Energie und Industrie: Das wird 2020 prägen
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Erwartungen und Prognosen von BranchenvertreterInnen aus der Energiewirtschaft und Industrie. Der Energie Report hat nachfragt, welche Themen 2020 bestimmen werden.
Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie
Was werden 2020 und die nächsten Jahre für die Energiewirtschaft bringen?
Bis 2030 will Österreich seine CO2-Emissionen um 36 % reduzieren und den Strombedarf über das Jahr gerechnet vollständig aus erneuerbaren Energien decken. Strom ist die saubere und intelligente Energieform der Zukunft und wird in vielen Bereichen fossile Energieträger ersetzen. Damit diese Vision Realität wird und der Strom nicht nur sauber, sondern auch sicher und leistbar bleibt, müssen wir Wasser- und Windkraft, Photovoltaik sowie Netze und Speicher massiv ausbauen.
Dafür brauchen wir rasch die richtigen Rahmenbedingungen und Maßnahmen – von der Bereitstellung einer Energieforschungsmilliarde über eine faire CO2-Bepreisung bis hin zu Leuchtturmprojekte zur Integration erneuerbarer Energien. Ein großes Gesetzespaket, das lange angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – oder wie auch immer es unter der neuen Regierung heißen wird – muss daher 2020 rasch vorgestellt, diskutiert und beschlossen werden. Denn weitere Verzögerungen können wir uns nicht mehr leisten.
Thomas Karall, kaufmännischer Vorstand APG
Was steht beim Stromnetzbetreiber Austrian Power Grid auf der Agenda?
Wir wollen den erneuerbaren Strom zu den Menschen bringen. Um das möglich zu machen, werden wir 2,9 Milliarden Euro über die nächsten zehn Jahre in die Strominfrastruktur Österreichs investieren. Darin enthalten sind Schlüsselprojekte wie die Salzburg-Leitung, der Ersatzneubau der Weinviertel-Leitung sowie der Ausbau des Großraums Oberösterreich.
Das Weinviertel braucht die Weinviertel-Leitung für den Systemtransport des niederösterreichischen Windstroms. Im Großraum Linz wird der Industriestandort mit unserem Projekt in Oberösterreich in die Stromzukunft geführt. Die Salzburgleitung ist zentral für das innerösterreichische Strommanagement der erneuerbaren Energie im Osten und den Pumpspeichern im Westen des Landes. Mit all dem wird die Stromversorgung gesichert, die Integration erneuerbarer Energie verbessert und Österreich ermöglicht, die Klimaziele zu erreichen.
Vera Immitzer, Geschäftsführerin Bundesverband Photovoltaic Austria
Was benötigen die Erneuerbaren auf politischer Ebene?
Ganz oben auf der To-do-Liste für das Jahr 2020 steht die Wiederaufnahme der Arbeiten am Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Nach dem überraschenden Aus der Regierung wurden jegliche Arbeiten am Gesetz ruhend gestellt. Umso intensiver werden vor allem die ersten Wochen und Monate der neuen Regierung sein, um im Eiltempo die verlorene Zeit aufzuholen und das Gesetz zu bearbeiten, damit es verspätet mit 2021 in Kraft treten kann.
Ein wichtiger Teil davon wird sicherlich auch das Thema Energiegemeinschaften sein, die es BürgerInnen erstmals auch im größeren Rahmen erlauben, gemeinschaftlich Erzeugungsanlagen zu betreiben. Auf der To-do-Liste der Bundesländer steht vor allem die Anpassung ihrer Landesgesetze hin zu einer PV-freundlichen Bauordnung oder Flächenwidmung. Schließlich gilt es, bis 2030 pro Österreicherin 2 kWp Photovoltaik zu installieren. Hierzu müssen alle mithelfen.
Thomas Lutzky, Geschäftsführer Phoenix Contact
Welche Erwartungen haben Sie für das neue Jahr? Was werden Sie dazu bei Phoenix Contact bieten?
Wir gehen positiv gestimmt ins neue Jahr. Mit fast 100 Jahren Erfahrung in der Energiebranche hat sich Phoenix Contact als kompetenter Partner etabliert. Als Spezialist für die Automatisierung von Energienetzen sind wir sowohl im Höchst- und Hochspannungsnetz als auch im Bereich der intelligenten Verteilnetze aktiv. Das Leistungsspektrum erstreckt sich von komplexen Lösungen für die Stationsleittechnik in Transportnetzen bis 400 kV über Schutztechnik und Automatisierungslösungen im Verteilnetz bis hin zur Lieferung von Komponenten für die Meldeverarbeitung und Kommunikation. Bei Digitalisierungsvorhaben kommt dem Thema Security eine entscheidende Rolle zu.
Schutz vor Cyberangriffen gewährleisten wir mit unseren Security-Routern sowie einem umfangreichen Consulting und Schulungsprogramm, auch für kritische Infrastruktur. Zusätzlich zu all der Technik stehen unsere engagierten Mitarbeiter in ganz Österreich jederzeit gerne vor Ort zur Verfügung und begleiten Sie in Ihren Projekten mit unseren Technologien und Dienstleistungen.
