Wien wählt
- Written by Redaktion
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4 Fragen, 4 Antworten, die Parteien beziehen Stellung zu den drängenden Fragen der Bauwirtschaft.
1. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die konjunkturell und saisonal bedingte Arbeitslosigkeit in der Bauwirtschaft bekämpfen?
2. Soll die Stadt Wien ein neues Konjunkturpaket auflegen?
3. Durch den Rückgang der Baubewilligungen droht eine Verteuerung des Wohnens. Zahlreiche Experten fordern einen forcierten Wohnungsneubau. Woher soll das Geld kommen?
4. Thema Infrastruktur: Welche Projekte haben Priorität, welche müssen noch warten? Und woher soll das Geld für die Bauvorhaben kommen?
Michael Ludwig, SPÖ:
ad 1. Allein die Ausgaben des Wohnbauressorts sicherten zusammen insgesamt 23.000 Arbeitsplätze. Mit Objektförderungsmitteln in Höhe von mehr als 500 Mio. Euro wurden 2009 rund 7000 Neubaueinheiten gefördert. Es gab mit 17.000 Wohneinheiten einen neuen Rekord an Sanierungen. Die eingesetzten Mittel lösten ein Bauvolumen von rund 1,5 Mrd. Euro aus.
ad 2. Im Rahmen der Konjunkturpakete profitierte die Bauwirtschaft von mehreren Maßnahmen, darunter der Förderung der thermischen Sanierung privater Gebäude. Dazu kamen Zusatzausgaben von BIG, Asfinag und ÖBB. Insofern hat die öffentliche Hand auch in Wien spürbare Impulse zur Verhinderung eines konjunkturellen Einbruchs der Bauwirtschaft gesetzt. Die gegenwärtigen Förderungen erscheinen aufgrund der sich stabilisierenden Konjunktur absolut ausreichend.
ad 3. Die Stadt Wien fördert die Errichtung von rund einem Viertel aller Wohnungs- und Siedlungsbauten und weist dementsprechend im Bundesländervergleich die höchste Produktion auf. Rückgänge bei freifinanzierten Projekten konnten im geförderten Bereich überkompensiert werden. Dafür waren unter anderem konjunkturelle Maßnahmen wie die Steigerung der Förderungen im Rahmen der Sanierungsverordnung sowie die hohe Anzahl an zur Verfügung gestellten Grundstücken für Bauträgerwettbewerbe ausschlaggebend. Alle Projekte sind verstärkt unter dem Kostengesichtspunkt zu betrachten. Neben den Kriterien Architektur, Ökonomie und Ökologie habe ich als viertes Bewertungskriterium für die Beurteilung geförderter Wohnprojekte die »Soziale Nachhaltigkeit« eingeführt. In diesem Kriterium ist unter anderem auch Kostenreduktion durch Planung berücksichtigt. Wir forcieren also bewusst eine Reduktion der Baukosten pro m².
ad 4. In Wien laufen derzeit bereits zahlreiche Infrastrukturprojekte. Nehmen wir etwa den Bereich der Verkehrsinfrastruktur mit der Verlängerung der U2 in die Donaustadt oder den neuen Hauptbahnhof. Daneben wird es sicher auch aufgrund der wachsenden Bevölkerung zu einem Ausbau der sozialen Infrastruktur kommen. Darunter fallen Kindergärten und Schulen in Stadterweiterungsgebieten ebenso wie etwa das neue Krankenhaus Nord. Hinsichtlich der Finanzierung haben wir bereits neue Wege beschritten. So wurde die Schule am Gelände des Nordbahnhofs etwa im Rahmen eines PPP-Modells errichtet. Klar ist aber auch, dass in Hinkunft alle Investitionen noch stärker auf Entwicklungsachsen hin fokussiert werden müssen.
Norbert Walter, ÖVP:
ad 1. Es gibt überall in Wien Möglichkeiten, rasch und ohne große bürokratische Hürden Impulse zu setzen. Der Ausbau von Dachgeschoßen in den inneren Bezirken und die energetische Sanierung stocken, da es einen Stau bei den Genehmigungen gibt. Bei verwahrlosten Einkaufsstraßen wären Investitionsanreize zur Sanierung und Belebung gerade in saisonal und konjunkturell schwachen Perioden wichtig.
ad 2. Zuerst muss man sich ansehen, was das bisherige Konjunkturprogramm gebracht hat. Dann kann man entscheiden, wo es wichtig ist, vermehrt zu investieren. Die Stadt Wien vergisst im Zuge der teuren Inseratenkampagnen, dass leider nicht alles so gut läuft, wie die SPÖ glaubt.
