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Die größten Networking-Fehler

Netzwerken ist Smalltalk, ein freundliches Austauschen von Visitenkarten und generell ein eher harmloses Unterfangen? Falsch! Zwischen Konferenzen und Internetplattformen kann man ziemlich viel falsch machen. Von Rhea Krcmárová.

Es gibt Momente, da wünscht Herr K. sich, er könne hellsehen. Vor fünf Jahren war die junge Dame schließlich nur eine 20-Stunden-Aushilfe an der Rezeption gewesen, hoffnungsvolle Studentin der Ethnologie, Zukunftsaussichten: gar keine. Klar hatte der Herr K. ihre Kontaktanfrage bei XING entrüstet abgelehnt. Zu jung, keine nennenswerten Netzwerke, in der Hackordnung Kilometer unter ihm, und in der falschen Branche war sie auch noch. Für solche Leute hatte er als viel beschäftigter Salesmanager keine Energie, er vernetzte sich prinzipiell nur mit Leuten, die ihm einen guten Deal verschaffen konnten.

Blöd nur, dass die gute Frau sich in der Zwischenzeit zur Teilhaberin eines vielversprechenden Internet-Startups weiterentwickelt hat. Und ihre Firma der perfekte Kunde für Herrn K. wäre, dessen Verkaufszahlen seit längerem von einer gewissen Konditionsschwäche zeugen. Nur reagiert die Ex-Studentin auf keine der Emails, und auch die Freundschaftsanfragen online werden nicht beantwortet. Wen wundert’s – der Salesmanager hat schließlich alles, aber auch wirklich alles falsch gemacht.

Die Pflege der sozialen Kontakte im Businessbereich ist gar nicht so einfach. Der deutsche Autor Thorsten Hahn hat sich einmal angeschaut, in welche Fallen man auf der Jagd nach Mentoren, Geschäftspartnern, Mitarbeitern und anderen potenziell wichtigen Menschen so tappen kann. 77 Irrtümer des Networkings zählt er in seinem gleichnamigen Buch. Und gibt Tipps, um die Fettnäpfchen zwischen Smalltalk, XING und Visitenkartenaustausch elegant zu umschiffen.

Falsche Einstellung
Networking beginnt im Kopf. Es gibt allerdings mehr als genug Menschen, die damit ihre Probleme haben. Spricht man sie sanft, aber freundlich auf das Thema an, kommen diverse Tiraden. Networking sei doch eine Umschreibung für so Pfui-Begriffe wie Freunderlwirtschaft, Klüngelei oder Vitamin B. Und ein Ami-Schmäh sei es sowieso, ein Hype, der nächste Saison wieder out ist, und hierzulande nicht heimischer als, sagen wir mal, Spin-Doktoren. Wozu sich also die Mühe machen?

Falscher Ansatz, schreibt Autor Hahn. Networking ist so alt wie die Menschheit selbst. »Soziale Kontakte im privaten und beruflichen Umfeld sind seit Menschengedenken wichtig, beinahe überlebenswichtig.« Kein Mensch, der es an die Spitze gebracht hat, kommt ohne sein Netzwerk aus.

Feuer am Dach
Viele Menschen erinnern sich an ihre Netzwerke erst, wenn es zu spät ist. Nämlich dann, wenn sie sie dringend bräuchten. Buchhalter mit Kündigung im Nacken verfassen mitternächtliche Emails an Ex-Mitschüler, die sie seit der Maturareise nicht mehr gesehen haben. Salespersonen mit Absatzdefizit wühlen in den staubigen Tiefen der Schreibtischschubladen nach irgendwelchen Visitenkarten, in der Hoffnung, der potenzielle Kontakt möge sich zumindest noch vage an sie erinnern. Personalisten mit Mitarbeitermangel versuchen hektisch, bei XING wieder alle Personen in ihre Kontaktlisten aufzunehmen, die sie in einem Anfall von »Ich habe mir vorgenommen, nur Kontakte zu pflegen, die ich auch persönlich kenne« gelöscht haben. Wohl wissend, dass ihre Annäherungsversuche auf eher wenig Gegenliebe stoßen werden.

»Bauen Sie Ihre Netzwerke auf, bevor Sie diese brauchen«, rät Autor Hahn. »Das kann auch bares Geld sparen. PR, Kommunikation und Marketing verschlingen große Budgets.« Rechtzeitiges Netzwerken kommt um einiges billiger.

Und tschüss? 
Aus den Augen, aus dem Sinn und vor allem aus dem Adressbuch? Keine gute Idee. Schließlich weiß man nie, wann man welche Kontakte noch braucht. Auch wenn man die IT-Branche verlassen hat und auf Museumskurator oder Heilpraktiker umschult, sollte man nicht alle Ex-Kollegen aus dem Verteiler schmeißen. Schließlich kann man jetzt noch nicht wissen, was man in 18 Monaten so tun und vor allem, wen man brauchen wird. Ehemalige Kollegen werden zu Geschäftspartnern, aus der schärfste Konkurrentin wird eine geschätzte Mitarbeiterin, und der ausgebeutete Praktikant kann zum Zerberus an der Pforte zur Chefetage mutieren und einen wochen- und monatelang um einen wichtigen Termin beim Vorstandsvorsitzenden betteln lassen. »Beenden Sie Geschäftsbeziehungen so, dass Sie diese auch wieder starten können oder dass Sie zumindest mit den handelnden Personen aus dieser ehemaligen Geschäftsbeziehung in einer neuen Konstellation Geschäfte machen können und sich nicht gegenseitig auf gemeinsamen Veranstaltungen aus dem Weg gehen müssen.« Schließlich sieht man sich im Leben mindestens zweimal.

