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Im Brennpunkt von Energie- und Rohstoffpolitik

Der Autor und Managementberater Oliver Dworak war zuletzt Geschäftsführer der Austropapier – Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie. Der Autor und Managementberater Oliver Dworak war zuletzt Geschäftsführer der Austropapier – Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie. Foto: Fotostudio Wilke

Es sind komplexe und kontroversielle Faktoren und Entscheidungen in der Energie- und Ressourcenpolitik, die sich auf die Wertschöpfungskette in Österreich und Europa auswirken. Ein Kommentar von Oliver Dworak.

Energie – was für ein Thema, was für eine Dynamik! Entgegen allen Bemühungen für verbesserte Energieeffizienz und weniger Verbrauch wird der Weltenergieverbrauch weiter steigen – darin sind sich die Experten einig. Offen bleibt der Zeitraum – um ein Drittel bis 2035, sagt die Internationale Energieagentur, um die Hälfte bis 2050, prognostiziert das Weltenergieforum. Szenarien wie „Jazz“ und „Symphony“ – also die Annahme einer eher sprunghaften oder harmonischen Entwicklung der Rahmenbedingungen – machen diese Prognosen halbwegs verständlich. Größter Wachstumstreiber ist die wirtschaftliche Entwicklung der Schwellenländer, allen voran China und Indien. Und weil dabei auch der Anteil fossiler Energie steigt, werden aus heutiger Sicht die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 stark zunehmen. Energie – ein zentrales Thema der Nachhaltigkeit also, nicht nur mit einer enormen Bandbreite von ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten, sondern vor allem auch mit höchster (welt- und europa)politischer Brisanz.

Energie als Thema des Topmanagements
Die vielschichtige Bedeutung energierelevanter Themen spiegelt sich im aktuellen „World Energy Issues Monitor“ des World Energy Councils wider. Die Untersuchung zeigt anhand der Faktoren „Grad der Unsicherheit“ und „konkrete Auswirkungen auf das Unternehmen“, welche Themen derzeit weltweit Energy Leaders, also Führungskräfte in energierelevanten Unternehmen, am stärksten beschäftigen. Die Highlights im Ranking: die Entwicklung der Energiepreise, die weltweite Wirtschaftsentwicklung, die Rolle der erneuerbaren Energie, Energieeffizienz und die zukünftigen klimapolitischen Rahmenbedingungen. Fast ident auch die Auswertung für Österreich, erweitert um das Thema Gasversorgung aus Russland.  Im „Energy Sustainability Balance Index“ des World Energy Councils, der aktuellen Bewertung des Trilemmas aus Energiesicherheit, Zugang zu leistbarer Energie und Umweltverträglichkeit, schneidet Österreich - trotz hoher Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten - übrigens sehr gut ab: Platz vier, hinter der Schweiz, Dänemark und Schweden, und vor Großbritannien, Kanada, Norwegen, Neuseeland, Spanien, Frankreich und Deutschland.

Standortstrategie der Leitbetriebe
Energieversorgung und –politik ist auch ein zentrales Thema der kürzlich von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner gemeinsam mit der Industriellenvereinigung vorgelegten „Leitbetriebe Standortstrategie“. Vierzig Top-Manager führender heimischer Industriekonzerne haben 130 Vorschläge für verbesserte wirtschaftliche Rahmenbedingungen und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Standorte erarbeitet.  Die behandelten Themenfelder spannen den Bogen von der Wissens-, Forschungs- und Innovationsbasis Österreichs über die Wettbewerbsbedingungen auf internationaler Ebene, das Kapitel Klima, Energie, Umwelt und Rohstoffe bis hin zur Frage von Skills und Spitzenkräften. Im Energiekapitel dominieren Aussagen und Forderungen zur europäischen und internationalen Klimapolitik, Emissionshandel sowie Energieforschung und –förderung. Und hier, beim Thema der Förderung erneuerbarer Energie, zeigt sich, wie eng Energie- und Rohstoffpolitik zusammenhängt – dann nämlich, wenn es um die Konkurrenz der stofflichen und energetischen Verwertung fester Biomasse und um die Forderung nach Einhaltung der kaskadischen Nutzung geht. Für den Wirtschafts- und Wissenschaftsminister bedeutet das nun, bei der Weiterentwicklung der Ökostromförderung aus Biomasse nicht nur die Ausbaupläne der traditionellen stofflichen Nutzung von Holz in der Säge-, Platten-, Zellstoff- und Papierindustrie mit zu berücksichtigen, sondern darüber hinaus auch den Biomasse-Rohstoffbedarf neuer, innovativer Technologien und Anlagen im Rahmen der „bio-based industry“ sicherzustellen.
 