ad 3. Neubau wird bereits jetzt von der Stadt Wien gefördert. Das soll im Zuge der Bauträgerwettbewerbe auch in Zukunft erfolgen. Wien bietet viele Potenziale für innere Stadterweiterung. Es muss nicht zwingend auf die grüne Wiese ausgewichen werden. Es gibt Konzepte zur Sanierung bestehender Bauten, zur Verdichtung und Nutzung bestehender Infrastruktur.
ad 4. Die Infrastruktur umfasst sehr viele Bereiche, in denen Impulse notwendig wären. Platzende Wasserleitungen, desolate Straßenbeläge, fehlende Pkw-Abstellplätze, ein sich verzögernder Ausbau des U-Bahnnetzes, Sanierung öffentlicher Gebäude: Wien hat viel zu tun, Investitionen wären dringend notwendig – und brächten auch die notwendigen konjunkturellen Impulse.
Sabine Gretner, Die Grünen:
ad 1. Die Stadt muss sich wieder ihrer Bauherrenrolle bewusst werden und aktiv dieser Verantwortung nachkommen. Angefangen von fairen Vergabeverfahren über professionelles Baumanagement bis hin zur pünktlichen Zahlung von Teilrechnungen. Aber auch mittels neuer Impulse, wie etwa einer Schulbauoffensive.
ad 2. Ein klares Ja. Und zwar in Form einer ökologischen Sanierungsoffensive, einer Schulbauoffensive sowie einem Ausbau der Förderung von Sanierungs- und Wärmedämmmaßnahmen im privaten Bereich.
ad 3. Derzeit entstehen jährlich zwischen 3000 und 5000 geförderte Wohneinheiten. Die Wohnkosten sind in den letzten Jahren stark gestiegen und man muss alles unternehmen, damit Wohnen nicht noch teurer wird. Ja zu forciertem Neubau und Kosteneinsparungen über Reformen bei der Grundstücksbeschaffung, Abwicklung und den Baugesetzen.
ad 4. Prioritär sind aus unserer Sicht die stadtverträglichen zentrumsnahen Entwicklungen wie etwa das Arsenal. Das Flugfeld Aspern kann erst funktionieren, wenn die U-Bahn dort ist, da startet die Entwicklung an einer falschen Ecke. Rothneusiedl und Donaufeld sind Gottseidank nach hinten gerutscht, solange man sich nicht klar ist, was man dort will. Das Geld dafür sollte aus der längst überfälligen Einführung von städtebaulichen Verträgen kommen, oder dem sogenannten »Planwertgewinn« , wie das München erfolgreich seit 15 Jahren macht. Hier konnten rund 450 Mio Euro von den »Widmungsbegünstigten« für Investitionen in Infrastruktur gewonnen werden.
Henriette Frank, FPÖ:
ad 1. Wien hat nach wie vor zu wenige Sozialwohnungen, ein Ausbau wäre zwingend notwendig. Sieht man außerdem den Zustand vieler Straßen oder Gassen an, dann ist hier zweifelsohne ein gigantischer Nachholbedarf, der zusätzlich Arbeitsplätze bringen würde.
ad 2. Dies wäre vor allem im Bereich der Sanierungen von Vorteil, denn in diesem Fall ist vor allem auch das Baunebengewerbe berücksichtigt. Mit der Sanierung des historischen Gebäudebestandes ist für Wien als Tourismusstadt ebenso ein wesentlicher Schritt erfolgt wie zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
ad 3. Der Neubau muss kostenverträglich errichtet werden. Es dürfen nicht Luxussegmente im sozialen Wohnbau schlagend werden. Die Wohnbauförderung ist in den letzten Jahren deutlich reduziert worden und wäre daher wieder dringend aufzustocken, damit dem Bedürfnis der ständig steigenden Bevölkerung nach leistbarem Wohnraum auch Rechnung getragen werden kann.
ad 4. Wenn bevorzugt neue Stadtteile auf die grüne Wiese gestellt werden, dann müssen auch Anbindungsmöglichkeiten an attraktive öffentliche Verkehrsmittel wie die U-Bahn geschaffen werden. Außerdem wäre es vorteilhaft, würden die Bundesländer bei der Errichtung von attraktiven Verkehrsmitteln miteinbezogen werden, da ja zigtausende Pendler, die tagtäglich die Straßen zum Ein- und Auspendeln benutzen, aus dem Speckgürtel um Wien kommen.