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Streitthema Zeiterfassung

\"PaulKaum ein Thema polarisiert die Mitarbeiter einer Firma so stark wie die betriebliche Zeiterfassung. In den letzten Jahren hat der Gesetzgeber daher mehrmals die Grenze zwischen Schikane und Notwendigkeit im Umgang mit Zeitaufzeichnungen klargestellt.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Arbeitszeitaufzeichnung ist in § 26 AZG (Arbeitszeitgesetz) geregelt. Für jeden Arbeitnehmer müssen der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende jedes Arbeitstages und die Pausenzeiten schriftlich festgehalten werden. Auch Dienstnehmer mit Überstundenpauschalen oder All-inclusive-Vereinbarungen sind entgegen üblicher Annahme von dieser Verpflichtung keineswegs ausgenommen. Der Arbeitgeber haftet für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Seit 1. Jänner 2008 wurden die Strafbestimmungen extrem verschärft. Pro Verstoß erwartet den Geschäftsführer oder Vorstand des betroffenen Unternehmens eine Geldstrafe zwischen 72 und 1.815 Euro. Selbst wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht auf den jeweiligen Mitarbeiter überträgt, bleibt davon seine Anleitungs- und Kontrollpflicht unberührt.

Betriebsvereinbarung in vielen Fällen nötig
Eine Aufzeichnung mittels Stundenzettel oder Internet-Erfassungsclients ist die einfachste Form der Arbeitszeiterfassung, die ohne gesonderte Zustimmung der Mitarbeiter jederzeit im Unternehmen eingeführt werden kann. Der Nachteil dieser Systeme liegt jedoch in der geringen Kontrollierbarkeit der tatsächlichen Arbeitszeiten. Qualitativ hochwertigere Daten liefert die altbewährte Stechuhr, für die ebenfalls keine Zustimmung eingeholt werden muss. Maximale Transparenz erhalten Unternehmen und Mitarbeiter jedoch erst mit Echtzeit-Erfassungssystemen mittels Magnetkarte oder RFID-Transpondern, durch die eine An- und Abmeldung im Büro, beim Kunden oder auch im Firmenauto möglich ist. Zeitbuchungen werden zu dem Zeitpunkt und an dem Ort vorgenommen, wo sie passieren.

Den Erfassungssystemen sind jedoch auch von Seiten des Gesetzgebers Grenzen gesetzt, wie zum Beispiel im Bereich der biometrischen Mitarbeiteridentifizierung. Sogar eine einfache Fingerprint-Erfassung berührt die Menschenwürde und erfordert die Zustimmung des Betriebsrates. Bei kleineren Firmen ist die schriftliche Zustimmung jedes einzelnen Mit­arbeiters erforderlich. Höchst problematisch wird die Kontrolle der Mitarbeiter, wenn sie indirekt erfolgt, also ohne dass es die Mitarbeiter bemerken. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist eine Erklärung wichtig, warum die Daten gesammelt werden, wer sie sehen kann, wofür sie verwendet und wann sie gelöscht werden.

Chance nutzen
Zeiterfassung betrifft jeden arbeitenden oder angestellten Menschen. Zur Schikane wird sie dann, wenn Auswertungen missbräuchlich verwendet werden. Eine Chance zur Verbesserung des Betriebsklimas kann sie hingegen sein, wenn sie die betrieblichen Notwendigkeiten berücksichtigt. Dazu zähle ich auch Fairness im Umgang mit Mitarbeitern, ein verbessertes Arbeitsumfeld, effizientes Arbeiten und eine ausgewogene Work-Life-Balance für jeden Einzelnen.

Zum Autor
Paul Plöckinger ist gewerberechtlicher Geschäftsführer der Tempore Zeiterfassungssysteme GmbH.

 

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