Plädoyer für die South Stream
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Die geplante Pipeline von den westsibirischen Gasfeldern zum Gashub Baumgarten würde die Versorgungssicherheit der EU verbessern und die wirtschaftliche Entwicklung des Balkans unterstützen, hieß es bei einer Konferenz über die Gasversorgung Zentral- und Südeuropas in Wien.
Von Klaus Fischer
Für den raschen Bau der Gaspipeline South Stream plädierten die meisten Referenten bei der Konferenz »Natural Gas: The Perspectives for Central and South Europe«, die im Juli auf Einladung der Initiative für Mitteleuropa in Wien stattfand. Der stellvertretende ungarische Handelsminister Peter Szijjártó betonte, vier Gründe sprächen für die South Stream: Erstens habe die EU »leider keine gemeinsame Energie-Außenpolitik. Hätten wir sie, wäre das Pipelineprojekt Nabucco nicht gescheitert.« Umso entschlossener müsse nun die Realisierung der South Stream vorangetrieben werden. Zweitens zeichneten sich keine zusätzlichen Quellen für die Gasversorgung Europas ab. Die Realisierung des LNG-Terminals auf der Adriainsel Krk verzögere sich. Die Möglichkeit, Gas gegen die übliche Fließrichtung zu liefern (»reverse-flow«) , bestehe noch längst nicht auf allen wichtigen Transitpipelines. Drittens gelte es, das Transitrisiko zu senken. Und gerade jene Länder, die sich nun gegen die South Stream aussprächen, hätten vor einigen Jahren massiv für die mittlerweile fertiggestellte Pipeline Nord Stream durch die Ostsee lobbyiert. Viertens schließlich dürfe die Sicherheit der Gasversorgung Europas »nicht von politischen und finanziellen Streitigkeiten zwischen Lieferanten und Transitländern abhängen«. Natürlich gebe es Dispute über die Frage, ob die South Stream mit dem EU-Energierecht vereinbar sei: »Es gibt aber auch die Rechtsmeinung, das Projekt ist rechtskonform. Außerdem bestätigt eine ganze Reihe von Studien, wie wichtig es für die Versorgungssicherheit ist.« Laut Szijjártó sollten daher die Gespräche zwischen der EU-Kommission und Russland South Stream EU-rechtskonform zu gestalten, »dringend beschleunigt werden«. Ähnlich argumentierte Andras Deak vom Ungarischen Institut für Internationale Beziehungen. Ihm zufolge hat Europa hinsichtlich seiner Gasversorgung den »großen Vorteil der Nähe zu Russland. Niemand sonst kann so viel Gas liefern, weder Norwegen noch Algerien, von den USA ganz zu schweigen.« LNG-Importe seien zwar eine »nette Option«. Allerdings stehe Europa diesbezüglich in Konkurrenz mit Japan, wo die Gaspreise etwa doppelt so hoch seien wie in der EU. Im Verhältnis zu Russland gehe es darum, pragmatisch zu sein: »Wir müssen Russland klar sagen: Natürlich sind die Vorgänge in der Ukraine bedauerlich, und es ist nötig, diesbezüglich zu einer Lösung zu kommen. Aber wir als EU sind entschlossen, ungeachtet dessen mit Russland zusammenzuarbeiten. « Die Ukraine sei kein zuverlässiges Transitland. Folglich müsse sie umgangen werden, was South Stream ermögliche. Eine Lösung sollte im Einvernehmen mit Russland ausgehandelt werden.
Initiative der Balkanstaaten
Zeljko Sertic, der Präsident der serbischen Handelskammer, Imre Toth, der Ehrenpräsident der ungarischen Handelskammer, und Vasil Todorov, der Generalsekretär der bulgarischen Handelskammer, bekannten sich ebenfalls zur Realisierung der South Stream. Die drei Spitzenfunktionäre kündigten an, eine energiepolitische Initiative der Balkanstaaten ins Leben zu rufen, die nicht zuletzt der Unterstützung der Pipeline dienen werde. »Weil alle betroffenen Länder an der Donau liegen, haben wir uns dafür entschieden, die Initiative als Danube Energy Initiative zu bezeichnen«, betonte Sertic. Marc Hall, der Obmann des Fachverbandes Gas-Wärme in der Wirtschaftskammer, betonte, Europa benötige eine sichere, saubere und leistbare Energieversorgung. Erdgas stelle den Schlüssel für das Gelingen der allgemein gewünschten Energiewende dar. Es sei ein »verlässlicher Partner der erneuerbaren Energien und weist von allen fossilen Energieträgern die niedrigsten CO2-Emissionen auf«. Gerade auch für die Länder in Zentral- sowie Südeuropa könne Erdgas eine wichtige Rolle spielen. Nach Ansicht der Wirtschaftskammer würde South Stream die Versorgungssicherheit in der Region verbessern. Die Übereinstimmung des Projekts mit dem EU-Energierecht seit wichtig. Diese müsse jedoch in Zusammenarbeit mit Russland hergestellt werden.
