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- Written by Redaktion_Report
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Mobile Datendienste werden in Ländern mit vergleichbarem Wohlstand unterschiedlich angenommen. So hinken die USA etwa Japan oder Korea weit hinterher. Trotzdem glaubt US-Wissenschafter Francis Pereira, dass Menschen in verschiedenen Ländern ihre Konsumentscheidungen nach ähnlichen Kriterien fällen. Ursache für die verschiedene Nutzung seien die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Maßstäbe angelegt werden.
\"Global Adoption of Technology Model\" (GAT) nennt Pereira das gemeinsam mit seiner Kollegin Elizabeth Fife am Center for Telecom Management der University of Southern California entwickelte Erklärungsmodell. Im Rahmen des Telekommunikationskongress FITCE präsentierte er es in Wien. Das GAT nennt vier wesentliche Entscheidungsfaktoren. Die \"Perceived Relative Value\" ist der soziale und/oder ökonomische Vorteil, den der Konsument aus der Nutzung einer neuen Technologie zu ziehen erwartet. Ausgehend von der Worldwide Mobile Internet Study an über 10.000 Mobilfunkusern in Asien, Europa und den USA glauben die Forscher, dass die Perceived Relative Value weltweit relativ ähnlich ist. (Die Ergebnisse aus Europa werden noch ausgewertet.) Theoretisch könne auch der Unterhaltungswert ins Gewicht fallen, dieser habe sich in der Studie jedoch als nicht relevant erwiesen.
Die unterschiedlichen Konsumentscheidungen dürften daher von den drei anderen Faktoren bestimmt werden: 1. Usability und Kompatibilität, 2. kulturelles und soziales Umfeld, 3. einem Technologie-Katalysator. Unter Letzterem werden etwa Maßnahmen von Regierungen, die die Nutzung neuer Technologien fördern, verstanden. (Pereira lobt Japan und Südkorea.)
Usability und Kompatibilität Die Usability ist relativ zu alternativen Produkten, während für die Kompatibilität wichtig ist, wie eine neue mit bereits vorhandenen Technologien kooperiert. In den USA finden sich in viel mehr Haushalten Computer und Festnetz, als in Finnland, Japan oder Südkorea -- allesamt Märkte, die von starker Nutzung mobiler Datendienste geprägt sind. In den USA sähen die Leute im Handy einen Zusatz zu, manchmal einen Ersatz für, Festnetz und PC. In Japan hingegen habe sich das mobile Internet nicht aus dem PC, sondern aus kleinen Geräten wie Pagern und Handys selbst entwickelt. Mobiltelefone würden in Japan daher nicht als PC-Ersatz wahrgenommen, woraus andere Usability-Ansprüche resultierten.
Kultur und Sozialgefüge. Japanische Handys haben auch eine spezifisch soziale Rolle: Private Nachrichten werden primär von Handy zu Handy verschickt; im Geschäftsleben dominieren Computer-Mails. Bei den kulturellen und sozialen Faktoren sei die Forschung noch in einem sehr frühen Stadium, so Pereira. Zum Beispiel sei bisher nicht untersucht, wie sich ein Umzug in einen anderen Kulturkreis auf den mobilen Datenkonsum auswirkt. Zudem müsse man nicht nur zwischen Kulturen, sondern darin auch zwischen verschiedenen Gruppen (Alter, Ethnie, Bildungsstand, etc.) unterscheiden.
Die Worldwide Mobile Internet Study habe etwa ergeben, dass US-Bürger über 50 mobile Datendienste nie in der öffentlichkeit und kaum bei Freunden nutzten, aber oft in der Arbeit und zu Hause. Umgekehrt würden Amerikaner unter 18 öffentlich und bei Freunden, kaum aber zu Hause das Handy als Datengerät einsetzen. In Hongkong indes greifen Jung und Alt ähnlich häufig zu: Am Arbeitsplatz und zu Hause praktisch nicht, dafür aber in der öffentlichkeit. Umgekehrt in Korea: trotz hoher Breitband-Penetration werden die Handy-Dienste vor allem in der eigenen Wohnung angenommen. In allen Ländern ähnlich stark sei die Nutzung während Fortbewegung. Gleichzeitig räumt Pereira mit einem Mythos auf: Der Erfolg der Kommunikationsservices in Japan sei durch die langen Wege zur Arbeit und zurück nicht erklärbar -- denn über die Hälfte der Nutzung passiere zu Hause.
Mit Hilfe seines GAT-Modells, meint Pereira, könnten Mobilfunkanbieter auch in Märkten mit bisher geringen Nutzungsraten Datenprodukte erfolgreich vermarkten.