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Zahlen für die "heiße Luft"

Eine CO2-Steuer muss nicht die Standortqualität gefährden. Eine CO2-Steuer muss nicht die Standortqualität gefährden. Foto: Thinkstock

Die Bepreisung von CO2-Emissionen (»Carbon Pricing«) steht klimapolitisch hoch im Kurs. An Modellen mangelt es nicht.

Etwa 40 Staaten und über 20 Gebietskörperschaften haben bisher Bepreisungssysteme für CO2-Emissionen eingeführt. Das zeigt der Weltbank-Bericht »State and Trends of Carbon Pricing«, der kürzlich in Washington erschien. Diesem zufolge werden mit diesen Systemen Emissionen im Ausmaß von etwa sieben Milliarden Tonnen gedeckt, was rund 13 % des globalen CO2-Ausstoßes entspricht. Laut Weltbank hat sich der Anteil der bepreisten Emissionen an den Gesamtemissionen damit binnen eines Jahrzehnts ungefähr verdreifacht. Insgesamt knapp unter 50 Milliarden US-Dollar machten die Kosten für die Deckung von CO2-Emissionen 2015 insgesamt aus.

Und im kommenden Jahr könnte ein weiterer Sprung nach vorn erfolgen: China, der größte CO2-Emittent der Welt, hat für 2017 die Einführung eines Emissionshandelssystems angekündigt, das sich nicht zuletzt am Vorbild des ETS der Europäischen Union orientiert. »Damit könnte der Anteil der Emissionen, die durch ein CO2-Preis-System abdeckt sind, auf etwa 20 bis 25 % ansteigen«, verlautet die Weltbank in ihrem Bericht. Ihr zufolge wäre das chinesische System das weitaus größte der Welt. Außerdem gebe es noch mehrere andere Initiativen, die ebenfalls 2017 starten sollen: So kündigte der kanadische Bundesstaat Ontario an, ein Emissionshandelssystem einzuführen. Der Bundesstaat Alberta wiederum möchte zusätzlich zum bestehenden Emissionshandel eine CO2-Steuer implementieren. Auch Chile und die Republik Südafrika haben vor, in diese Richtung zu gehen. In Frankreich ist vorgesehen, 2017 einen Mindestpreis für CO2 festzulegen.

Wie die Weltbank hinzufügt, planen respektive überlegen insgesamt etwa 100 der Unterzeichnerstaaten des Klimaabkommens von Paris (Paris Agreement) die Einführung irgendeiner Form von Carbon Pricing. Würden diese Ideen realisiert, bekämen etwa 58 % der weltweiten CO2-Emissionen ein »Preisschild«.

Indessen ist es nicht nur die öffentliche Hand, die – aus unterschiedlichen Motiven – einschlägige Pläne wälzt und Konzepte umsetzt. So hat sich die Zahl der Unternehmen, die interne CO2-Preise eingeführt haben, von 2014 auf 2016 laut Weltbank mehr als verdreifacht. Die Höhe der Kosten bewegt sich in rund 80 % der bekannten Fälle zwischen fünf und 50 Dollar pro Tonne CO2. Extremwerte liegen im Bereich von 30 US-Cent auf der einen und fast 900 Dollar auf der anderen Seite.

Klar ist laut Weltbank eines: CO2-Preise welcher Art auch immer werden in den kommenden Jahrzehnten eine zunehmende Rolle in der internationalen Klimapolitik spielen. Und davon könnten nicht zuletzt die Entwicklungsländer profitieren. Durch den Verkauf von Emissionsrechten, wie er auch im Paris Agreement vorgesehen ist, haben sie laut Weltbank die Möglichkeit, bis zur Jahrhundertmitte ihr Bruttoinlandsprodukt um etwa zwei bis fünf Prozent zu steigern.