Big expectations
Wie ich dir, so du mir, sagen sich viele Möchtegern-Netzwerker. Man hat dem Tennispartner einen neuen Kunden vermittelt und erwartet sich im Gegenzug einen genauso großen Gefallen. Mit so einer Einstallung darf man sich nicht wundern, wenn das Gegenüber einen meidet wie den Berufsverkehr auf der Südosttangente. »Wenn Sie etwas geben und Ihrem Gegenüber bewusst oder meist unbewusst klar machen, dass Sie eine Gegenleistung erwarten, dann bringen Sie Ihren vermeintlichen Partner in eine prekäre Situation«, schreibt Thorsten Hahn. Schließlich hat die Gegenseite nur sehr selten einen gleichwertigen Deal anzubieten. Sein Credo: Netzwerker denken zum Zeitpunkt des Gebens nicht an irgendwelche Gegenleistungen; weder kurzfristig noch langfristig, weder bilateral noch global. Netzwerker handeln bedingungslos. Auch, weil das Gegenüber die angebotene Hilfe so viel leichter annehmen kann. Und nicht ständig grübeln muss, wo denn beim Deal der Haken sei und welche unausgesprochenen Gegenleistungen man dem vermeintlichen Wohltäter denn schulde.

Netzwerken = Akquirieren?
Auch wenn die Begriffe ähnlich klingen: Networking hat auch nichts mit Network-Marketing oder mit Multi-Level-Marketing zu tun. Das eine ist Kontaktpflege, das andere schlicht und ergreifend eine Form von Verkauf. »Networking ist das Gegenteil von Vertrieb«, schreibt Thorsten Hahn. Beim Multi-Level-Marketing geht es schließlich weder um Großzügigkeit noch um Bedingungslosigkeit. Sondern darum, Familienmitgliedern oder Freundin propere Plastikschüsseln, Vitamin-Wundertabletten und Antifalten-Augencremes anzudrehen.

Offline versus Online
Im Umgang mit XING, Facebook und Co gibt es zwei Extreme. Manche Traditionalisten halten Internetplattformen für Teufelszeug und würden sich nicht mal ein Profil bei LinkedIn anlegen. Viele Vertreter der Generation 2.0 wiederum halten sich für die Netzwerker schlechthin, nur weil sie mit hunderten Twitter-Followern protzen, sich auf XING in zwei Dutzend Diskussionsforen eingeloggt haben und ihre Facebook-Bekannten mit halbstündlichen Status-Updates nerven. Wirklich hilfreich sind beide Zugangsweisen nicht. Ein wirklich guter Netzwerker nützt beide Wege, um im Kontakt zu bleiben und neue Kontakte zu finden. Keine Plattform dieser Welt kann den realen Kontakt ersetzen. Die Online-Communities machen den Netzwerkaufbau aber deutlich leichter, schreibt Hahn. »Wenn Sie es wollen – und nur dann –, zeigen diese Communities Ihre Zugehörigkeit zu Netzwerken, Interessengebieten, Hobbys und sportlichen Aktivitäten. Sie finden Gleichgesinnte und, noch viel besser, Gleichgesinnte finden auch Sie.« 

Lose Bande
Nur enge Kontakte sind gute Kontakte? Wirklich gute Freunde hat man nur eine Handvoll. Der Rest des Umfelds teilt sich in mehr oder minder nahe Bekannte auf. In Sachen Businesskontakte sind diese losen Kontakte kein Nachteil. Zu diesem Schluss kam der Soziologe Mark Granovetter in einer empirischen Arbeit, die er schon im Jahr 1973 unter dem Titel »The strength of weak ties« veröffentlichte. Seine Erkenntnis: Die schwachen Verbindungen in einem Netzwerk sind oft wichtiger als die engen und intensiven. »Das enge Netzwerk aus den starken Verbindungen kommt an die gleichen Informationen und besucht die gleichen Ausbildungseinrichtungen. Neue Informationen oder eine offene Stelle, von der ich selber nicht eh schon weiß, kommen aus dem engen Netzwerk nicht heraus.«

Hier kommt laut Thorsten Hahn das eher schwache Netzwerk ins Spiel, der Kreis der Bekannten und Vermittler. »Die Bekannten jedoch sind Teil anderer Netzwerke, leben in einem anderen Umfeld, haben einen anderen Ausbildungshintergrund und andere Arbeitgeber erlebt. Diese Vermittler oder Bekannten bescheren dem eigenen Netzwerk einen unschätzbaren Wertzuwachs.«

Elite, ja bitte?
Nur wenn es in einem Netzwerk vor CEOs, CFOs, Vorstandsvorsitzenden und anderen Entscheidungsträgern nur so wimmelt, sollte man sich einen Beitritt überlegen. Oder? »Aus den Jobpositionen der Mitglieder auf die Qualität eines Netzwerkes zurückzuschließen, halte ich für sehr gewagt«, schreibt Networking-Guru Hahn. Die Qualität hängt eher von den Aktivitäten der einzelnen Mitglieder im Netzwerk ab als von deren Position oder gesellschaftlichem Status. In fachbezogenen Netzwerken findet man vielleicht keine einzige Führungskraft, aber die Mitglieder können einander durch den themenspezifischen Austausch immens weiterbringen. »Natürlich gibt es auch Business-Netzwerke, in die man nur aufgenommen wird, wenn man eine bestimmte Position erklommen hat. Gegen diese Regel ist nichts einzuwenden. (..) Aber nur deshalb auf die Qualität zu schließen, greift auch hier wieder zu kurz.« Auch weil die Entscheidungsträger oft gar nicht bei den Events anwesend sind, und lieber ihre Stellvertreter hinschicken – und man sich gekonnt mit dem Assistenten oder der Büroleiterin vernetzen muss, um an den Chef oder die Chefin ranzukommen.

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