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»Jammern hilft nichts, wir brauchen Alternativen«

\"''SeniorengerechteIm dritten Teil der Report-Baugespräche spricht Hans-Werner Frömmel, Bundesinnungsmeister Bau, über notwendige Alternativen zur zweckgebundenen Wohnbauförderung, die Chancen auf eine Förderung für die seniorengerechte Adaptierung von Bestandswohnungen und vermeintliche Nachwuchsprobleme am Bau.

Report: Die Bundesinnung hat sich jahrelang für die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung eingesetzt. Jetzt scheint ein Comeback aber endgültig ausgeschlossen zu sein. Was bedeutet diese politische Entscheidung für die heimische Bauwirtschaft?

Hans-Werner Frömmel: Meine letzten Gespräche lassen in der Tat darauf schließen, dass sich die Politik von der Zweckbindung verabschiedet. Die Konsequenzen sind klar und bereits jetzt deutlich spürbar: sinkende Fördergelder, zu wenig neue leistbare Wohnungen, immer höhere Mietkosten. Allein 2010 wurden um mehr als ein Fünftel weniger Wohnungsförderungen zugesichert als 2009. Das bedeutet einen Rückgang der Förderzusagen von 34.000 auf 28.000. Aber Jammern hilft nichts, jetzt müssen Alternativen her.

Report:
Wie kann trotzdem sichergestellt werden, dass auch in Zukunft genügend leistbarer Wohnraum zur Verfügung steht?

Frömmel: Da haben wir bereits konkrete Vorschläge erarbeitet: Um Wohnen auch in Zukunft leistbar zu gestalten, ist eine bedarfsgerechte Mittelzuteilung und Mittelverwendung erforderlich. Um diesen Mittelbedarf zu erhalten, schlagen wir eine bundesweite Bedarfsprognose – länderweise gegliedert – vor, die durch ein anerkanntes, neutrales Institut errechnet wird. Zusätzlich sind neue Wege zu beschreiten, um privates Kapital mit fiskalischen Anreizen zu akquirieren.

Report: Nach der Pause im letzten Jahr standen heuer mit dem Sanierscheck wieder 100 Millionen Euro für die thermische Sanierung zur Verfügung. Die Nachfrage war aber deutlich verhaltener als im Premierenjahr 2009. Wie bewerten Sie die Neuauflage?

Frömmel: Der Grund liegt auf der Hand: 2009 war die Aktion nur auf ein Jahr ausgelegt. Dieses Mal läuft der Sanierungsscheck allerdings bis Ende 2014. Private und Gewerbe können somit länger planen und sollen das auch tun. Ende Oktober waren 93 von den insgesamt 100 Millionen Euro im Fördertopf aufgebraucht. Deswegen kann man sagen, dass die Aktion in Summe auch heuer wieder ein Erfolg war.

Report:
Laut einer aktuellen GfK-Studie will ein Großteil der Bevölkerung zu Hause alt werden und ist auch bereit, bei entsprechender Förderung Geld in den Umbau der eigenen vier Wände zu investieren. Sie haben sich in diesem Zusammenhang für eine Förderung für die seniorengerechte Adaptierung von Wohnungen und Einfamilienhäusern nach dem Vorbild des Sanierschecks ausgesprochen. Wie realistisch ist Ihrer Einschätzung nach die zeitnahe Einführung dieses Förderinstruments?

Frömmel: Durchaus realistisch. Bundesminister Mitterlehner hat ja bereits die ersten positiven Signale gesendet und gesagt, dass auch eine eigene Förderschiene für barrierefreies Sanieren geschaffen werden könnte. Die Argumente sind eindeutig: Seniorengerechte Adaptierungen erfüllen die Wünsche der SeniorInnen, kurbeln die Bauwirtschaft an und entlasten die Sozialbudgets des Bundes, der Länder und der Gemeinden.

Report: Die heimische Bauwirtschaft hat seit Jahren mit quantitativen Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Qualitativ hingegen scheint es weit weniger Probleme zu geben, wie internationale Berufswettbewerbe zeigen. Wie ist es aus Ihrer Sicht um den heimischen Bau-Nachwuchs bestellt?

Frömmel: Die Bauwirtschaft hat den drohenden Fachkräftemangel früh erkannt und reagiert. 1981 wurde der erste Lehrbauhof und damit das triale Ausbildungssystem gegründet. Das heißt, unsere Lehrlinge verbringen zusätzlich zur Ausbildung im Lehrbetrieb und der Berufsschule drei Wochen im Jahr an einer der acht österreichweiten BAU­Akademien. Damit tragen wir den wachsenden Anforderungen an unsere Fachkräfte Rechnung. Natürlich spüren auch wir den Fachkräftemangel, aber ich wage zu behaupten, dass es um den Baunachwuchs besser bestellt ist als in vielen anderen Branchen.

Report: Wie kann es gelingen, mehr junge Menschen für die Arbeit am Bau zu begeistern?

Frömmel: Viele junge Menschen sind nicht ausreichend über die Chancen eines Bauberufes informiert und haben noch verstaubte Vorstellungen über die Arbeit am Bau im Kopf. Hier muss die Aufklärungsarbeit forciert werden – auch und vor allem bei den Eltern! Ein gut ausgebildeter Handwerker findet auch in schwierigen Zeiten einen Job.

Report:
Die Bauwirtschaft spürt immer noch die Auswirkungen der letzten Wirtschaftskrise – und die nächste Krise steht schon vor der Tür. Worauf muss sich die Bauwirtschaft im Jahr 2012 einstellen?

Frömmel: Auch 2012 wird kein einfaches Jahr. Die Auswirkungen einer Rezession bekommt die Bauwirtschaft immer nachgelagert zu spüren. Die öffentliche Hand muss sparen und die vielen Negativbotschaften in den Medien schrecken Private von Investitionen ab. Dabei sind gerade in der aktuellen Situation Investitionen in feste Werte eine  attraktive und vor allem vernünftige Alternative.

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