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Wasserstoff vs. Batterie

Wasserstoff vs. Batterie Foto: iStock

Wasserstoff wird als Energieträger der Zukunft gesehen. Energieexperten und Techniker sehen auch für die wiederaufladbare Batterie (Akku) vielversprechendes Potenzial.

»Bezogen auf die Batterietechnologie unterscheide ich zwischen den Mobilitätssystemen LKW und PKW sowie dem Öffentlichen Nahverkehr«, eröffnet Marcus Jahn, Senior Research Engineer und Leiter des AIT Batterielabors, das Gespräch mit dem Energie Report. Bei öffentlichen Nahverkehrsmitteln liegen gut definierte Strecken mit festgelegten Rastzeiten vor.

Die Fahrten finden überwiegend im urbanen Feld statt, Aufladen ist damit auch während der Fahrt über Strom- und Oberleitungen möglich. Für eine Nachladung können ebenso Ladestationen am Beginn und Ende der Fahrt sorgen oder Mini-Ladestationen an jeder Haltestelle.

Bild oben: Marcus Jahn forscht im Batterielabor des AIT an Hochenergie-Lithium-Ionen der nächsten Generation sowie der Lösung Lithium-Luft und der Magnesiumbatterie.

Beim LKW überwiegen Überlandfahrten mit mehreren hundert bis tausend Kilometern. Lebensdauer, Ladezeiten und Gewicht entscheiden. »Hier machen Systeme mit Wasserstoff Sinn«, so Jahn und verweist auf die notwendige Infrastruktur, die erst in Ansätzen vorliegt. Die Batterie eignet sich bei überwiegend kurzen Fahrten. Im urbanen Bereich sei die Reichweite eingeschränkt, durch häufiges Anfahren infolge von Staus ist eine höhere Leistung erforderlich.

Alexander Trattner von HyCentA ­Research an der TU Graz spricht die noch hohen Kosten der Brennstoffzelle an, da sie noch nicht in Serie produziert wird. Es sei aber durchaus denkbar, dass sich Wasserstoff und Brennstoffzelle auch am PKW-Markt durchsetzen. Entscheidend ist für Marcus Jahn das Verbraucherverhalten. »Im Hinterkopf haben Autofahrer den Verbrennungsmotor und damit eine Reichweite von 800 bis 1.000 km. Diese ist aber in den seltensten Fällen erforderlich.«

Energieträger H

»Wenn man das Thema Lifecycle betrachtet, ist die Brennstoffzelle eine äußerst vielversprechende Technologie zum Klimaschutz«, betont Trattner. Ihre Produktion benötigt keine seltenen Erden, sie ist einfach und ressourcenschonend herstellbar, erzeugt geringe CO2-Emissionen, ist recyclebar, hat jedoch im Betrieb einen geringeren Wirkungsgrad. PKW-Hersteller wären an dieser Technologie trotzdem interessiert. Einige PKW wurden bereits in SUV-Ausführung gebaut. Die ersten Brennstoffzellenfahrzeuge wurden 2016 als Hybridversion mit sehr großer Brennstoffzelle und kleiner Batterie präsentiert. Heute werden auch Antriebskonzepte mit größeren Batterien verfolgt, etwa von AVL.

Aktueller Trend

Bild oben: »Auf den österreichischen Markt kommen heute mehr als 1.500 Tonnen Lithiumbatterien alleine in Elektronikgeräten, e-Bikes und Werkzeugen. Dazu kommen noch die Antriebsbatterien von Elektroautos; Tendenz stark steigend. Lithiumbatterien sind eine relativ neue Technologie und haben eine lange Lebensdauer, daher kommen zur Zeit nur wenige zurück«, informiert Thomas Maier, Geschäftsführer der Elektro Recycling Austria.

Lithium-Ionen-Batterien haben im weltweiten Batteriemarkt seit Jahren die höchsten Wachstumsraten. Sie eignen sich aufgrund ihrer hohen Energiedichte hervorragend für portable und mobile Anwendungen. In Handys, MP3-Playern, Laptops und Tablets wird nahezu keine andere Technologie mehr eingesetzt.

Bei E-Fahrrädern steigen die Marktanteile ständig, in Elektro-PKW werden kaum andere Batterietypen verwendet. Zunehmend kommen diese Batterien auch als stationäre Speicher zum Einsatz. Größere Mengen an Lithiumbatterien kommen erst seit rund zehn Jahren auf den Markt. Sie haben eine recht lange Lebensdauer – daher ist der Rücklauf an alten Batterien noch relativ gering. Dennoch gibt es bereits spezialisierte Recyclingunternehmen und eine eigene europäische Batterie-Richtlinie mit Vorgaben für das Recycling.

Bild oben: »Wir unterscheiden im Recycling zwischen Lithium- und Nichtlithiumbatterien. Lithium muss aufgrund seiner gefährlichen Eigenschaften getrennt gesammelt werden. Es gibt dafür in Europa einige wenige Recycler«, betont Thomas Maier, ERA. Die Vorgangsweise, etwa bei Redux Recycling, einem Unternehmen der Saubermacher Gruppe: Die Batterien werden entladen, Kunststoffe, Aluminium und elektronische Bauteile rückgewonnen, anschließend folgt die thermische Behandlung sowie pyro- und hydrometallurgische Prozesse, die die Stoffe in den Rohstoffkreislauf zurückführen. Recyclingquoten von bis zu 70 % können erzielt werden.