Zukunft der Ökostromförderung
Zur Erinnerung: das SPÖ-ÖVP-Regierungsprogramm 2013-2018 „Erfolgreich. Österreich.“ sieht im Kapitel „Österreich fit für die Zukunft machen“ unter anderem folgende Maßnahmen vor: Fortsetzung des erfolgreichen Ausbaus Erneuerbarer Energien, Evaluierung des Ökostrom-Förderregimes, punktuelle Verbesserungen und Weiterentwicklung im Gleichklang mit EU-Vorgaben. Gemäß Ökostromgesetz 2012 kann die E-Control Austria Vorschläge zur Verbesserung oder Adaptierung der Fördermechanismen und sonstiger Regelungen des Gesetzes benennen. Der Ökostrombericht 2013 enthält daher detaillierte Überlegungen und Vorschläge der E-Control zur Zukunft des Fördersystems. Bei der Weiterentwicklung der Ökostromförderung ist neben dem möglichst effizienten Mitteleinsatz die Integration der Erneuerbaren in den Markt das wichtigste Thema. Dabei soll ein Weg gefunden werden, den volkswirtschaftlichen Nutzen zu optimieren. Gemäß Ökostrombericht 2013 der E-Control Austria müsste eine Trennung des Fördersystems in rohstoffabhängige und –unabhängige Technologien erfolgen. Bei der zukünftigen Gestaltung des Fördermechanismus sollten für rohstoffabhängige Anlagen insbesondere folgende Punkte berücksichtigt werden: Einführung einer flexiblen marktabhängigen Komponente und Fokus auf die effizientesten bestehenden Anlagen; bei Biomasse soll eine Priorisierung des Einsatzes berücksichtigt werden – zuerst stoffliche Nutzung, dann Wärmenutzung, dann Stromerzeugung. Man darf auf die Detailüberlegungen, an denen bereits gearbeitet wird, und die Entscheidungsgrundlagen für die Politik liefern sollen, gespannt sein.

Forstbasierte Industrie
Wie komplex und kontroversiell sich Entscheidungen am Schnittpunkt von Energie- und Ressourcenpolitik innerhalb einer gemeinsamen Wertschöpfungskette auswirken können, zeigt eine aktuelle Befragung des internationalen Consultingunternehmens StepChange in der österreichischen forstbasierten Industrie (StepChange 2014: Forest-based industries in Austria – Ubi es ? Quo vadis ?). 170 Unternehmer und Führungskräfte aus der Forstwirtschaft, der Holzindustrie, der Zellstoff- und Papierindustrie, von Verpackungsherstellern und Druckereien nahmen zu den Zukunftsaussichten des Sektors in Österreich Stellung. Während sich die Forst- und Holzwirtschaft überwiegend positiv äußerte, sieht die Zellstoff- und Papierindustrie den Standort Österreich durch Anlagenschließungen, weiter rückläufige Investitionen und steigende Jobverluste gefährdet, sollten von der Politik keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Vier der fünf wichtigsten Kriterien, darunter Rohstoff- und Energiepreise, werden im Vergleich zu Deutschland, Polen, Finnland, Russland, der Slowakei und anderen, besseren Standorten als unattraktiv eingestuft. Ein noch intensiverer Dialog mit Politik und Verwaltung durch verstärktes Lobbying und mehr Öffentlichkeitsarbeit soll nun dazu beitragen, die Zukunftsperspektiven der Branche in Österreich zu verbessern. Besonders auffallend ist die widersprüchliche Sichtweise des Sektors zur Frage Biomasseförderung: während 37 % der Befragten, vor allem aus der Zellstoff- und Papierindustrie, eine Reduktion der Biomasseförderung als Maßnahme mit besonderem Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Standorte nennen, sehen 12 %, insbesondere Vertreter der Forst- und Holzwirtschaft,  die Erhöhung derselben als besonders wichtig an.


Zum Autor
Oliver Dworak hat mehr als zwanzig Jahre Erfahrung an den Schnittstellen von Industrie, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Medien, und war zuletzt Geschäftsführer der Austropapier – Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie. Er ist derzeit als Autor und Managementberater tätig.

Last modified onDonnerstag, 27 November 2014 09:19
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