Nicht ohne Russland
Ulrich Streibl, Senior Vice President Corporate Strategy der OMV, sagte, die Energiewende sei unumkehrbar. Niemand wisse indessen, wie lange der Umstieg auf eine weitgehend auf erneuerbaren Energien basierende Versorgung dauern werde. Erdgas werde aber jedenfalls noch jahrzehntelang eine wichtige Rolle spielen und nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur in Europa im Jahr 2035 rund 30 % des Primärenergiebedarfs decken. Wichtig sei, die Eigenproduktion der EU zu erhöhen und die Versorgungsrouten zu diversifizieren. Russland werde aber weiterhin das Rückgrat der Gasversorgung der EU bleiben. Streibl betonte: »Seit 1968 importiert die OMV Erdgas aus Russland. In der gesamten Zeit wurde jeder einzelne Kubikmeter, dessen Lieferung Russland zusagte, geliefert.« An der Zuverlässigkeit Russlands als Gasversorger bestehe daher nicht der geringste Zweifel. Dem stimmte auch Csaba Attila Kiss vom ungarischen Energiekonzern MVM zu, der wie die OMV an South Stream beteiligt ist. Um ihre Bezugsquellen und -routen für Erdgas zu diversifizieren, müsse die EU eine entsprechende Infrastruktur aufbauen. Und was die Quellen betrifft, ist die Auswahl laut Kiss begrenzt: »Man kann über Kurdistan und andere Länder des Mittleren Ostens sprechen, man kann über Aserbaidschan sprechen, man kann über Projekte wie den LNG-Terminal auf Krk sprechen.« Doch ohne Gas aus Russland werde die Versorgung Europas nicht möglich sein. Für die Balkanstaaten bringe der Bau der South Stream erhebliche Vorteile: »Sie werden zuverlässig mit Erdgas versorgt und verdienen an den Transitgebühren.«
Offene Fragen
Für grundsätzlich sinnvoll hält die SouthStream auch Otto Musilek, der Erdgasunternehmen als Berater in strategischen Fragen unterstützt: »Bei diesem Projekt gibt es mit Gazprom einen Produzenten, es gibt einen Markt, den der Produzent auch kennt.« Freilich sei es notwendig, gegenüber Russland klarzustellen, »dass das EU-Recht einzuhalten und der Leitungszugang für Dritte zu gewährleisten ist«. Praktisch gesehen frage sich freilich, wer außer Gazprom sowie künftig eventuell andere russische Energiekonzerne wie Rosneft und Novatek denn Gas auf der South Stream oder anderen Exportleitungen transportieren solle. Ungeachtet dessen habe die Gazprom bei anderen Leitungsprojekten wie Nord Stream und der OPAL bewiesen, dass sie bereit sei, EU-Recht zu übernehmen und einzuhalten. Daher sei auch hinsichtlich der South Stream von diesbezüglicher Bereitschaft auszugehen. Musilek warnt jedoch: Bis dato hätten sich die zuständigen Politiker auf EU-Ebene nicht zur South Stream bekannt – aus welchen Gründen auch immer. Ebenso wenig zeichne sich eine klare Strategie hinsichtlich der Energiepolitik der EU ab. Und leider habe bei der Konferenz in Wien auch niemand seine diesbezüglichen Vorstellungen bzw. Forderungen formuliert. Gerade für den Ausbau der Infrastruktur sei das fatal. Nicht wenige Unternehmen seien grundsätzlich bereit, in entsprechende Vorhaben zu investieren. Doch die fehlende Klarheit bei der langfristigen energiepolitischen Orientierung sowie bei den rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen schreckten etliche potenzielle Investoren ab. »Die Frage ist ja: Wo geht es hin mit der Sicherheit der Energieversorgung? Langsam mache ich mir diesbezüglich wirklich Sorgen«, betont Musilek.