Lithiumbatterien enthalten wertvolle Bestandteile wie Kobalt und Nickel. Das Lithium selbst ist nicht leicht zu recyceln, da es hochreaktiv und leicht entflammbar ist. Außerdem sind die Marktpreise für Lithium unbeständig und das Recycling in Relation zur Primärproduktion ist teuer. Es braucht also Alternativen zur Lithium-Batterie.

Die gibt es bereits, zumindest in der Forschung.
Teodoro Laino vom IBM Research Zürich verweist auf den Natrium-Schwefel-Akkumulator, der mit 15 Jahren eine deutlich längere Lebensdauer als seine Lithium-Ionen-Pendants hat. Natrium kann zudem einfach aus dem Meerwasser extrahiert werden. Eine andere Technologie ist Hydrogen, das auf der Welt häufigste Material. Hier besteht laut Laino allerdings das Problem der energieintensiven Trennung.

Für Marcus Jahn vom bilden Li-Ionen-Akkus eindeutig eine Zwischenlösung. Am AIT wird derzeit an Magnesium-Ionen-Batterien geforscht sowie an Natrium-Ionen, Aluminium-Ionen und Metall-Luft-Systemen. Die Lithium-Schwefel und Natrium-Ionen Lösung sei der Kommerzialisierung bereits nahe. Als Natrium-Ionen Akkumulator präsentiert sich beispielsweise die Greenrock-Salzwasser-Batterie.

Bild oben: Die Batterie ist für den Großteil des PKW-Segments geeignet. Höhere Leistungen und Energiedichten sowie kurze Betankungsdauer erfordern im Straßenverkehr die Kombination mit der Brennstoffzelle, Schiff- und Luftfahrt benötigen synthetische Kraftstoffe. »Es gibt keine perfekte alleinige Lösung«, betont Alexander Trattner, HyCentA Research.

Mit Wasserstoff beschäftigt sich das Projekt Keytech4EV des Automobilzulieferers AVL. Das Fahrverhalten eines vergleichbaren Serienfahrzeugs mit den Vorteilen einer höheren Reichweite und kurzer Tankzeit bei gleichzeitiger Reduktion der Antriebsstrangkosten sollte erreicht werden – gelungen ist dies durch ein kompaktes Wasserstoffantriebssystem und die Nutzung einer größeren Batterie als in herkömmlichen Brennstoffzellenfahrzeugen. Forscher arbeiten auch am Ersatz des neben Lithium enthaltenen Schwermetalls Kobalt, das größtenteils in Krisenregionen wie dem Kongo abgebaut wird.

Es wird sukzessive durch Mangan und vor allem Nickel ersetzt. »Eine der führenden Technologien ist Nickel-Mangan-Kobalt-Oxyd«, berichtet Jahn. Mittlerweile sei man bereits bei einem Verhältnis von acht Teilen Nickel zu einem Teil Mangan und einem Teil Kobalt, Nickel soll Kobalt zunehmend ersetzen. Die Forschung rund um Lithium steht aber auch nicht still. Weit fortgeschritten sind bereits die sogenannten Feststoffakkus. Der bis dahin flüssige Elektrolyt besteht jetzt aus Polymeren oder Keramik.

Analyse gefordert

Marcus Jahn nennt ein zentrales Problem beim Recycling von Akkumulatoren, das vielfach unterschätzt wird. »Die große Herausforderung besteht darin, zu erkennen, was in der Batterie enthalten ist.« Bei zehn Millionen Bleiakkus sei nahezu überall dasselbe drin, damit könne ein ähnliches Recyclingverfahren angewandt werden.

Bei Lithium-Ionen stellt sich die Situation ganz anders dar. Hersteller haben nicht die Verpflichtung, die chemischen Inhaltsstoffe zu deklarieren. Wenn die Batteriezelle in einen falschen Recyclingstrom kommt, ergeben sich massive Verunreinigungen und damit ergibt sich Ineffizienz. Am AIT laufen daher Diagnose- und Analyse-Verfahren von Akkumulatoren: In-­situ-Gas-Chromatographie, Mass-Spek­trometrie sowie thermische Analysen.


Marktaufbau: Projekt »LiPLANET«

Das EU-Projekt zielt darauf ab, ein wettbewerbsfähigeres Ökosystem für die Herstellung von Li-Ionen-Batteriezellen aufzubauen und die Produktion von Li-Ionen-Zellen im industriellen Maßstab zu steigern. Dabei werden die wichtigsten europäischen Pilotlinien  für Li-Ionen-Zellen-Produktion und die wichtigsten Akteure des Batteriesektors zusammengeführt.

Hintergrund: Große Herausforderungen

Wasserstoff als alternativer Kraftstoff im Verkehrssektor ist in Österreich noch weit von einer flächendeckenden Markteinführung entfernt. Es fehlen infrastrukturelle Einrichtungen wie die Wasserstoffproduktion, der Transport und die Verteilung. Weltweit gibt es erst 200 Wasserstoff-Tankstellen. Eine weitere Herausforderung ist die Speicherung im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen. Er muss entweder in Hochdruckgasflaschen gespeichert werden, was sich negativ auf die Reichweite auswirkt. Alternativ kann er verflüssigt werden, was einen sehr hohen Energieaufwand bedeutet, da Wasserstoff erst bei zirka minus 253°C den Aggregatzustand wechselt.

Last modified onMittwoch, 26 Februar 2020 14:44
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