Zu niedrig bepreist?
Ähnlich argumentiert die OECD, die in einem aktuellen Bericht die Bepreisung von CO2-Emissionen als »wirksame und kostengünstige Methode« bezeichnet, um eine Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen herbeizuführen. Ihr zufolge müsste der Preis pro Tonne CO2 zu diesem Zweck allerdings bei mindestens 30 Euro liegen. Mit solchen Kosten belas­tet werden laut OECD derzeit aber nicht mehr als zehn Prozent Emissionen, die sie in ihrem Bericht erfasste: »Mit anderen Worten wird die Bepreisung von 90 % der Emissionen nicht einmal der Mindestanforderung gerecht, den niedrigsten Schätzungen des durch sie verursachten Klimaschadens zu entsprechen.« Vergleichsweise hoch sind laut OECD übrigens die CO2-Kosten für den Straßenverkehr. In etwa 46 % der untersuchten Fälle liegen sie über 30 Euro pro Tonne. Wie die OECD ausdrücklich festhält, hat das allerdings kaum mit Klimapolitik zu tun. Vielmehr gehen die Preise »fast vollständig auf spezifische Kraftstoffsteuern für den Straßenverkehr zurück, bei denen das Hauptmotiv für die Einführung im Allgemeinen ein anderes als der Klimaschutz ist«. Für grundsätzlich sinnvoll hält die OECD Emissionshandelssysteme. Gegenüber CO2-Steuern können diese »den Vorteil haben, politisch leichter durchsetzbar zu sein, vor allem wenn sie mit einer kostenlosen Zuteilung von Emissionsrechten kombiniert werden. Voraussetzung für nachhaltige Fortschritte im Hinblick auf eine wirksame CO2-Bepreisung sind jedoch höhere und stabilere Preise, als sie derzeit in den Emissionshandelssystemen zu beobachten sind.«

Unterstützung von Schelling
Gegenüber dem Emissionshandel zu bevorzugen ist eine CO2-Besteuerung laut Erwin Mayer, dem stellvertretenden Geschäftsführer des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich. Seine Argumentation: In den EU-internen Handel seien klimapolitisch wichtige Sektoren ohne sachliche Rechtfertigung nicht einbezogen. Und außerhalb des Handels bestehe eine Unzahl von Förderungen, die niemand mehr so recht überblicke. Durch eine CO2-Steuer ließe sich seiner Ansicht nach daher viel Bürokratie vermeiden, sowohl aufseiten der Förderstellen als auch aufseiten der Fördernehmer. Freilich müsse eine solche Steuer »sektorneutral« gestaltet werden, betont Mayer: »Wer mehr CO2-Steuer bezahlt, wird im Gegenzug durch geeignete Rückführungsmechanismen wieder entlastet. Er zahlt und bekommt nicht mehr als vor Einführung der Steuer. Aber was er zahlt und bekommt, ändert sich massiv.« Auf diese Weise lasse sich eine übermäßige Belastung der energie- und damit kohlenstoffintensiven Industrie vermeiden. Den Einwand, eine CO2-Steuer sei kein »marktwirtschaftliches« Instrument, teilt Mayer nicht: »Ob man die Menge vorgibt und der Preis bildet sich, oder ob man den Preis vorgibt, und die Menge bildet sich, ist einerlei.« Auch könne eine CO2-Steuer keineswegs nur im europäischen Gleichklang eingeführt werden. Schweden beispielsweise habe eine solche implementiert, ohne an Standortqualität zu verlieren. Und Finanzminister Hans Jörg Schelling habe im Rahmen seiner Veranstaltungsreihe »Finanz im Dialog« bekundet, sich zumindest grundsätzlich mit einer »aufkommensneutralen« CO2-Besteuerung anfreunden zu können.

Schwerlich aufkommensneutral
Für schwerlich sinnvoll hält eine CO2-Steuer demgegenüber der Elektrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie. Eine solche Steuer lasse sich allein von ihrer Logik her kaum als aufkommensneutrale Lenkungsabgabe gestalten. Denn jeder Erfolg der CO2-Steuer führe zu einer Verminderung der Emissionen und folglich zu einem Einnahmenausfall für den Finanzminister. Eine effiziente und glaubwürdige ökologische Steuerreform müsse sich am Verursacherprinzip orientieren und alle Sektoren in Relation zu ihrer tatsächlichen Emissionsintensität mit einbeziehen. Aus diesem Grund spricht sich Oesterreichs Energie dafür aus, das »Carbon Pricing« auch weiterhin im Wesentlichen mittels des europäischen Emissionshandelssystems ETS darzustellen. Die E-Wirtschaft ersteigert schon seit 2013 im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems (ETS) die Zertifikate für die Emissionen aus der thermischen Stromerzeugung zur Gänze.

Dem Emissionshandel kann im Übrigen auch die Weltbank einiges abgewinnen. Die besten Ergebnisse liefert Carbon Pricing ihr zufolge, wenn entsprechende Systeme mit funktionierenden Energiemärkten kombiniert werden. So würden Erzeuger und Verbraucher angeregt, in möglichst effizienter Weise auf die Preissignale zu reagieren.

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