, das häufig für weitreichendere Maßnahmen als Kommission und Ministerrat eingetreten ist, sieht der Autor als Anzeichen dafür, dass eine weitere Stärkung des EP zu einer Förderung umweltpolitischer Belange und ambitionierteren Umweltvorhaben führen kann.

Wille zählt mehr als Verträge
Was den Binnenmarkt betrifft, ist die Europäische Union schon heute so aktiv wie in kaum einem anderen Bereich. Für Köster ist es deshalb schwer vorstellbar, dass die Neuerungen des Lissabon-Vertrags mit Erweiterung der Zuständigkeiten und der Betonung des Energiesektors auf diesem Gebiet übermäßig viele zusätzliche Aktivitäten auslösen werden. Denn neue Marktregeln werden, trotz der neuen Kompetenzen für die EU-Organe, immer noch von der Zustimmung der einzelnen Mitgliedsstaaten abhängen, so Köster.
Was die Umsetzung von energiepolitischen Projekten in der EU betrifft, seien letztlich nicht Vertragsartikel, sondern der – in Energie- und Umweltfragen gewachsene – politische Wille der Mitglieder entscheidend, meint Köster. Misserfolge der Energiepolitik in der Vergangenheit hätten ihre Ursachen nicht primär in unzureichenden Kompetenzen gehabt, sondern in mangelnden Strategien und mangelndem politischen Willen, relativiert der Studienautor die Bedeutung des Lissabon-Vertrages.
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