Gerd Hesina, Geschäftsführer des VRVis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung
Digitale Vernetzung: Wie unterstützen Sie Ihre Kunden dabei, ihre Unternehmen zukunftstauglich zu machen?
Durch das Internet wird die Welt immer vernetzter. Dies spiegelt sich auch in den Bedürfnissen – vor allem aber Möglichkeiten – unserer Partner aus Industrie und Wirtschaft wider, die sowohl regional als auch global wirken. Als Österreichs führende Forschungseinrichtung im Bereich des Visual Computing schafft das VRVis mit und für seine AuftraggeberInnen ganzheitliche Lösungen und Dienste, die ans Internet angebunden oder webbasiert sind und in denen verschiedene Technologien verschmelzen.
Dabei wird auch die Zukunftstechnologie künstliche Intelligenz immer wichtiger, ein Feld, in dem wir seit Jahrzehnten ambitionierte Forschungsarbeit leisten. Dabei steht für uns stets die Frage im Zentrum, wie KI dem Menschen nützen kann. Wichtige Schwerpunkte sind dabei, Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Funktionsweisen von KI weiter zu erhöhen. Besonders im Medizinbereich ist dies von enormer Bedeutung, wo KI als Bestandteil medizinischer Assistenzsysteme bereits unverzichtbar geworden ist.
Robert Pfarrwaller, Vorsitzender der Geschäftsführung REXEL Austria
Warum werden Unternehmen zunehmend in Energieeffizienz investieren? Was erwartet Rexel dazu?
Wir können die Klimaschutz- und CO2-Reduktionsziele nur erreichen, wenn die Energieeffizienz weiter erhöht wird. Der Klimawandel und die Notwendigkeit des raschen Handelns werden uns auch 2020 weiterhin beschäftigen. Strom als Energieträger wird in unserer digitalen Welt immer wichtiger und smartes Energiemanagement gewinnt damit sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen zunehmend an Bedeutung.
Durch den Einsatz neuer Technologien können intelligente Gebäuderenovierungen einen wesentlichen Beitrag zur Strom- und CO2-Einsparung leisten. Dazu zählen neben der Stromproduktion zum Beispiel durch Photovoltaikanlagen auch intelligente Stromsteuerungs- und Speichersysteme, die die Verwendung des selbst produzierten, dekarbonisierten Stroms erhöhen. Apps wie unsere REXEL Power App messen Energieströme in Gebäuden und identifizieren Energiesparpotenziale. Als führendes Unternehmen im Elektrogroßhandel werden wir auch 2020 Initiativen in diesem Bereich setzen und Entwicklungen vorantreiben.
Hemma Bieser, Geschäftsführerin avantsmart
Wie wird der Weg zu Neuerungen und Innovation gelingen?
Ganze Branchen sind im Umbruch und die etablierten Energie- und Industrieunternehmen fragen sich, wie schauen meine zukünftigen Geschäftsmodelle aus? Neben den Vorgaben zur Erreichung der Klima- und Energieziele ist es vor allem die Digitalisierung, die einerseits Chancen eröffnet, aber gleichzeitig für große Verunsicherung sorgt. Die neuen Mitbewerber kommen oft aus der Startup-Szene oder der IT-Branche. So wie Spotify eine disruptive Innovation für die Musikindustrie war, so haben digitale Energiehandelsplattformen das Potenzial, den traditionellen Energievertrieb abzulösen.
Das Konzept der Energy Communities geht noch einen Schritt weiter: es macht die StromkundInnen zu aktiven TeilnehmerInnen am Energiemarkt. Für die Incumbents gilt: »The only way not to be disrupted is to disrupt yourself«. Konkrete Herausforderung für 2020 sind, Innovation und Tagesgeschäft optimal zu kombinieren, sowie eine Innovationskultur im Unternehmen zu etablieren. Dafür braucht es neue Organisationsstrukturen, damit der Weg aus dem »Innovator's Dilemma« gelingt.
Wolfgang Haginger, Head of Sales Industrie Informatik
Welche Themen sehen Sie das nächste Jahr im Bereich »Manufacturing Execution Systems« prägen?
Die Trends für das Jahr 2020 sind definitiv keine neuen, jedoch werden sie vom Markt in einer bisher kaum dagewesenen Intensität gefordert: Individualisierung und Flexibilität. Das bedeutet für uns einerseits, dass wir mit unserer »Manufacturing Execution System (MES)«-Lösung Kunden noch stärker dabei unterstützen, ihre Time-to-Market zu verkürzen. Andererseits prägen wir auch den Begriff »Time2Solution«.
Das bedeutet, dass wir den Usern die Möglichkeit geben, Individualisierungen am MES schnell und einfach vorzunehmen und so den Wettbewerbsvorsprung schon in der Fertigung zu sichern. Die von vielen Seiten heraufbeschworene und angespannte Situation vor allem im Automotive-Umfeld wird sicherlich zur Investitionsbremse für das eine oder andere Unternehmen. Innovative Betriebe erkennen jedoch schon jetzt den Mehrwert einer digitalisierten und transparenten Fertigung und werden dementsprechend die Risiken in Chancen umwandeln.