Stark autark
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Rohstoffverschwendung war gestern – ab sofort wird kreislaufgewirtschaftet. Ein Kampfruf von Rainer Sigl.
Seit ich mir vorgenommen habe, kreislaufzuwirtschaften, hat sich mein Leben schon sehr verändert. Begonnen hat das ja eigentlich im Kleinen, wie es halt jeder macht: Glasmüll, Metall, Papier, Biomüll trennen und so. Aber irgendwann war mir das dann doch zu wenig. Bitte, das bisserl wird recycelt –und alles andere wird verbrannt? Und fürs Abholen zahl ich? Und für die Fernwärme zahl ich dann nochmal? Und überhaupt: diese miese Wegwerfmentalität! Da hat mich dann halt der Ehrgeiz gepackt.
Gut, dass der Garten jetzt meistens im Schatten ist, wegen der Sonnenkollektoren, hat der Irmi, meiner Frau, nicht so getaugt, aber seit ich die Gärbecken für den Biomüll zur Kleinmethangasgewinnung aufgestellt hab, geht sie eh nimmer so viel raus. Und das ist eh besser, weil es wär auch gefährlich, weil von den Probebohrungen zur Geothermie sind halt schon noch ein paar Löcher … wie bitte? Nein, da hab ich keine Firma geholt – bitte, ein Loch graben kann ich auch selber, haha! Ja, klar, ist schon viel Arbeit. Aber auch spannend! Was glauben S’, wie ich aufgeregt war, wie da in Stollen 4 plötzlich so schwärzliche, zähflüssige Flüssigkeit aus dem Boden gesickert ist – das war wie mein kleiner eigener Ölrausch! Gut, es war dann eh nur die undichte Senkgrube vom Nachbarn, aber egal: Von fossilen Brennstoffen hab ich die Nase sowieso gestrichen voll! Aber die Schotterader in Stollen 2 ist echt! Mindestens ein Viertelkubikmeter!
Gut, dass in Sachen Primärrohstoffe unser Grundstück hier jetzt nicht grad eine Goldader ist, war schon ein bisserl enttäuschend, aber was glauben S’, wo man im Gegensatz dazu am meisten fündig wird? Im Keller und am Dachboden! Ja, Urban Mining ist ein Lercherlschas gegen die Ausbeute, die ich da aus ein paar Jahrzehnten Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn gewonnen hab! Allein die Heftklammerln aus alten Schulaufgabenheften und drei Jahrzehnten Reader’s Digest – feinstes Alu! Kinderspielzeug aus pipifeinen Polycarbonaten! Seit ich den Infrarotspektroskopen immer dabei hab, kommt mir nicht das kleinste Futzerl fossiles Plastik mehr aus! Das wird dann getrennt, gesammelt und sortiert gelagert – wie bitte? Wo? Ja, ok, das ist ein wunder Punkt, die Irmi jammert auch schon dauernd, aber ich sag dann immer, Irmi, ich weiß, dass das jetzt ein bisschen unbequem ist, aber wenn ich die drei Leichtmetallschütten nicht im Schlafzimmer aufstellen kann, kommen sie wieder in die Küche zu den Säcken mit synthetischen Fasern und das taugt dir dann auch wieder nicht, oder?
Naja, das ist ja jetzt immerhin nur Schritt 1, nicht, das genaue Trennen und Sammeln und Beschriften und Zwischenlagern, bis ich mir halt überlegt hab, wie ich den Kredit für den Aluschmelzofen genau aufbringe – da hätt so eine Ölquelle im Garten halt schon gut gepasst. Aber wurscht. Jedenfalls hab ich das Ziel nach wie vor fest vor Augen: Raus aus der Verschwendung, autark werden, kreislaufwirtschaften! Das wird super, wenn das läuft, so in zehn, zwanzig Jahren. Obwohl: Mir ist jetzt schon ganz schwindlig.